ADB:Bengel, Ernst Gottlieb

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Artikel „Bengel, Ernst Gottlieb“ von Christian Palmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 330–331, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bengel,_Ernst_Gottlieb&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 07:26 Uhr UTC)
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Bengel: Dr. Ernst Gottlieb B., ein namhafter Theolog der sogenannten älteren Tübinger Schule, geb., als Sohn des Vorigen, 3. Nov. 1769 in Zavelstein, † 23. März 1826. Er wurde nach Vollendung der theologischen Studien im Tübinger Seminar 1792 als Bibliothekar, 1793 als Repetent angestellt, machte hernach seine wissenschaftliche Reise, auf welcher er 1796–97 namentlich in Göttingen verweilte. Im J. 1800 wurde er auf das Diakonat Marbach berufen, welche Stelle ihm sattsam Muße ließ zu gelehrten Arbeiten, mit welchen er sich schon jetzt dem historischen Gebiet der Theologie zuwendete, dessen erster bedeutenderer Vertreter in der Tübinger theologischen Facultät, in die er 1806 als außerordentlicher Professor berufen ward, er hernach gewesen ist. 1810 ward er ordentlicher Professor, 1820 als Prälat charakterisirt, 1822 Propst der Sanct Georgenkirche. – Er war es, der zuerst regelmäßig Vorlesungen über Kirchen- und Dogmengeschichte, über Symbolik, auch über alttestamentliche Theologie hielt. Einzelne Zuhörer freilich, wie sein späterer Nachfolger auf dem historischen Lehrstuhl, Baur, haben strenge und umfassende Quellenforschung vermißt. Dagegen hat gerade Baur die Lehrgabe und Lehrmethode Bengel’s und sein hierauf beruhendes Verdienst um die studirende Jugend sehr dankbar anerkannt; namentlich sei aber seine Vorlesung über alttestamentliche Theologie weit mehr werth gewesen, als alle damals existirenden einschlägigen Schriften, und selbst jetzt sei kein Buch für die jetzige Zeit dasjenige, was Bengel’s Vorlesung für seine Zeit gewesen. Zu seinen Erfolgen als Lehrer trug wesentlich der ruhige, gleichmäßige, alles abwägende, aber tiefe Ernst und die hohe persönliche Würde bei, die ihm natürlich war; ebenso aber auch der Sinn für edle Darstellungsform, worauf er sorgfältig bedacht war. Sein theologischer Standpunkt war zwar der supernaturalistische, sofern er den übernatürlichen Ursprung des Christenthums festhielt, aber mehr noch, als die übrigen Männer jener Schule, namentlich als Steudel, war die eigentliche Substanz seiner Theologie kantisch-rationalisirend. [331] Baur sagt von seiner Abhandlung über die Socinianer (im Flatt’schen Magazin St. 14–16), sie sei die beste seiner Arbeiten und von bleibendem Werth, es zeige sich aber eben hierin die innere Verwandtschaft jenes Supernaturalismus mit dem Socinianismus. An der Stelle der so eben genannten theologischen Zeitschrift redigirte er von 1815 an das „Archiv für die Theologie und ihre neueste Litteratur“, welches seit 1822 den Titel: „Neues Archiv etc.“ annahm. Sehr besucht waren auch seine öffentlichen Vorträge über Religion und Christenthum für Studirende aus allen Facultäten; diesen freilich, die nach seinem Tode gedruckt wurden, war eben nur durch die ganze Persönlichkeit des Redners solche Wirkung gesichert. Der König Wilhelm ehrte ihn 1823 durch das Ritterkreuz des Kronordens; auch bei der Bürgerschaft in Tübingen stand er in hohem Ansehen. Im J. 1826 machte ein Unterleibsleiden (Hernia) eine Operation nothwendig; sie ging zwar schnell und glücklich vorüber, gleichwol hatte sie einen raschen Tod zur Folge. Sein einziger Sohn, Ernst Bengel, lebt als angesehener Arzt in Maulbronn.

Klüpfel’s Geschichte der Universität Tübingen, S. 241 (der ganze auf die theologische Facultät bezügliche Theil dieser Schrift ist von Baur’s Hand bearbeitet). N. Nekrolog IV. (1826) 162 ff.