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ADB:Bernhardi, Bartholomäus

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Artikel „Bernhardi, Bartholomäus“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 459–460, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bernhardi,_Bartholom%C3%A4us&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 08:31 Uhr UTC)
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Bernhardi: Bartholomäus B., von Feldkirch (Veldkirchius, Velcurius etc.), lutherischer Prediger des 16. Jahrhunderts, geb. 24. Aug. 1487 zu Feldkirch in Vorarlberg, † 21. Juli 1551 als Propst zu Kemberg bei Wittenberg. – Nachdem er mit mehreren seiner Landsleute (einem Bruder Johann und einem Johann Dölzsch [Dolscius]), die öfters verwechselt worden sind) zuerst in Erfurt, dann auf der neugegründeten Universität Wittenberg 1504 und in den folgenden Jahren studirt und daselbst Magister artium geworden war, trat er in den geistlichen Stand, erhielt die Priesterweihe zu Chur, kehrte aber bald nach Wittenberg zurück, wo er die Professur der Physik, 1512 das Decanat der philosophischen Facultät, 1518 das Rectorat der Universität bekleidete. In seinen theologischen Ansichten scheint er frühe an Luther und die von diesem vertretene streng augustinische, antischolastische Richtung sich angeschlossen zu haben, wie wir aus den Thesen de viribus et voluntate hominis sehen, die B. den 25. Sept. 1516 unter Luther’s Vorsitz und Carlstadt’s Decanat bei seiner Promotion zur theologischen Licentiatur (ad sententias) vertheidigte und die damals bei den Anhängern der scholastischen Richtung nicht geringes Aufsehen erregten (siehe die Briefe Luther’s bei De Wette I. 34). Auch im Ablaßstreit 1517 stellte sich B. sofort auf Luthers’s Seite (Briefe Luther’s bei De. W. I. S. 105). Im folgenden Jahre wurde er von der Universität kraft des ihr zustehenden Patronatrechtes zum Propst und Pfarrer zu Kemberg, eine Meile von Wittenberg, gewählt (siehe Luther’s Briefe von 1518 und 1519), wo er nun nicht blos sofort anfing die evangelische Lehre zu verkündigen, sondern auch 1521 trotz seines Priestergelübdes, unter Berufung auf die die Priesterehe gestattende altkirchliche Tradition, mit einer Jungfrau aus Kemberg in den Ehestand trat (siehe Brief Luther’s an Melanchthon vom Mai 1521). Er gilt daher gewöhnlich als der erste verehelichte Prediger des Reformationszeitalters (ob er das ist? darüber siehe die ausführlichen Untersuchungen von Feustking, „De primo sacerdote marito“, [460] 1703; dagegen J. C. Kapp, „Barth. Bernhardi, pastorum Luth. qui matrimonium inierunt, neutiquam ut vulgo creditur primus“, Baireuth, 1792; Veesenmeier in „Theol. Stud. und Krit.“ 1831; Förstemann im Corp. Ref. I. p. 421 ss.; vgl. Gieseler, KG III. 1. S. 98; Schmidt, Melanchthon S. 77 ff.) Jedenfalls erregte dieser Schritt großes Aufsehen und veranlaßte das Einschreiten des Erzbischofs von Magdeburg, Kurfürst Albrecht von Mainz, der von dem Kurfürsten von Sachsen Bernhardi’s Auslieferung an das geistliche Gericht verlangte. Zu seiner Vertheidigung reichte B. eine, wie es scheint, von ihm selbst verfaßte, von Melanchthon redigirte Schutzschrift ein unter dem Titel: „Apologia pro M. Bartholomaeo praeposito, qui uxorem in sacerdotio duxit“, die in mehreren deutschen und lateinischen Ausgaben zu Erfurt und Wittenberg 1521 und 1522 erschien und später in den Ausgaben der Werke Luther’s und Melanchthon’s mehrfach abgedruckt ist (siehe die Jenenser Ausgabe von Opp. Luth. II. 438; Opp. Melanchth. ed. Bretschneider I. p. 421 ss.). Auch Carlstadt nahm von diesem und einigen ähnlichen Fällen Anlaß zu Disputationen und Schriften wider Cölibat und Gelübde (19. Juni 1521, siehe Jäger, Carlstadt S. 176 ff.); daß auch Ulrich von Hutten sich für B. beim Kurfürsten Albrecht verwandt habe, wie vielfach behauptet wird, scheint auf einem Irrthum zu beruhen (siehe Böcking II. S. 65). Da der Erzbischof Bernhardi’s Rechtfertigung nicht als genügend anerkennen wollte, so wandte sich dieser in einer neuen Eingabe an den Kurfürsten Friedrich (siehe C. Ref. I. 440), und seinem Schutze, der sich nicht zum Schergendienst an einer geistlichen Person hergeben wollte, hatte es B. zu danken, daß er nicht weiter behelligt wurde, während andere seiner Collegen den gleichen Schritt mit Tod oder Gefängniß büßten. Von den späteren Lebensjahren Bernhardi’s wissen wir wenig. 1540 verheirathete sich seine Tochter, das erste Kind eines evangelischen Pfarrhauses, mit dem Prediger Matthias Wandel von Hamelburg (siehe Luther’s Brief vom 5. Juni 1540, bei Seidemann VI. S. 265). Er selbst hatte nach der Schlacht bei Mühlberg 1547 von den fanatischen Spaniern schwere Mißhandlungen zu erdulden und entging nur wie durch ein Wunder der drohenden Todesgefahr. Doch blieb er auf seiner Stelle bis zu seinem 21. Juli 1551 im vierundsechzigsten Lebensjahr erfolgten Tode.

Feustking, Leben Feldkirchens, Wittenberg 1705. 4; Corpus Ref., Bd. I.; Luther’s Briefe und die übrige Litt. zur Ref.-Gesch.