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ADB:Bosse, Rudolf Heinrich Bernhard

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Artikel „Bosse, Rudolf Heinrich Bernhard“ von Ferdinand Spehr in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 190–191, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bosse,_Rudolf_Heinrich_Bernhard&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 16:00 Uhr UTC)
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Bosse: Rudolf Heinrich Bernhard B., geb. 28. April 1778 zu Braunschweig, † daselbst 20. Febr. 1855, Staatsmann und politisch-historischer Schriftsteller. Sein Vater Joh. Friedr. Georg B., ein ausgezeichneter Philologe, war Lehrer an den beiden Braunschweiger Gymnasien. Der Sohn besuchte das Collegium Carolinum, studirte zu Helmstädt Philologie und Rechtswissenschaft, war nach Beendigung der Universitätszeit im J. 1801 Führer und Begleiter des jungen Grafen v. Veltheim auf die Universitäten Helmstädt und Göttingen und wurde im J. 1803 als Secretär bei der Geheimen Canzlei in Braunschweig angestellt. Neben seinen Berufsgeschäften schrieb er: „Grundzüge des Finanzwesens im Römischen Staate,“ 2 Bde., 1804, und eine „Uebersicht der französischen Staatswirthschaft bis zum Finanzplan von 1806,“ 2 Bde., 1807; trat mit den bedeutendsten Gelehrten, wie Feuerbach, Henke, Heeren, Heyne, Joh. v. Müller u. a. m. in litterarischen Briefwechsel und wurde Correspondent der Societät der Wissenschaften zu Göttingen. Nach Errichtung des Königreichs Westfalen ging B. nach Kassel, wurde hier zuerst im J. 1808 Privatsecretär bei dem Minister Joh. v. Müller, dann Generalsecretär der Studiendirection und Staatsrathsauditeur. Nach Müller’s Tode, dessen täglichen Umgang er genoß, wurde er Mitglied des Bittschriftenamts und der Oberrechnungskammer; im J. 1812 erhielt er den Ritter- und Adelstand des Königreichs, welcher später jedoch nicht anerkannt wurde. Nach Wiederherstellung des Herzogthums Braunschweig kehrte B. dorthin zurück, erreichte aber, da man weder in seinen politischen Charakter, noch in seine Fähigkeiten Vertrauen setzte, 1815 nur eine Assessorstelle ohne Sitz und Stimme bei der neuerrichteten Kammer; erst 1825 ward er Kammerrath. Inzwischen nahm er Theil an den Arbeiten für die Ersch und Gruber’sche Encyklopädie und war anderweitig schriftstellerisch thätig. Als 1827 der Geheimrath Schmidt-Phiseldeck sich den Verfolgungen des Herzogs Karl von Braunschweig durch die Flucht entzog, wurde B., dessen feindselige Stimmung gegen den Geflüchteten dem Herzoge nicht unbekannt geblieben war, zum Staatsrathe und zum Mitgliede des braunschweigischen Staatsministeriums mit berathender Stimme ernannt und zugleich in das Cabinet berufen. Hier machte sich B. in unbedingter Unterwürfigkeit zum Spielball der Launen des Herzogs und seiner Umgebung. Gegen die ihm später schuldgegebene unheilvolle Einwirkung auf den Herzog suchte er sich in der Augsburger Allg. Zeitung vom 18. und 19. Juli 1832 zu vertheidigen. Nach dem Sturze Herzog Karls wurde B. noch im J. 1830 in den Ruhestand versetzt. Von seinen meist in conservativem Sinne gehaltenen Schriften, in welchen mehr ein Verarbeiten fremder Ideen als selbstschaffender Geist zu finden ist, führen wir außer den genannten noch an: „Ueber Hochverrath, beleidigte Majestät und verletzte Ehrerbietung gegen den Landesherrn,“ 1802. – „Esquisse de la statistique générale et particulière du royaume de Westphalie“, 1808. – „Essai sur l’histoire de l'économie politique des peuples modernes“, 1818. – „Darstellung des staatswirthschaftlichen Zustandes der deutschen Bundesstaaten auf seinen geschichtlichen Grundlagen“, 1820. – „Geschichte Frankreichs, besonders der dortigen Geistesentwickelung, von der Einwanderung der Griechen bis zum Tode Ludwigs XV.“, 1829. – „Das Familienwesen oder Forschungen über seine Natur, Geschichte und Rechtsverhältnisse“, 1835. – „Das Familienwesen und die allgültigen Gesetze für seine einfache und Gemeingestaltung“, 1854. – Auch ist B. der Verfasser der Staatsschrift: „Darstellung der Verhältnisse des von Braunschweig entwichenen Geheimraths v. Schmidt-Phiseldeck zu der für die herzoglich braunschweigischen Lande bestandenen vormundschaftlichen Regierung und dem Stellvertreter derselben, [191] Grafen v. Münster im Gegensatze zu dem herzoglich braunschweigischen Hause und der Person Sr. Durchl. des jetzt regierenden Herrn Herzogs“, 1827. – Ein jüngerer Bruder, Georg B., geb. 1791 zu Braunschweig, war unter Herzog Karl Wilhelm Ferdinand Cadet bei der braunschweigischen Artillerie, hatte als solcher das Collegium Carolinum besucht und sollte eben zum Offizier ernannt werden, als die Schlachten von Jena und Auerstädt das Herzogthum Braunschweig für mehrere Jahre aus der Reihe der Staaten verschwinden ließen. Georg B. trat in westfälische Kriegsdienste, kam als Artillerielieutenant nach Magdeburg, marschirte im J. 1809 mit nach Spanien, wo ihm bei der Belagerung von Gerona durch Zerplatzen einer Bombe der rechte Arm zerschmettert wurde. Mit dem Kreuze der Ehrenlegion und dem Orden der westfälischen Krone geschmückt, kehrte er nach Deutschland zurück, wurde in Kassel Fourier du Palais, später Maréchal de logis. König Hieronymus gewann ihn lieb, erhob ihn in den Adelstand und ernannte ihn zum Oberstlieutenant. Nach der Auflösung des Königreiches Westfalen begleitete Georg v. B. den Exkönig und blieb vom J. 1815 bis zum J. 1829 als Verwalter der demselben gehörenden Herrschaft Schönau in der Nähe von Wien in dessen Diensten, kehrte dann nach Braunschweig zurück, wo er im J. 1834 eine Anstellung im Steuerfache erhielt. 1854 pensionirt, starb er zu Wolfenbüttel am 8. Juni 1860. Seine am 26. Juli 1866 verstorbene Gattin hinterließ ein Tagebuch, welches ihre Tochter bearbeitet und herausgegeben hat: „König Jérôme und seine Familie im Exil. Briefe und Aufzeichnungen. Herausgegeben von Ernestine v. B.“, 1870.