Zum Inhalt springen

ADB:Bernhardi, Karl Christian Sigismund

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Bernhardi, Karl Christian Sigismund“ von Carl Altmüller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 460–461, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bernhardi,_Karl_Christian_Sigismund&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 06:55 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 2 (1875), S. 460–461 (Quelle).
Karl Bernhardi bei Wikisource
Karl Bernhardi in der Wikipedia
Karl Bernhardi in Wikidata
GND-Nummer 118658476
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|2|460|461|Bernhardi, Karl Christian Sigismund|Carl Altmüller|ADB:Bernhardi, Karl Christian Sigismund}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118658476}}    

Bernhardi: Karl Christian Sigismund B., geb. am 5. Oct. 1799 im Dörfchen Ottrau in der jetzigen preußischen Provinz Hessen-Nassau, wurde, nachdem er in Marburg Theologie studirt, Hauslehrer bei dem Grafen Bylandt zu Brüssel, begleitete seine Zöglinge auf die Universität Löwen und erhielt dort das Amt eines Universitätsbibliothekars. 1829 wurde er in die durch Jakob Grimm’s Abgang erledigte Bibliothekarstelle an der Kasseler Landesbibliothek berufen, in welcher amtlichen Stellung er 44 Jahre bis zu seinem Tode verblieben ist. Er entfaltete in diesem Zeitraume eine ungemein vielseitige, nach mehrfacher Richtung segensreiche Wirksamkeit. Wichtiger als seine wissenschaftliche Thätigkeit (als deren bedeutendste Frucht wol gelten darf: „Sprachkarte von Deutschland“, Kassel 1838; 2. Auflage, unter Mitwirkung des Verfassers besorgt von W. Stricker, das. 1849. 8.) wurde sein Wirken auf politischem, noch mehr auf socialem Gebiet. Ausgestattet mit ungewöhnlichem organisatorischen Talent, unerschöpflich fruchtbar in Entwürfen und (namentlich humanitären) Plänen, ein rastloser Anreger und Förderer gemeinnütziger Bestrebungen, hat B. zahllose Unternehmungen in der Richtung des gemäßigten politischen und kirchlichen Liberalismus, vorzüglich aber auf dem Felde der Armenpflege, geplant, ins Leben gerufen, geleitet. Eine von ihm 1834 in Kassel gegründete „Anstalt zur Erziehung armer und verwahrloster Knaben“ besteht noch heute in gesegneter Wirksamkeit. [461] Besonders häufig verwerthete B. die Tagespresse zur, stets vorsichtigen und maßvollen, Agitation für seine Zwecke und Ziele. Während der ersten kurhessischen Verfassungskämpfe in den dreißiger Jahren fand der von ihm mitbegründete Kasseler „Verfassungsfreund“ in ihm einen fruchtbaren Mitarbeiter, 1845 und 1846 gab er den „Kirchenfreund“ heraus, eine Wochenschrift „zur Förderung des kirchlichen Lebens“, und noch in seinen letzten Lebensjahren betheiligte er sich mit der Feder auf das lebhafteste am Kampfe gegen den Ultramontanismus. Mitbegründer (1834) und lange Jahre bis zu seinem Tode Vorstand des „Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde“, hat er auch für dessen Zeitschrift zahlreiche Beiträge verfaßt. Neben dieser litterarischen Rührigkeit entwickelte B. eine nicht minder unermüdliche, unmittelbar praktische. Von 1835 bis 1840 war er Vorstand des Bürgerausschusses der Stadt Kassel, 1848 wurde er ins Frankfurter Parlament gewählt, stand hier zur Partei Gagern und suchte durch die mit Jürgens und Löw herausgegebenen „Flugblätter aus der Deutschen Nationalversammlung“ dieser Partei zu dienen. 1867 traf ihn die Wahl in den norddeutschen Reichstag und zugleich ins preußische Abgeordnetenhaus, wo er sich der nationalliberalen Richtung anschloß. 1870 entsagte er der parlamentarischen Thätigkeit, jedoch sein unermüdliches Wirken währte nach anderen Seiten auch noch in den letzten, oft krankheitsgestörten, Jahren seines Lebens fort. Er starb zu Kassel am 1. Aug. 1874.