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ADB:Böhm, Josef

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Artikel „Böhm, Joseph“ von Eusebius Mandyczewski in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 74–75, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:B%C3%B6hm,_Josef&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 13:32 Uhr UTC)
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Böhm, Joseph
Band 47 (1903), S. 74–75 (Quelle).
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Böhm: Joseph B., ausgezeichneter Violinspieler und Lehrer, geboren in Budapest am 4. März 1795, † in Wien am 28. März 1876, erlernte die Anfangsgründe seiner Kunst von seinem Vater, einem unbedeutenden Musiker. B. machte aber schon in seinen Knabenjahren so außerordentliche Fortschritte, daß er die innigste Theilnahme des berühmten Violinvirtuosen P. Rode gewann, als dieser eins seiner schwierigsten Violinconcerte von ihm spielen hörte. Soweit es Rode’s Reisen gestatteten war B. eine Zeit lang sein Schüler, und die gesunde, vortreffliche Saat trug bald herrliche Früchte. B. kam im J. 1816 nach Wien und trat hier im Zwischenact einer Burgtheatervorstellung zum ersten Mal öffentlich auf. Er spielte ein Concert von Kreutzer und begründete durch seine tadellose Fertigkeit, den großen, schönen Ton und einen schlichten, doch ungemein [75] seelenvollen Vortrag gleich mit einem Male seinen ausgezeichneten Ruf. Auch dadurch, daß er auswendig spielte, gewann er die gespannteste Aufmerksamkeit seiner Zuhörer; denn er war in Wien einer der Ersten, die solches gewagt haben. Neben der meisterhaften Beherrschung seines Instruments zeigte er sich als einen Künstler von tiefem Verständniß des geistigen Gehalts seiner Kunst in einer Reihe öffentlicher Streichquartettaufführungen, die er bald nach seinem ersten Auftreten begann. Im J. 1818 machte er mit dem berühmten Claviervirtuosen Pixis eine Kunstreise durch Italien; sonst verbrachte er sein ganzes Leben in Wien, wo er zeitlebens als einer der ausgezeichnetsten Männer seiner Kunst werth gehalten und hochgeschätzt wurde. In den Jahren 1819 bis 1848 war er Professor des Violinspiels am Wiener Conservatorium. Hier entfaltete sich eine neue Seite seiner Begabung. So bedeutend er als Violinspieler, so beliebt er als Führer seines Streichquartetts war, worin ihn die Musiker Holz, Weiß und Linke unterstützten, das hervorragendste hat er als Lehrer geleistet. Eine lange Reihe der ausgezeichnetsten und berühmtesten deutschen Violinspieler, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die musikalische Welt mit ihrem Ruf erfüllt haben, ist aus seiner Schule hervorgegangen: Joachim, die beiden älteren Hellmesberger, Ludwig Strauß, Miska Hauser (der in allen Welttheilen seine Kunst zu Markte trug), H. W. Ernst, J. M. Grün, J. Dont, A. Thalmann u. A. m. Mehrere darunter haben die Lehrfähigkeit ihres Meisters gleichsam geerbt, und gleich ihm in stiller Schulthätigkeit der Kunst die besten, förderlichsten Dienste geleistet. Die ausgedehnte und segensreiche Lehrthätigkeit Böhm’s veranlaßte ihn schon im J. 1827 als Virtuose von der Oeffentlichkeit zu scheiden. Seine Compositionen, schon an Zahl gering, erheben sich nicht über das Mittelmaaß seiner Zeit. Aber mit seinem Namen ist auch das Andenken an einen der wohlwollendsten, bescheidensten und hülfreichsten Menschen verbunden.