Zum Inhalt springen

ADB:Arkel

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Arkel“ von Franz von Löher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 529–530, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Arkel&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 10:43 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Ariovist
Band 1 (1875), S. 529–530 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Van Arkel in der Wikipedia
Van Arkel in Wikidata
GND-Nummer 138541213
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|1|529|530|Arkel|Franz von Löher|ADB:Arkel}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=138541213}}    

Arkel. Unter den Häusern von fürstlichem Ansehen in Holland, welche nur durch ein leichtes Lehnsband dem Landesherrn verpflichtet waren, nannte man die Brederode’s die Edelsten, die Wassenaar’s die Aeltesten, die Egmond’s die Reichsten, und die Arkel’s die Stolzesten. Seinen Hauptsitz hatte dieses Geschlecht auf einer uralten und überaus herrlichen Burg bei Gorkum, und in all den Niederlanden reiche Güter und Erblande. Die drei letzten Arkel wurden die berühmtesten, als Häupter in den fürchterlichen Parteikämpfen, welche Holland in der zweiten Hälfte des Mittelalters verheerten. Die Partei der Arkel’s und Egmond’s war die der Großstädte und Liberalgesinnten: diese nannte die feudale Partei Kabeljaus, sich selbst aber die Hoeks oder Angelhaken, welche die fetten Fische fangen wollten. Als Herzog Albrecht von Baiern-Straubing, der von 1358 bis 1404 Holland, Seeland und Hennegau regierte, Otto von Arkel, zum Gericht vorforderte, kam dieser ihm mit rasselndem Gefolge gerade auf die Burg geritten. Allein der kluge Herzog wußte ihn so zu fassen und zu brauchen, daß er die Parteien versöhnte. Oefter kam der Fürst nach der Arkelburg, dann turnierten dort auf prachtvollen Festen Hoeks und Kabeljaus mit einander. Allein so groß Macht und Ansehen Ottos gestiegen war, seinen eisenköpfigen Sohn Johann, den Dreizehnten dieses Namens in der Arkel’schen Stammreihe, wußte er nicht zu bändigen. Von früh auf stand er in Feindschaft zu des Herzogs Erbprinzen Wilhelm, dem ritterlichen Haupte der Hoeks und Verächter aller Kabeljaus. Johann hatte das wilde, rasche Blut seiner Mutter. Er wollte ihr Schloß Pirlepont haben, vertrieb sie, und besetzte es mit seinen Mannen. Da suchte sie in der Kleidung einer Aussätzigen Einlaß in die Burg, und als sie drin war, paßte sie den günstigen Augenblick ab und ließ die Zugbrücke nieder. Auf ihr Zeichen rannte ihr Kriegsvolk, das sie nahebei versteckt hatte, herzu und überwältigte die Besatzung. Die Arkel’s waren es gewohnt, am Hofe des Landesherrn zu herrschen oder ihn zu befehden. Johann von A. verbündete sich mit der Geliebten des alternden Herzogs, der schönen Adelheid von Poelgeest, und wurde 1389 Statthalter und oberster Kanzler. Jetzt blühete der Weizen der Kabeljaus, alle Aemter wurden aus ihrer Mitte besetzt. Der Erbprinz Wilhelm verschwor sich mit 54 hoekischen Rittern, A. errichtete einen Gegenbund von 38 Kabeljaus, welchem auch der Herzog beitrat. Da brachen eines Abends, als Adelheid im Schloßhof im Haag spazieren ging, hoekische Männer herein und erschlugen sie mit ihrem Hofmarschall. Schrecklich war die Rache. Während A. mit einem Gewaltshaufen im Lande umherzog und die hoekischen Schlösser stürmte und einäscherte, berannte der ergrimmte Herzog zu Altona die Ritter seines Sohnes. Nur mit Mühe wurde ihnen das Leben gerettet: sie mußten, der Erbprinz an der Spitze, ins Elend wandern und irrten lange Jahre landflüchtig [530] umher. Johann von A. war jetzt auf der Höhe seines Glücks, Herzog Wilhelm aber hatte geschworen: „Kein Ritter wolle er mehr heißen, wenn er jemals mit ihm Friede mache“. Als er zur Macht gelangte, sollte A. sich wegen seiner Verwaltung rechtfertigen: er antwortete mit Absagebriefen. Nun zündeten sich die Beiden zwei Jahre lang eine helle Glut an, in welcher die Dörfer aufprasselten, als wären sie Strohhaufen im Felde. Zuletzt wurde A. in seiner Burg zu Gorkum belagert, ein Vierteljahr lang maßen sich vor ihren Wällen Hoeks und Kabeljaus: endlich mußte A. auf den Knien um Verzeihung flehen und es dulden, daß einen ganzen Tag des Herzogs Fahne von seinen Burgthürmen wehte. Wenn nun A. zu Hofe zog, so schickte er zuvor ein Schiff, befrachtet mit kostbaren Rüstungen und Gold- und Silbergeschirr, ihm dort zu dienen. Immer aufs neue entbrannte der Kampf. Die Gorkumer selbst empörten sich gegen den Wilden, und sein eigener Sohn Wilhelm ließ die Zugbrücken vor ihm aufziehen. Doch das Verhängniß ließ sich nicht mehr abwehren, A. verlor Land und Leute, und seine „kaiserliche“ Burg wurde 1412 niedergerissen. Aber immer neue Feinde erweckte der alte Ränkeschmied dem Herzog, und bedrohete heimlich sein Leben, bis hoekische Ritter ihm bei Brüssel auflauerten, ihn niederwarfen, in das wallende Gewand eines Deutschordensritters steckten, und gefesselt in den Haag brachten, wo das tiefste Verließ ihn aufnahm. Sein Sohn Wilhelm aber hatte noch Schlösser und Herrschaften wie ein Fürst und war der erklärte Erbe seines kinderlosen Oheims, des Herzogs von Geldern und Jülich. Er war ein ritterlicher Herr, den alle Welt hochachtete seines ehrenhaften und milden Wesens willen. Als bei Herzog Wilhelms Tode die Kabeljaus überall das Haupt erhoben, fiel auch die Stadt Gorkum wieder in ihre Gewalt. Eilig zog der junge A. herbei im großen Geleite deutscher Ritter und kabeljauischer Verbannten. Aus den reichen Schätzen seines Hauses hatte er ein Heer gestellt von viertausend Eisenhauben. An der Spitze aller Mannschaft, welche die Hoeks zusammenraffen konnten, trat ihm – es war im November 1417 – Herzog Wilhelms Erbin, die berühmte Jakobäa von Baiern, entgegen. Es war ihre erste Schlacht, sie selbst damals sechzehnjährig und unvermählt. Sie soll ihm heimlich ihre Hand angeboten, er aber geantwortet haben: lieber wolle er sterben, als seine Partei verrathen. Wohl aber beobachtete er ihr gegenüber die feinste Rittersitte. Siebenmal griffen ihre Haufen an, siebenmal wurden sie zurückgeworfen, bis Verrath in den hintersten Reihen das ganze Heer Arkel’s ins Verderben riß. Neben seinen Freunden lag er auf der Wahlstatt. Jakobäa vergoß bittere Thränen, vergebens hatte sie ihrem Feldherrn Brederode so oft gesagt: „Wenn es zum Kampfe komme, solle man doch Acht haben, den jungen Arkel nicht zu erschlagen, sondern wie man ihn gefangen nehme“. Unter tiefer Trauer und Theilnahme bestatteten den letzten A. seine Feinde in der Gruft seiner Väter in der Gorkumer Liebfrauenkirche. Sein Vater lag noch zehn Jahre in den Gefängnissen der Hoeks. Wollten sie ihre rechte Freude haben, so ließen sie ihn aus den Eisen herausholen und ihren Gelagen zusehen. Herzog Philipp von Burgund, der Rächer der Hoeks, befreiete ihn, doch schon das Jahr darauf starb er zu Leerdam, seinem letzten Schlosse. –

De vita et rebus gest. dom. de Arkel in Mathaeus’ Annal. VIII. Abrah Kemp, Leven der Heeren van Arkel, Gorinchem 1656. (Fr. Löher, Jakobäa von Bayern, Nördlingen 1862, I.)