ADB:Becker, Christian Gottfried

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Artikel „Becker, Christian Gottfried“ von Karl Lamprecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 220–221, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Becker,_Christian_Gottfried&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 12:01 Uhr UTC)
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Becker: Christian Gottfried B., Fabrikherr, geb. 2. September 1772 zu Oberlichtenau in der Oberlausitz, wo sein Vater Pfarrer war und † 23. October 1820. Er wurde im väterlichen Hause gebildet, und zeigte schon als Knabe Scharfblick, große Wißbegierde und ein tiefsittliches Gefühl. Er erlernte in Dresden die Handlung und kam in den ersten neunziger Jahren nach Chemnitz, wo er sich 1795 selbständig machte und 1797 die Firma Becker und Schraps gründete, die bis 1872 bestanden hat. Er war ein echter Fabrikherr, und einer der ersten, welche den Grund legten, daß aus der kleinen Provinzialstadt mit 6000 Einwohnern sich eine bedeutende Fabrikstadt von (im Jahre 1873) 72000 Einwohnern entwickelt hat. B. gab zuerst der in Chemnitz schon früher einheimischen Kattunweberei einen bedeutenden Aufschwung, begründete im Jahre 1802 eine Kattundruckerei, die bis 1810 zu drei großen Druckgebäuden nebst Färberei, Trockenhaus etc. anwuchs. 1811 erbaute er eine vom Wasser getriebene Baumwollspinnerei mit sieben großen Sälen. Nunmehr beschäftigte er gegen 3000 Arbeiter und wurde so für Chemnitz der erste, der die Fabrikation in großem Maßstabe betrieb. Aber mehr noch als seine industrielle Bedeutung galt schon seinen Zeitgenossen seine Menschenfreundlichkeit. Er, selbst unverheirathet geblieben, war der Versorger der Wittwen und Waisen. Drei Waisen zog er in seiner Haus-, sechs in seiner Oekonomiewirthschaft auf und bereitete allen eine anständige Existenz. Für die in den Fabriken beschäftigten Kinder gründete er eigne Schulen, die er selbst oft inspicirte; den Lehrlingen ließ er Zeichen- und Musikunterricht ertheilen, allen bereitete er alljährlich eine feierliche und reiche Christbescheerung. Knaben, die sich in seinen Schulen auszeichneten, gewährte er die Mittel zu weiterer Ausbildung; reichlich unterstützte er arme Gymnasiasten, und fünf junge Leute ließ er auf seine Kosten studiren. Am großartigsten wirkte er im Theurungsjahre 1816–17. In rauher Jahreszeit reiste er selbst nach Polen, wo er große Getreidemassen ankaufte, die er in Chemnitz theils zu billigem Preise, theils ganz unentgeltlich den Armen abließ. 200 Arme erhielten ein halbes Jahr hindurch täglich ihr Brod von ihm, und 70 Kinder ließ er Mittags in der Fabrik beköstigen. In seinem ganzen Wesen war B. ein energischer Charakter, bisweilen, wenn Engherzigkeit und kleinliche Selbstsucht sich ihm entgegenstellten, nicht ohne Heftigkeit. Er war, einer rationellen Auffassung folgend, fromm und bei allen Unternehmungen voll des festesten Gottvertrauens. Er war ferner ein echt deutscher Patriot, wohnte als Mann von 45 Jahren dem Wartburgfeste bei und urtheilte, das unreife Streben der Jugend wohl erkennend, über den Kern des erwachten deutschen Volksbewußtseins und dessen einst zu erwartende Folgen mit sicherem, durch die spätere Zeit gerechtfertigtem Blicke. [221] B. starb infolge eines Herzfehlers. Das dankbare Chemnitz errichtete seinem edlen Bürger im Jahre 1870 eine Bildsäule von Erz, auf Granit stehend, einfach und würdig, dem Charakter des Gefeierten entsprechend.