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ADB:Aertsen

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Artikel „Aertsen“ von Wilhelm Schmidt (Kunsthistoriker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 132–133, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Aertsen&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 08:15 Uhr UTC)
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Aertsen: Malerfamilie. Pieter A. (Aerts, Arijaensz), wegen seiner Größe „de lange Pier“ genannt, geb. zu Amsterdam, † 1573. Wenn die silberne Denkmünze der Bibliothek von Brüssel, welche einen Profilkopf zeigt mit der Umschrift: PETRVS. AERTS. AET. LV und dem Datum 1560 wirklich ihn vorstellt, dann wäre also seine Geburt um 1505 zu setzen. Er war der Sohn eines gleichnamigen Strumpfwirkers, zeigte früh Neigung zur Kunst und lernte in der Werkstätte des Amsterdamer Malers Alaert Claeszen, der seiner Zeit Ruf genoß. Dann aber begab er sich nach Antwerpen, wo er 1535 in die St. Lucasgilde als freier Meister aufgenommen wurde und 1546 einen Schüler, Fernande van Balen, empfing. 1552 erwarb er sich auch das Bürgerrecht. Später kam er wieder in seine Vaterstadt zurück, wo er 21. September 1573 in der alten Kirche begraben wurde.

Pieter A. gehört zu den ausgeprägtesten Meistern der niederländischen Schule, durchaus Realist und als solcher bestrebt, die gewöhnlichen Formen, so wie er sie sah, wiederzugeben, ohne Rücksicht auf den jedesmaligen Vorwurf. Er malte Genrescenen und Stillleben, insbesondere besaß er in Küchenstücken eine große Geschicklichkeit. Seine kräftige Farbe und seine genaue Beobachtung der Natur machten ihn dafür geeignet, doch ist eine gewisse Schwere der Behandlung nicht zu verkennen. Daneben malte er aber auch viele Altarbilder, in denen freilich eine genreartige und etwas niedrige Auffassung zu Tage tritt. Auch darin ist er ein treuer Anhänger der ächt niederländischen Schule, die sich von den Italienern nicht ins Schlepptau nehmen ließ. Leider sind nach der Angabe Karl van Mander’s seine Altarbilder, die er für die alte und neue Kirche von Amsterdam, für Delft, Löwen, Diest u. a. O. ausführte, durch den Bildersturm vom J. 1566 vernichtet worden. In Antwerpen, in der Kapelle des von J. van der Biest [133] gestifteten Hospitals befindet sich ein Christus am Kreuz in Form eines Triptychons, der bei ihm am 12. Oct. 1546 bestellt worden war; ein anderer Christus am Kreuz in reicher Composition befindet sich im Museum daselbst. Sehr charakteristisch für seine Neigung zum Genrehaften, überhaupt für den Uebergang der historischen in die Genremalerei ist die Kreuztragung im Berliner Museum, bezeichnet mit 1552 December 22 p. a. Der heilige Vorgang selbst ist nur nebenbei im Mittelgrunde behandelt, die Hauptsache aber ist die ausführliche Schilderung einer Hinrichtung aus des Malers Zeit, mit allen Scenen, wie sie damals vorkommen mochten. Auch ein Franciscaner und ein Dominicaner als Begleiter der beiden Schächer fehlen nicht. Ein vortreffliches Bild im Belvedere zu Wien stellt Bauern dar, die zu Markte ziehen; nicht minder vorzüglich ist der Eiertanz (vom J. 1557) im Museum zu Amsterdam. In Pommersfelden befindet sich eine Fischhändlerin vom J. 1568, im Kopenhagener Museum ein Küchenstück vom J. 1572. Berlin besitzt noch eine Frau, die einen Knaben trägt, anscheinend das Fragment eines größern Bildes, und Kassel ein Küchenstück. In der alten Kirche zu Amsterdam sind noch verschiedene Glasgemälde nach seinen Zeichnungen vorhanden.

Joachim Bueckelaer, sein Schüler und Neffe seiner Gattin, bemühte sich aufs treueste in seine Fußstapfen zu treten. Von Aertsen’s drei Söhnen erlangte besonders Pieter Ruf, der 1603 zu Amsterdam 62 Jahr alt starb; van Mander schildert ihn zugleich als einen scharfsinnigen und gelehrten Mann. Er hinterließ einen Sohn, der anfänglich in der Weise seines Vaters malte, dann aber, weil zu jener Zeit wenig große Werke bestellt wurden, sich dem Porträtiren zuwandte, das übrigens auch der Vater ausübte. Auch Aert, der zweite Sohn des alten Pieter, der 1604 im Alter von etwa 54 Jahren noch lebte, wandte sich dem Bildnißmalen zu. Dirk, der dritte, 8 Jahre jünger als Aert, ebenfalls Maler und Schüler des Vaters, begab sich nach Fontainebleau, wo er, wie es scheint, ermordet wurde. Auf dem gemeinschaftlichen Grabstein des Vaters und der beiden Söhne in der alten Kirche zu Amsterdam lautete die alte, 1675 erneute Inschrift:

Den konstigen schilder Lange Pier
Met bey zyn zoonen leggen hier.

K. van Mander, Het Leven der Schilders. 1604.