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ADB:Bucher, Bruno

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Artikel „Bucher, Bruno“ von v. Schönbach. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 772–774, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bucher,_Bruno&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 14:34 Uhr UTC)
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Bucher *): Bruno Adalbert B., Kunstschriftsteller und Museumsdirector, geboren am 24. April 1826 zu Köslin in Pommern, † am 9. Juni 1899 in Wien. Er war ein Sohn des Gymnasialprofessors und Geographen August Leopold B. († 1863) und der jüngere Bruder des nachmals berühmten preußischen Staatsmannes und intimen Mitarbeiters Bismarck’s, Lothar B. (s. o. S. 316). B. wollte sich zunächst der ausübenden Kunst widmen und bezog die Kunstakademie in Dresden, um Maler zu werden. Ein Augenleiden zwang ihn jedoch bald dieses Studium aufzugeben, worauf er sich dem Buchhandel, daneben aber auch schon der Journalistik widmete. Im J. 1856 kam er nach Wien in die Wallishauser’sche Buchhandlung, aber bald wandte er sich hier ganz der Journalistik zu; er kam in die Redaction des „Wanderer“ und dann auch der „Wiener Zeitung“, wo er als Burgtheaterrecensent und Kunstkritiker thätig war. So mitten im Kunstleben Wiens stehend, nahm er als Publicist regsten Antheil an dem Kampfe, welchen Männer wie Semper, Eitelberger [773] und Falke gegen die damals herrschende Geschmacksverwirrung und Stillosigkeit führten. Diesen Impulsen verdankte das im J. 1864 errichtete „Oesterreichische Museum für Kunst und Industrie“ seine Entstehung und kann somit B. den geistigen Begründern dieses Institutes beigezählt werden, dem er dann auch vom Jahre 1869 bis 1897 angehörte. Unter der Direction Eitelberger trat er als Secretär ein, wurde sodann Custos und Regierungsrath und 1885, als Falke die Direction übernommen hatte, Vicedirector; im J. 1895 trat er an Falke’s Stelle und wurde Hofrath, jedoch resignirte er schon 1897 auf die Direction.

Wiewol die Thätigkeit Eitelberger’s, Falke’s und Bucher’s im einzelnen eine sehr verschiedene war, so vereinigten sie sich doch in ihrem Hauptstreben in dem gemeinsamen Ziele: Die Kunst der Renaissance in ihren mannichfachen Entwicklungsstadien, mit ihrer reichen Ueberlieferung an Werken und graphischen Vorbildern, ihren Kleinkünsten und Kunsttechniken schien ihnen der wirksamste Ausgangspunkt für die Hebung des Geschmacks; ihre Wiederbelebung die sicherste Basis für ein gedeihliches Aufblühen unseres Kunstgewerbes. In diesem Sinne zu wirken war Bucher’s Ideal, darin erblickte er seine Lebensaufgabe und mit nimmermüdem Bienenfleiß war er bis an sein Lebensende thätig, zusammentragend, lehrend und praktisch fördernd. Und gerade diese aus einer ehrlichen Ueberzeugung, aus einem warmen Empfinden entsprungene völlige Hingabe an eine Kunstrichtung machte ihn in seinem Alter einseitig und gereizt, so daß er, als andere Theorien, andere Kunstanschauungen zur Geltung kamen und gährend und mächtig anschwellend das Kunstleben Europas durchströmten, nicht bloß den krankhaften Auswüchsen, den vielen Mittelmäßigkeiten, die unter dem Collectivnamen „Die Moderne“ mit unterliefen, sondern auch den wahrhaft großen genialen Erscheinungen moderner Kunst ein starres Nicht-sehen-wollen, ein eigensinniges Ignoriren entgegensetzte. Ungerecht aber wäre es, wollte man Bucher’s reiche kunstlitterarische Thätigkeit, sowie seine Bedeutung für die Entwicklung des Kunstgewerbes in Oesterreich unterschätzen.

Wenn B. auch sein ganzes Leben hindurch mit der Presse in Verbindung blieb und für erste Blätter, wie „Deutsche Zeitung“, „Neue Freie Presse“ etc., sowie auch für verschiedene österreichische und deutsche Wochen- und Monatsschriften Beiträge lieferte, so war doch seit seinem Eintritt ins Oesterreichische Museum seine schriftstellerische Thätigkeit der Hauptsache nach eine fachwissenschaftliche; auch hier liebte er die Form des kleineren Artikels, und wol mehrere Hunderte solcher sind in den seit 1865 erschienenen „Mittheilungen des österr. Museums“, in den „Blättern für Kunstgewerbe“ und anderen kunstgewerblichen Zeitschriften niedergelegt. Sein Stoffgebiet sind auch hier mit Vorliebe die Kunsttechniken und Kleinkünste, vor allem diejenigen Fächer, die er als Museumsbeamter verwaltete: Glas, Keramik, Goldschmiedekunst und Emailarbeiten. B. gab auch selbst mehrere Zeitschriften heraus; so 1872 die „Oesterreichische Wochenschrift für Wissenschaft und Kunst“ und von 1874–76 im Vereine mit Gnauth die Monatsschrift „Das Kunsthandwerk“.

B. hat in den 70er Jahren auch in der mit dem Oestereichischen Museum verbundenen Kunstgewerbeschule, deren administrative Geschäfte er ebenfalls führte, den Unterricht in den kunstgeschichtlichen und den kunsttechnischen Fächern übernommen und auf diese Lehrthätigkeit gehen mehrere seiner verbreitetsten Bücher zurück: seine „Kunst im Handwerk“ (Wien, I. Aufl. 1872, III. Aufl. 1888) und sein „Katechismus der Kunstgeschichte“ (Leipzig, I. Aufl. 1880, V. Aufl. 1899). Seiner Musealthätigkeit entsprangen seine Beiträge in der mit Ilg, Lippmann, Luthmer, Riegl, Rollett und Stockbauer von ihm herausgegebenen dreibändigen „Geschichte der technischen Künste“ [774] (Stuttgart 1875/93), ferner das „Reallexikon der Kunstgewerbe“ (Wien 1883), „Die Glassammlung des Oesterreichischen Museums“ (Wien 1888), „Hie alten Zunft- und Verkehrsordnungen der Stadt Krakau nach Balthasar Behems Codex pictoratus in der k. k. Jagellonischen Bibliothek“ (Wien 1889). Von sonstigen Büchern sind noch zu erwähnen ein „Baedeker für Wien“ (Wien, I. Aug. 1870, IV. Aufl. 1873), eine Uebersetzung von Eudel’s „Fälscherkünste“ (Leipzig 1885) und „Mit Gunst, aus Vergangenheit und Gegenwart des Handwerks“ (Leipzig 1886).

Als Mensch war B. wie als Schriftsteller voll Humor und Sarkasmus, dabei aber von einer anspruchslosen und bescheidenen Liebenswürdigkeit, daß er nicht leicht verletzte. B. hatte bald nach seiner Seßhaftigkeit in Wien geheirathet und seiner Ehe entsprossen ein Sohn und zwei Töchter. Auch an äußeren Ehrungen fehlte es Bucher’s arbeitsreichem Leben nicht – es seien nur die zwei wichtigsten erwähnt, die im J. 1889 erfolgte Verleihung des österreichischen Ordens der eisernen Krone III. Classe und des kgl. preußischen Kronenordens III. Classe.

v. Schönbach.

[772] *) Zu S. 314.