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ADB:Bartisch, Georg

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Artikel „Bartisch, Georg“ von August von Rothmund in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 110–111, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bartisch,_Georg&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 02:51 Uhr UTC)
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Bartisch: Georg B., geb. zu Osnabrück[1] 1535, aus der Baderstube hervorgegangen, wusste zu einer Zeit, wo die Chirurgie so tief gesunken war, sich selbst eine Augenheilkunde zu schaffen, die noch jetzt der Aufmerksamkeit werth ist. Als kursächsischer Hof-Oculist zu Dresden gab er 1583 ein umfassendes Werk unter dem Titel: „Ophthalmologeia, d. i. Augendienst[WS 1]. Neuer und wohlbegründter Bericht von Ursachen und Erkenntnis aller Gebrechen, Schäden und Mängel der Augen und des Gesichtes, wie man solchen anfenglich mit gebührlichen Mitteln begegnen, vorkommen und wahren. Auch wie man solche Gebresten künstlich durch Artznei und Handgrieffe curiren, wirken und vertreiben [111] soll“ heraus. Dieses Buch, welches sich noch jetzt viel gelesen und citirt findet, kann als erste deutsche Augenheilkunde bezeichnet werden. Es enthält dasselbe die Anatomie des Auges, eine ausführliche Diätetik und Arzneimittellehre, Vorschriften für Ausbildung der Augenärzte und eine vollständige Abhandlung der Augenkrankheiten, soweit sie in dieser Zeit geliefert werden konnte. Wen sich auch B. im operativen Theil dieses Buches als wohlerfahrener, einsichtsvoller, frommer und gewissenhafter Wundarzt zeigt, so ist er doch im therapeutischen Theil noch immer von Vorurtheilen und Aberglauben seines Zeitalters beherrscht. Interessant, besonders für den Historiker, sind die zahlreichen Bemerkungen über das damalige Treiben der Aerzte, welche, wie es auch B. that, im Lande herumzogen, und wie es scheint, namentlich die Jahrmärkte besuchten, wo sie operirten.

Er sagt: „Und solcher Leute findet man jetzt sehr viel, die sich der Augen und des Gesichtes curation unterstehen und fürnemen, so zum teil hohes, zum teil niedrigs Standes, Geistliche und Weltliche Personen sind, und zuvoraus die sich Erbare und Wirdige nennen lassen, welche zwar billich es anderen wehren und verbieten, ja sie darumb straffen und darvon abhalten sollten, aber doch selbst gemeiniglich am ehesten und meisten thun und treiben. Darzu sind auch geringere Leute zu finden, welche mit solchen Sachen wollen umbgehen, als Handwerksmenner, Bürger und Bawer, die es hinterm Ofen, oder bei einem Schuster, Schneider, Kürschner, Bäcker, Schneider oder dergleichen Handwerken auf der Werkstedt, oder in der Scheune, hinterm Pfluge und Mistwagen gelernt und erfaren haben. Es mangelt auch nicht an alten Weibern, losen Vetteln, Theriaksleuten, Zahnbrechern, vertorbenen Krämern, Ratten und Mäusemennern, Spitzbuben, Kesselflickern, Säwschneidern, Schirganten und Bütteln, und anderm leichtfertigem, verwegenen, unnützen Gesindlin, das sich alles dieser edlen cur aus großer vermessenheit und Frevel vorsätziglich anmasset und unterstehet, Derer etliche, und doch nicht wenig, mit stedtlichen Kleidungen, köstlichem Golde und Silber, viel Knechten und Pferden, übermessigen Tracht und Pracht, großen geschrei und allfantzerei, hin und wider sich sehen und hören lassen, dardurch viel guter Leute, nicht allein schendlich und übel betrogen und herumbgerückt, sondern auch über die masse geschetzt und übersatzt, darzu endlich gar verterbet und gesterbet werden.“

Bei dem grauen Staare machte er meist die Nadeloperation (Depression); die Exstirpation des Augapfels verrichtete er mit einem gekrümmten zweischneidigen Messer; bei der Ptosis bediente er sich einer Schraubenklemme. Unter den Ursachen der Cataract führt er auch übermäßige Keuschheit auf. Viele Krankheiten entstehen nach ihm durch Zauberei, und er unterscheidet hier eine hitzige und kalte. Der schwächste Theil, schwächer als bei den Griechen und Römern, sind seine Behandlungen der Augenentzündungen. Die günstigen Himmelszeichen für Augenoperationen sind ihm Waage, Schütze und Wassermann; zur Noth kann auch im Zeichen der Jungfrau, des Scorpions und der Fische operirt werden; niemals bei den Mondwechseln; – um sich vor Brillen zu bewahren, räth er unter andern, gepulverte Gemsenleber und gepulvertes Rebhühnerherz innerlich zu gebrauchen. Bei Augenflüssen wird ein junger Storch, der noch nie auf die Erde gekommen ist, in einem verschlossenen Topf zu Pulver gebrannt. Von den Freigeistern, welche den Teufel und böse Geister und ihre Einwirkung auf böse Menschen leugnen, sagt er, daß sie in den Tag hinein und in allerlei Sünden und Schanden leben, und „sich darinnen sülen wie die Säwe im Koth“.

B. ist wahrscheinlich gegen 1607 gestorben, wenigstens findet sich in dieser Zeit ein Gesuch seines Sohnes Thomas Bartisch vor um Ertheilung der Kundschaft.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 110. Z. 9 v. u.: Der Verfasser der ersten deutschen Augenheilkunde („… Augendienst“ 1583), Georg Bartisch („Burger, Oculist, Schnit- und Wundarzt in der Churfürstlichen Alten Stadt Dreßden“ – Dresden-Neustadt –), stammte nicht aus Osnabrück, sondern aus Königsbrück im Königreiche Sachsen. Sein gedachtes, für den Culturhistoriker noch wichtiges, dem Kurfürsten August zu Sachsen gewidmetes Werk besitzt die königl. öffentl. Bibliothek zu Dresden („Ophtalm. 3“) in dem prachtvoll gebundenen, mit Goldschnitt versehenen Dedicationsexemplar, in dem die Blätter 5–10 – leider! – fehlen. [Bd. 55, S. 888]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. korrekt ist: „Ophthalmoduleia, das ist Augendienst“