ADB:Biel, Gabriel
Herzog Eberhards von Würtemberg genoß, seit 1484 Professor der Philosophie und Theologie an der neu errichteten Universität Tübingen, † 1495. Von ihm: das 1462 veröffentlichte „Defensorium obedientiae apostolicae ad Pium Papam“ (eine rein sachlich gehaltene, aber sehr entschiedene Vertheidigung der Hoheitsrechte des Papstes; die ihm von Pius II. zugedachte Belohnung lehnte B. ab), verschiedene Predigtsammlungen, eine oft gedruckte Erläuterung des Meßcanons und ein Commentar zu den „Sentenzen“ des Petrus Lombardus, welcher sich enge an das gleiche Werk Occam’s anschließt. B. vertritt darin, doch ohne ihn selbständig weiterzubilden, den von Occam begründeten sogenannten neueren Nominalismus, welcher sich im Gegensatze gegen die classische Periode der Scholastik durch das Zurückweichen der philosophischen Speculation von den Lehren der Offenbarung, die Verengung ihres eigenen Erkenntnißgebietes und den Zweifel an der absoluten Gültigkeit der Aristotelischen Bestimmungen charakterisirt, dadurch zum Verfall der mittelalterlichen Philosophie beiträgt und eine verstärkte Hinneigung zur Mystik hervorruft, zugleich aber auch durch die Betonung der [623] intuitiven Erkenntniß des Einzelnen in der äußeren und inneren Wahrnehmung die philosophische Richtung der Folgezeit vorbereitet.
Biel: Gabriel B., häufig der letzte Scholastiker genannt, geb. gegen 1430 in Speier, Domprediger zu Mainz, wo er in der Bischofsfehde energisch Partei für den päpstlichen Candidaten nahm, dann als Propst der Priestercongregation vom gemeinsamen Leben in Butzbach und später in Urach, wo er in hohem Maße das Vertrauen- Linsenmann in der Tübinger theol. Quartalschr. 1856. Ueber Biel’s für seine Zeit sehr bedeutende volkswirthschaftlichen Lehren vgl. W. Roscher, Gesch. d. Nationalökonomik in Deutschland (München 1874) S. 21–28.[1]
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 623. Z. 5 v. o.: Kürzlich erschien: G. Plitt, Gabriel Biel als Prediger geschildert. Erlangen 1879. [Bd. 10, S. 767]