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ADB:Buhl, Armand

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Artikel „Buhl, Franz Armand“ von Johann Josef Hermann Schmitt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 55 (1910), S. 715–720, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Buhl,_Armand&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 06:53 Uhr UTC)
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Buhl *): Franz Armand B., Dr. phil., hervorragender Parlamentarier, Reichsrath der Krone Baiern, Großgrundbesitzer, geboren am 2. August 1837 zu Ettlingen in Baden, † am 5. März 1896 zu Deidesheim in der Pfalz. Sein Vater war der badische und bairische Landtagsabgeordnete Franz Peter Buhl, einer der größten Weingutsbesitzer Deutschlands, der aus Ettlingen in Baden stammte (1809–1862), ein energischer Mann, der bahnbrechend auf dem Gebiete des pfälzischen und deutschen Weinbaues gewirkt hat und zugleich Fabrikbesitzer war; als Politiker hat er durch seine deutsch-nationalen Bestrebungen und sein treues Festhalten an den Grundsätzen der erbkaiserlichen Partei des Jahres 1849 sich einen angesehenen Namen in der Pfalz und in Baden und über die Grenzen dieser Länder hinaus gemacht. Buhl’s Mutter Josephine (1813–1872) war eine Cousine seines Vaters und Schwester des bekannten Land- und Kreistagsabgeordneten Ludwig Andreas Jordan (s. o. S. 509). Der Großvater Franz Anton Christophorus Buhl (1779–1844), Kaufmann und Fabrikinhaber in Ettlingen, der mit Maria Jordan aus Deidesheim (1783–1842) vermählt war, wurde nach Verleihung der badischen Verfassung zum badischen Landtagsabgeordneten gewählt. Der Urgroßvater Franz Albert Martin Buhl (1751–1815) war Kaufmann und Bürgermeister in Ettlingen. Der Stammvater der Familie scheint Johann Christoph Buhl zu sein, der 1713 und 1714 erwähnt wird. Buhl’s Vater ließ seinem Sohne Armand eine vorzügliche Erziehung und Bildung durch die trefflichsten Lehrer zu Theil werden, in Deidesheim durch den späteren protestantischen Decan Sturtz in Zweibrücken, dann vom 15. Lebensjahre an auf dem Gymnasium zu Mannheim, wo er bei Professor Baumann, einem Jugendfreund und Gesinnungsgenossen des Historikers Ludwig Häusser, wohnte. Hierauf besuchte B. die Handelsakademie in Lübeck, weil er später den großen elterlichen Besitz an Weingütern übernehmen sollte und deshalb auch vom Weinhandel das Nöthige verstehen mußte; dort schloß er mit dem späteren Reichstagsabgeordneten und Senator Dr. Karl Klügmann, der zuletzt den Staat Lübeck im Bundesrath vertrat, Freundschaft, die für das ganze Leben dauern sollte. Alsdann studirte er, um seine Ausbildung zu vollenden, hauptsächlich Naturwissenschaften an der Universität Heidelberg, wo viele politische Gesinnungsgenossen seines Vaters, die Gothaer, ihren Sitz hatten; dort wurde er auch mit A. L. Rochau, dem Herausgeber des Wochenblattes des National-Vereins, bekannt, der im Sinne der deutschen Reichsverfassung und der erbkaiserlichen Partei von 1849 wirkte. Er hörte Vorlesungen bei Häusser, bei Robert v. Mohl, dem Mathematiker Hesse, dem Chemiker Bunsen, dem Physiker Kirchhoff und schloß seine Studien ab mit der Promotion zum Doctor der Philosophie. Die Eindrücke, die B. in Heidelberg empfing, haben für sein ganzes Leben bestimmend auf ihn eingewirkt. Nachdem er noch einige größere Reisen gemacht hatte, starb sein Vater und so mußte er nach Deidesheim zurückkehren, wo er seit 1863 dauernd seinen Wohnsitz nahm und als ältester Sohn an die Spitze der bereits berühmt gewordenen Firma F. P. Buhl trat. 1865 vermählte er sich mit der Schwester Julie des späteren, 1909 verstorbenen [716] Reichstagsabgeordneten Wilhelm Schellhorn-Wallbillig, mit der er sehr glücklich lebte. 1867 ward ihm ein Sohn Franz geboren, der seit 1907 bairischer Landtagsabgeordneter ist. Brüder hatte B. zwei, den 1841 geborenen Eugen in Deidesheim, seit 1875 Landtagsabgeordneter, seit 1896 Reichsrath der Krone Baiern, und den 1848 geborenen Heinrich, der bis 1907 Professor der Rechte in Heidelberg war und am 4. Februar 1907 zu Luxor in Aegypten gestorben ist.

B. war in seinem Berufe unermüdlich thätig und gar bald nahm er auch am politischen Leben theil; hatte er doch das Beispiel seines Vaters vor Augen, der den Sohn schon früh in die Politik eingeführt und dessen Auftreten in öffentlichen Versammlungen veranlaßt hatte. B. besaß einen Sprachfehler, doch diesen überwand er bald mit eisernem Fleiß und festem Willen. Die damalige Zeit bot für B. viele Gelegenheit zum öffentlichen Auftreten. Nachdem schon 1863 die schleswig-holsteinische Sache das ganze deutsche Volk in seinem Innersten erregt hatte, erweckten die Ereignisse des Jahres 1866 große Besorgnisse in der Pfalz; besonders fürchtete man, Frankreich werde von der Pfalz Besitz ergreifen, man weiß ja, daß Napoleon III. von dem siegreichen Preußen die Abtretung des ganzen linken Rheinufers bis Coblenz verlangte. Zur Abwendung der französischen Gefahr gründete B. mit seinem Freunde Fritz Eckel in Deidesheim und anderen deutschgesinnten Männern aus der Pfalz, Rheinhessen und Rheinpreußen den „Verein zur Wahrung der Interessen des linken Rheinufers. Damals sprach B. in Saarbrücken, Bingerbrück und an anderen Orten. Die Gefahr ging so schnell und glücklich vorüber, wie man es nicht erwartet hatte. Die Pfalz blieb deutsch. Seitdem war B. ein Verehrer und Anhänger Bismarck’s, der seinerseits auch später unseren B. schätzen lernte und den Todten ehrte, indem er ihn seinen „politischen Mitkämpfer und persönlichen Freund“ nannte. Doch die Dinge standen erst am Anfang ihrer Entwicklung. Die patriotischen süddeutschen Männer wünschten den Eintritt der süddeutschen Staaten in den Nordbund. 1867 wurde zunächst das deutsche Zollparlament geschaffen, die erste allgemeine deutsche Volksvertretung, und der Oheim Buhl’s, L. A. Jordan in Deidesheim, wurde als Vertreter des Wahlkreises Landau-Neustadt ins Zollparlament gewählt. Allein damit war man in der Pfalz noch lange nicht zufrieden, man wollte ein Vollparlament und den Zusammenschluß aller deutschen Staaten zu einem mächtigen Reiche. Dieses Ziel sollte eher erreicht werden, als man ahnte. Frankreich erklärte an Preußen den Krieg und die 1866 so glücklich von der Pfalz abgewendete Gefahr erhob sich nochmals riesengroß. Doch sie ward für immer abgewandt und die Pfalz noch überdies mit einem schützenden Vorland umgeben. Darüber war B. hoch erfreut; er war während des ganzen Krieges 1870/71, den sein Bruder Eugen als bairischer Cavallerieofficier mitmachte, unermüdlich in deutsch-nationalem Sinne thätig gewesen. Ueber ihm schwebte noch eine persönliche Gefahr: als hervorragender pfälzischer Patriot war er von der französischen Regierung zur Deportation nach Cayenne bestimmt, wenn den Franzosen die Besetzung der Pfalz gelang.

Zum Dank für seine patriotische Thätigkeit wählte ihn, den erst 33jährigen, der pfälzische Wahlkreis Homburg-Kusel 1871 in den ersten Deutschen Reichstag, dem er für denselben Wahlkreis 22 Jahre ununterbrochen bis 1893 angehörte. Hier eröffnete sich für B. ein weites Feld der Thätigkeit; an dem inneren Ausbau des Deutschen Reiches hat er als Mitglied der damals größten und ausschlaggebenden Partei, der nationalliberalen, in hervorragendster Weise mitgewirkt, und selbst erster Vicepräsident der hohen Körperschaft ist er drei Jahre, von 1887–1890, gewesen. Auf dem Gebiete des [717] deutschen Weinbaues war er der beste Kenner und die erste Autorität. Die Reblausgefahr war ungeheuer, es handelte sich um den Werth von vielen Millionen. Da war es der sachkundige B., der unermüdlich mahnte und warnte, und seinem festen und zielbewußten Streben war es zu danken, daß am 11. Februar 1873 die kaiserliche Verordnung, betr. den Rebverkehr, erschien, welche die Einfuhr von Reben und Rebtheilen und das Verpflanzen derselben verbot. Eine andere ergänzende Verordnung folgte 1875. An den Reblaus-Untersuchungen betheiligte er sich als staatlicher Aufsichtscommissär mit der größten Umsicht und Ausdauer, er war ständiges Mitglied der Reichsconferenzen in Reblausangelegenheiten in Erfurt, Wiesbaden und anderen Orten. 1881 entdeckte man einen großen Reblausherd im Ahrthale und 1884 einen noch größeren in Linz a. Rh., da griff er persönlich energisch mit ein. 1881 beantragte er die Erhebung eines Zolles auf die Einfuhr ausländischer Trauben, 1883 erschien hauptsächlich auf seine Veranlassung hin das überaus wichtige Gesetz vom 3. Juli, dem es zu danken ist, daß die deutschen Weinberge im Kampfe gegen die Reblaus nicht unterlagen. An dem Weingesetze von 1892 war er der thätigste Mitarbeiter und Referent über dasselbe in der Commission, da er die besten Detailkenntnisse besaß; durch dieses Gesetz wurden wenigstens die ärgsten Weinverfälschungen hintangehalten. An dem Zustandekommen des Branntweingesetzes war er mitbetheiligt, sowie an der Gewerbegesetzgebung, durch die 1890 die Gewerbegerichte in Deutschland eingeführt wurden. In volks- und landwirthschaftlichen Dingen galt er im Reichstage als Autorität, auch war er viele Jahre bis zu seinem Ausscheiden 1893 Referent für den Militäretat. Das Reichs-Militär-Pensionsgesetz vom 27. Juni 1871 bestimmte, daß alle Feldzugstheilnehmer von 1870/71, die wegen innerer Dienstbeschädigung infolge der Strapazen des Feldzuges invalid geworden waren, ihre Pensionsansprüche bis längstens 1875 geltend zu machen hatten. Allein schon bald nach diesem Termine stellte es sich heraus, daß viele Kriegstheilnehmer an Leiden erkrankten, die ohne Zweifel vom Feldzuge herrührten; gegen diese unverschuldete Noth der mittellosen Veteranen mußte dringend Abhülfe geschaffen werden; aber wenn auch der Reichstag sehr geneigt zur Abänderung des Gesetzes sich zeigte, der bedächtige Bundesrath mußte auch zustimmen, und diesen zu gewinnen gelang endlich B., und so erschien denn am 2. Juli 1884 die wichtige kaiserl. Cabinetsordre, derzufolge die durch innere Dienstbeschädigungen invalide gewordenen Kriegstheilnehmer aus dem kaiserlichen Dispositionsfonds Gnadenbewilligungen erhielten. Am großartigsten aber war die Mitwirkung Buhl’s an der deutschen socialen Gesetzgebung, welche durch die kaiserliche Botschaft an den Reichstag vom 17. November 1881 inaugurirt wurde. B. besaß als Theilhaber an vielen industriellen Unternehmungen die eingehendsten Detailkenntnisse, er gehörte allen Reichstagscommissionen an, in denen die Gesetze vorbereitet wurden; diese wurden im einzelnen fast durchaus nach seinen überzeugenden gründlichen Darlegungen gestaltet und tragen den Stempel seines Geistes. 1883 kam das Krankenversicherungsgesetz zu Stande, 1884 das Unfallversicherungsgesetz und 1889 das Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz. Nehmen jetzt alle Staaten der Welt die deutsche Socialgesetzgebung zum Vorbilde, so gebührt ein erheblicher Antheil an diesem Ruhme auch unserem B.

Unter dem Reichskanzler Caprivi (1890–1894) liefen die meisten mit den europäischen Staaten abgeschlossenen Handelsverträge ab und mußten erneuert werden. Caprivi glaubte den Verbündeten Deutschlands, Oesterreich und Italien, sowie auch Rußland aus politischen Erwägungen entgegenkommen zu müssen und verlangte die Herabsetzung der Getreide- und Weinzölle, wogegen [718] die Industrie manche Vortheile eintauschte. Die Gesetzesvorschläge Caprivi’s wurden vom Reichstage mit großer Mehrheit angenommen und auch B. stimmte für dieselben, wenn auch mit schwerem Herzen, aber in seinem Wahlkreise Homburg-Kusel, der überwiegend agrarisch ist, war ein Theil seiner Wähler mit seiner Abstimmung nicht zufrieden, und auf einer Versammlung in Landstuhl erklärte man sich scharf gegen ihn. Als 1893 sein Reichstagsmandat abgelaufen war, bot man ihm dasselbe wieder an, aber B. verlangte, daß man ihm freie Hand lasse, für den deutsch-russischen Handelsvertrag zu stimmen, über den der neue Reichstag zu beschließen hatte. Da man ihm hierin nicht entgegenkam, so verdroß ihn dies; er erklärte, kein Mandat mehr anzunehmen und schlug den Wählern seinen Freund Prof. Dr. Marquardsen vor, der auch gewählt wurde. Damit schied B. aus dem Reichstage aus, zu dessen hervorragendsten Mitgliedern er mehr als zwei Jahrzehnte gehört und in denen er so viel zum Wohle des Ganzen gewirkt hatte.

Neben seiner Thätigkeit im Reichstage entfaltete er eine staunenerregende Wirksamkeit fast auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens. Nichts von Bedeutung wurde in der Pfalz seit 1870 unternommen, an dem er sich nicht betheiligt hätte. So war er von 1877–1885 Mitglied des pfälzischen Landrathes, von 1882–1885 Präsident desselben, welche Function er vorzüglich versah, bis er am 23. October 1885 durch das Vertrauen des Königs Ludwig II. zum lebenslänglichen Reichsrath der Krone Baiern ernannt wurde, wodurch er gesetzlich aus der pfälzischen Kreisvertretung ausscheiden mußte. Als Reichsrath machte er sich nicht minder verdient wie in allen seinen Ehrenämtern, noch zuletzt (1895) war er Referent in Sachen der progressiven Einkommensteuer, gegen die er sich zunächst erklärte, weil er die Zeit dazu noch nicht für gekommen erachtete. Der bairische Thronfolger Prinz Ludwig ehrte den Reichsrathscollegen, indem er 1894 zwei Tage sein Gast in Deidesheim war; auch der Prinz-Regent Luitpold von Baiern besuchte ihn zwei Mal, 1888 und 1894, in seinem Hause. Jahre lang war B. Mitglied der pfälzischen Handels- und Gewerbekammer in Ludwigshafen a. Rh., Vorstand des Gremiums für Handel und Gewerbe für den Bezirk Neustadt-Dürkheim a. H., Vorstand des landwirthschaftlichen Bezirksausschusses Neustadt-Dürkheim, Mitglied des landwirthschaftlichen Kreisausschusses der Pfalz und Vertreter dieses Ausschusses im bairischen Landwirthschaftsrath, Mitglied des deutschen Landwirthschaftsrathes, Mitglied des Districtsrathes Neustadt-Dürkheim. 33 Jahre war er Mitglied des Aufsichtsrathes der Kammgarnspinnerei Kaiserslautern, deren Mitbegründer er war; an der Gründung der großen Baumwollspinnerei Lampertsmühle und der Düngerfabrik Kaiserslautern war er mitbetheiligt. Das pfälzische Gewerbemuseum in Kaiserslautern förderte er auf alle Weise, die pfälzische Hypothekenbank (Institut für Bodencredit) in Ludwigshafen am Rhein half er mitbegründen und war Mitglied des Aufsichtsraths derselben als hervorragender Kenner der pfälzischen volkswirthschaftlichen Verhältnisse. Mit dem Verbande der pfälzischen Gewerbevereine unterhielt er Beziehungen wie mit der Berufsgenossenschaft der Pfalz, mit der deutschen Genossenschaftsbank in Frankfurt a. M., mit den Farbwerken in Höchst a. M., mit der Allgemeinen Elektricitätsgesellschaft in Berlin u. s. w.

Am hervorragendsten war seine Thätigkeit auf dem Gebiete des deutschen Weinbaues und Weinhandels. Er war Mitbegründer des deutschen Weinbau-Vereins 1874 und wurde sofort als dessen erster Vicepräsident gewählt. Von 1879–1891 war er geschäftsführender Präsident des Vereins, nachdem sein Freund Prof. Dr. Blankenhorn wegen Krankheit den Vorsitz niedergelegt hatte. Er leitete die deutschen Weinbaucongresse in Kreuznach 1876, Koblenz 1879, [719] Heilbronn 1881, Dürkheim 1882, Mannheim 1883, Geisenheim 1884, Colmar 1885, Rüdesheim 1886, Freiburg i. B. 1887, Trier 1889, Worms 1890. Auf den Congressen theilte er seine reichen Erfahrungen auf dem Gebiete des Weinbaues und der Weinbehandlung mit und machte dadurch diese Congresse für die Fachgenossen äußerst interessant. Gegen die Reblausgefahr stand er beständig auf der Warte und richtete als Aufsichtscommissär fliegende Untersuchungscolonnen ein. Als in Sausenheim der erste Reblausherd in der Pfalz entdeckt wurde, erkannte er sofort die ungeheure Gefahr für den pfälzischen Weinbau und war dort unermüdlich thätig; mit Halbheiten, von denen er überhaupt kein Freund war, war da nichts gethan; es gelang, den Herd zu ersticken und die Weiterverbreitung der Reblaus in der Pfalz zunächst zu verhindern, doch soll er durch die Aufopferung seiner Person den Grund zu dem Leiden gelegt haben, das im folgenden Jahre seinen Tod herbeiführte. Er studirte die Wurzel- und Laubkrankheiten und kämpfte gegen die Einführung von Wurzelreben und Setzlingen aus Frankreich. Der deutschen Schaumweinfabrikation war er nicht entgegen, obwohl sie den feinen deutschen Weinen, insbesondere auch dem Deidesheimer, Concurrenz machte, weil er in ihrer Zunahme eine Mehrung des Nationalwohlstands erkannte. Unablässig war er für Ehre und Ansehen des pfälzischen und deutschen Weinbaues und Weinhandels bemüht; nur reiner Wein sollte dem Publicum dargeboten werden. 1891 legte er das Präsidium des deutschen Weinbauvereins nieder, weil er im Reichstage bei der bevorstehenden Berathung des Weingesetzes vollständig unabhängig nach allen Seiten dastehen wollte.

B. war ein schöner, stattlicher, mehr als mittelgroßer Mann von kräftigem Körperbau, der ein hohes Alter hätte erreichen können, wenn er seine Kräfte seinem höheren Alter entsprechend mehr geschont hätte. Er war ein Freund der Jagd, die ihn auf einige Stunden aus seiner anstrengenden gewohnten Beschäftigung herausriß. Sein Charakter war von unantastbarer Reinheit und Lauterkeit, er hatte ein goldenes Herz, seinen Mitmenschen zu helfen war ihm größte Freude. Von seinem großen Reichthum machte er den allerbesten Gebrauch, jährlich spendete er Tausende für Zwecke der Wohlthätigkeit, auch das Gotteshaus bedachte er mit reichen Gaben. Seine Arbeiter hingen mit großer Liebe und Verehrung an ihm. Als Redner erzielte er stets die größte Wirkung, sei es, daß er im Reichstage oder in den Commissionen sprach oder in Vereins- oder Volksversammlungen auftrat. Er hatte keinen persönlichen Feind, sondern war beliebt bei Parteifreunden wie bei politischen Gegnern. Am „Culturkampf“ nahm er nicht theil. An äußeren Ehren hat es ihm nicht gefehlt. Abgesehen von seiner Berufung in die ersten gesetzgebenden Körperschaften des Reiches und Baierns war ihm die Erhebung in den Adelstand angeboten, die er aber ablehnte; es genügte dem fürstlichen Manne, wie ihn die Neustadter Bürgerzeitung nannte, ein Vertreter des deutschen Bürgerthums zu sein, doch nahm er verschiedene Orden an, auch zum Commerzienrath wurde er ernannt, als dieser Titel in Baiern verliehen wurde. Mitte Februar 1896 wurde B. von der tückischen Influenza befallen. Am 5. März schied er infolge Lungenlähmung schmerzlos aus seinem inhaltreichen Leben. Prinz-Regent Luitpold und Prinz Ludwig von Baiern, der Großherzog von Baden, Fürst Bismarck, der Deutsche Reichstag, die bairische Reichsrathskammer, die zweite badische Kammer gaben ihrer Theilnahme in Telegrammen an die Wittwe Ausdruck. Das Leichenbegängniß am 7. März 1896 gestaltete sich zu einer großartigen Trauerkundgebung. Der „Beobachter“ nannte ihn den „größten Pfälzer“ und der Bürgermeister der Stadt Deidesheim [720] Dr. Siben beklagte am Grabe den Verlust des „größten und besten Bürgers“.

Nachruf von Prof. Dr. v. Marquardsen in Erlangen, Biographisches Jahrbuch von Dr. A. Bettelheim 1897, I, S. 49–53* und S. 220. – Die „Zeitbilder“ in Kaiserslautern von 1896, Nr. 8. – Das „Bayerland“ in München von 1896, Nr. 33. – Die Wochenschrift „Weinbau und Weinhandel“ in Mainz vom 14. März 1896, Nr. 11. – Der „Weinmarkt“ in Trier von 1896. – Das Pfälzische Memorabile von Pfarrer Schiller in Westheim, 1878, VII, S. 83. – Mittheilungen des Reichsrathes Dr. Eugen v. Buhl in Deidesheim und der Frau Major Johanna v. Landwüst geb. Buhl in Ettlingen.

[715] *) Zu Bd. XLVII, S. 339.