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ADB:Clemens August

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Artikel „Clemens August, Erzbischof und Kurfürst von Köln“ von Leonhard Ennen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 302–309, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Clemens_August&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 10:12 Uhr UTC)
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Clemens August, Erzbischof und Kurfürst von Köln, Sohn des baierischen Kurfürsten Maximilian Emanuel, geb. 16. Aug. 1700, † 1761, bestieg den Kölner Kurstuhl 1723. Auf Veranlassung seines Oheims, des Kölner Kurfürsten Joseph Clemens, hatte er sich im Alter von 15 Jahren nach Rom begeben, um unter Aufsicht und persönlicher Leitung des Papstes Clemens IX. seine Studien zu machen. Ein vierjähriger Aufenthalt in der ewigen Stadt, während dessen er sich gute Kenntnisse im Kirchenrecht und in den philosophischen Wissenschaften erwarb, reichte hin, um den Papst zu überzeugen, daß das Wohl der rheinischen Kirche hinreichend sichergestellt sei, wenn mehrere niederrheinische Stifter, auch gegen die bestehenden canonischen Vorschriften, in den Händen dieses bairischen Prinzen vereinigt würden. So konnte es C. A. gelingen, vor und nach einen Complex von Hochstiftern in seiner Hand zu vereinen, wie er bis dahin noch nie unter einem geistlichen Regenten gewesen. Am 21. März 1719 wurde er zum Bischof von Paderborn, am 26. März desselben Jahres zum Bischof von Münster, am 9. Mai 1722 zum Coadjutor von Köln erwählt, am 12. Nov. 1723 bestieg er den Kurstuhl, am 8. Febr. 1724 erkor ihn das Domcapitel von Hildesheim zum Bischof, und am 30. September desselben Jahres das von Lüttich zum Dompropst. Am 4. Nov. 1728 wurde er Bischof von Osnabrück. C. A. machte sich auch sogar Hoffnung auf den Kurstuhl von Mainz; diesem Gedanken entsagte er aber, sobald er zur Ueberzeugung gekommen war, daß nicht füglich zwei Kurhüte auf einem Kopfe sitzen könnten. Dafür wurde ihm aber mit Hülfe des Kaisers die Großmeisterwürde des Deutschordens zu Theil. Es dauerte nach dem Tode des Kölner Erzbischofs Joseph Clemens wol noch anderthalb Jahre, ehe C. A. förmlich vom Kurstaate Besitz nahm. In Begleitung seines Bruders Theodor, Bischofs von Regensburg, langte C. A. am 15. Mai 1725 in feierlichem Aufzuge zu Bonn ab. Wie er dem Papste versprochen, wollte er sich vor Uebernahme der kölnischen Verwaltung zum Priester ordiniren lassen. Er erhielt die Priesterweihe am 4. März 1725 in der Hofcapelle des baierischen Schlosses Schwaben. Noch zwei Jahre dauerte es, ehe er sich zum Bischof consecriren ließ. Papst Benedict XIII. hatte versprochen, diese heilige Handlung selbst vorzunehmen, unter großer Feierlichkeit geschah es am 9. Nov. 1727 im Dominicanerkloster Madonna bella Guerzia bei Viterbo. Kaum hatte C. A. die Regierung des Kurstaates übernommen, als schon sofort die französische Staatsklugheit ihre Schlingen nach dem arglosen, unerfahrenen Fürsten auswarf. In einem artigen Anschreiben wurde er auf Veranlassung des französischen Ministeriums durch seinen Pariser Residenten v. Waldow um ein freundschaftliches Anschließen an die französische Politik angegangen. In Wien wurde des Kölners freundschaftliche Stellung zum französischen Hofe übel vermerkt. Das kaiserliche Ministerium ließ es sich ernstlich angelegen sein, diese französischen Sympathien zu ersticken, aber wenigstens zu paralysiren. Alles bot man auf, um C. A. zum Beitritt zu der am 30. April 1725 zwischen Oesterreich und Spanien geschlossenen Offensiv- und Defensivallianz zu veranlassen. Hauptzweck dieses Bündnisses [303] war gegenseitige Garantie der beiderseitigen Gebiete, sowie die Gewährleistung der sogenannten pragmatischen Sanction. C. A., wie auch sein Bruder Karl Albert von Baiern willfahrten dem Wunsche des Kaisers, traten dem Wiener Vertrage bei und schlossen am 1. Sept. 1726 ein Schutzbündniß mit dem Kaiser. Es lag im Interesse Frankreichs, dem Wiener Bündnisse ein anderes entgegen zu stellen, welches in den europäischen Angelegenheiten den schwer bedrohten Einfluß der französischen Politik aufrecht zu erhalten im Stande sei. Auf dem Lustschlosse Herrenhausen bei Hannover wurde am 3. September zwischen Frankreich, England und Preußen ein solches geschlossen. Um den Kölner Kurfürsten für dieses Bündniß zu gewinnen, sandte der König von Frankreich im August 1728 den Herrn v. Buissieux als außerordentlichen Gesandten an den Hof nach Bonn. Bei den bedenklichen Aussichten, wie sie sich bei dem Tode des Polenkönigs August II., Kurfürsten von Sachsen, gestalteten, konnte ein freundschaftliches Verhältniß des Kölner Kurfürsten zum deutschen Kaiser dem Könige von Frankreich nicht gleichgültig sein. Am 10. Oct. 1733 erklärte König Ludwig dem Kaiser den Krieg unter dem Vorgeben, „um die Beleidigungen zu rächen, welche er in der Person seines Schwiegervaters Leszinki erfahren habe“, in der That aber, um Gelegenheit zur Besitznahme von Lothringen zu finden. Zu dieser Zeit hatte sich Baiern schon ganz an die französische Krone verkauft. Es war hierbei von der Hoffnung geleitet worden, sich eine kräftige Stütze zur Geltendmachung seiner Ansprüche auf einen Theil der österreichischen Erblande zu sichern. Karl Albert hatte richtig erkannt, daß ihm zur Verwirklichung seiner hochgehenden Plane und zur Erfüllung seiner Erbansprüche von keiner andern Seite Hülfe kommen konnte, als von dem alten Nebenbuhler Oesterreichs. Die Freundschaft mit Karl Albert suchte nun der König von Frankreich zu benutzen, um auch den Kölner Kurfürsten an die französischen Interessen zu fesseln. Bevor dieses Ziel erreicht werden konnte, mußte erst Plettenberg, der noch vor kurzem vom Kaiser mit dem Orden des goldenen Vließes ausgezeichnet worden war, in Ungnade gebracht werden. Diesen Zweck erreichten baierische Worte und französisches Geld. Nach der Entfernung Plettenberg’s war am Bonner Hofe den französisch-baierisch-pfälzischen Plänen leichtes Spiel geboten, zumal der Kurfürst selbst sich um die eigentlichen Staatsangelegenheiten nur in soweit kümmerte, als sie unmittelbar seine Bau- und Jagdlust oder seinen Diensteifer für Freunde und Günstlinge berührten. Der baierische Gesandte, Fürst Grimberghen, wußte sich nun mit leichter Mühe ein Document zu verschaffen, welches ihn im Namen des Kölner Kurfürsten bevollmächtigte, mit dem Könige von Frankreich, als Garanten des westfälischen Friedens, ein Bündniß abzuschließen, „wie ein solches dem Interesse des Reiches und dem Vortheile der kurfürstlichen Gebiete am meisten fördersam sein möchte“. Am 10. Jan. 1734 kam wirklich ein Freundschaftsbündniß zwischen Frankreich und Kurköln zu Stande. Die Dauer dieses Vertrages wurde auf fünf Jahre festgesetzt. In den angefügten geheimen Artikeln sicherte der König dem Kurfürsten eine jährliche Subsidie von 300000 Florin zu, wofür letzterer ein Truppencorps von mindestens 10000 Mann auf die Beine stellen und in allen gemeinen wie besonderen Versammlungen des Reiches die französischen Interessen innerhalb der Grenzen der Reichsconstitutionen vertreten zu wollen zusagte. Auf dem Reichstage gewann die Partei, welche den Hochmuth Frankreichs durch einen Reichskrieg gebrochen zu sehen wünschte, das Uebergewicht. Am 13. März 1734 erfolgte die Kriegserklärung „wegen des von den Königen von Frankreich und Sardinien ungerechter, leichtsinniger und meineidiger Weise gebrochenen Friedens“. Volle drei Monate dauerte es aber, ehe 30000 Mann schlecht geschulter Truppen zusammen gebracht werden konnten. Den französischen Truppen gelang [304] es, ohne sonderliche Mühe auf der ganzen Linie vom Oberrhein hinunter, die Mosel entlang bis in die niederrheinischen Gebiete rasch bedeutende Vortheile zu gewinnen. Der Brandenburger Kurfürst, der sich entschlossen hatte mit seiner Macht für die Interessen des Reiches einzutreten, ließ seine Truppen beim Beginn des Winters in die rechtsrheinischen Gebiete des Kurfürsten C. A. einrücken. König Ludwig benutzte die Bedrängniß des C. A., um diesen Fürsten immer tiefer in das Gewebe seiner Politik zu verstricken. Vorzüglich war es die österreichische Erbfolgefrage, worauf sich die Aufmerksamkeit des französischen Cabinetes mit immer klarerer Färbung zu richten begann. Im Kurfürsten von Baiern sollte dem habsburgischen Hause ein Widersacher entgegen gestellt werden, der die Macht Oesterreichs zu sprengen im Stande wäre. C. A. versprach, im Falle der Kaiser ohne männliche Nachkommen sterbe, seinen Bruder Karl Albert in seinen Ansprüchen auf die österreichischen Erblande zu unterstützen und jede Beihülfe zur Erlangung der deutschen Königswürde zu leisten. Kaiser Karl VI. starb am 20. Oct. 1740; seine Tochter Maria Theresia trat sofort die Regierung der österreichischen Gesammtmonarchie an. Hiergegen ließ der bairische Kurfürst Karl Albert, der die pragmatische Sanction nicht anerkannt, sondern sich seine Ansprüche auf einen Theil der österreichischen Erblande gewahrt hatte, in Wien durch seinen Gesandten Verwahrung einlegen. Durch das Bündniß, welches C. A. am 3. Mai 1740 mit dem Könige von Frankreich abschloß, sollten Karl Alberts Plane ihrem Ziele zugeführt werden. Von Tag zu Tag sah C. A. den Stern seines Bruders sich höher heben.

Bei solch günstigen Aussichten für die von Frankreich in die Hand genommene baierische Sache ließ C. A. sich bereden, sein Freundschaftsbündniß mit Frankreich zu einem eigentlichen Offensiv- und Defensivtractate umzugestalten. Der Vertrag vom 3. Mai 1740 mit den ausbedungenen 300000 Florin Subsidien wurde hierdurch erneuert, zugleich aber noch als geheim zu haltender Artikel hinzugefügt, daß C. A. sich verpflichte, 10000 Mann zu gemeinsamem und einheitlichem Handeln mit dem französischen Könige zu unterhalten, wofür er 10000 Gulden monatlicher Subsidien erhalten solle. Land und Stände seufzten und klagten über die unerträglichen Lasten und Winterquartiere. Das hinderte C. A. aber nicht, fabelhafte Summen an seine Flitter- und Putzsachen, Tressen, Equipagen und Kirchenornamente zu verschwenden, um bei den bevorstehenden Wahl- und Krönungsfeierlichkeiten in Frankfurt allen seinen Mitkurfürsten an äußerem Pomp den Rang abzulaufen. Am 24. Januar war die Wahl. Die Kurfürsten von Mainz und von Köln waren die einzigen, die persönlich sich eingefunden hatten. Karl VII. begann in Frankfurt sich in seiner Kaiserlichkeit zu sonnen, als schon die siegreichen Oesterreicher sich fast des ganzen Kurfürstenthums Baiern bemächtigt hatten und in Sturmmärschen auf die Hauptstadt München loszogen. C. A. kehrte Ende März nach Bonn zurück. Alle Nachrichten, mochten sie kommen aus den Cabinetten oder vom Kriegsschauplatze, waren nur zu geeignet, um des Kurfürsten Bedenken, länger auf der Seite seines Bruders und des Königs von Frankreich auszuharren, noch mehr zu steigern. Aus dem Lager nur Unglück, Unverträglichkeit der Feldherren und entmuthigende Nachrichten der mannigfachsten Art. Die geringen Hoffnungen, die hin und wieder noch einmal der baierisch-französischen Sache aufleuchteten, waren nicht im Stande, dem Kölner Kurfürsten die geringste Zuversicht zu einer günstigen Entscheidung der kaiserlichen Angelegenheit zu geben. Und die feindliche Armee, welche sich in einer Zahl von etwa 50000 Mann Engländer, Hannoveraner, Hessen und Oesterreicher in den österreichischen Niederlanden zusammenzog, in der Absicht, den Kaiser und die Franzosen in ihren Stellungen aufzusuchen und mit Gewalt von einander zu trennen, war wenig geeignet, der Sache des [305] Kaisers Karl VII. einen günstigen Erfolg in Aussicht zu stellen. Auch die Republik Holland, wo die kriegerische Partei die Oberhand gewonnen hatte, machte Anstalten, sich mit einem starken Truppencorps dieser Bewegung gegen Frankreich und alle französischen Bundesgenossen anzuschließen. C. A. sah mit Angst und Schrecken die Aufstellung dieser gewaltigen Heeresmassen an seiner Grenze. Freudig nahm er von der Königin von Ungarn die Zusicherungen, daß seine Gebiete wie neutrales Land sollten behandelt werden. Im Monat Februar brachen die Truppen aus ihren Winterquartieren auf; die Hannoveraner aus dem Lüttich’schen und Brabant, die Engländer aus Flandern, die Hessen aus Brabant. An der Spitze der Armee stand von österreichischer Seite der muthige, kriegsgeübte Herzog Leopold Philipp von Aremberg, und von englischer Lord John Stair. Die Aufforderung, sich den Verbündeten anzuschließen, beantwortetete C. A. mit der Erklärung, daß er fest entschlossen sei, strenge Neutralität zu behaupten. Dieses Vorgeben hielt ihn aber nicht ab, schon am 27. April, den Tag nachher, als Frankreich an Oesterreich den Krieg erklärte, in London mit dem Könige von England einen Vertrag auf vier Jahre zu unterzeichnen, wonach er sich verpflichtete, gegen eine jährliche Subsidie von 24000 Pfund Sterling 6000 Fußsoldaten und 500 Reiter zum Dienste der englischen Krone bereit zu halten. In einem geheimen Artikel sagte er den englischen und alliirten Truppen freien Durchzug und in seinen Gebieten Winterquartiere bis 1200 Mann zu. Auch Mainz und Kursachsen verstanden sich zum Abschluß ähnlicher Verträge, die als Zutrittserklärungen zu dem zwischen England, Oesterreich, Holland und Sardinien am 29. Sept. 1743 geschlossenen Tractat anzusehen sind. Köln, Mainz und Sachsen waren es vorzüglich, welche den großen Plan des preußischen Königs Friedrich, durch eine starke Neutralitäts-Reichsarmee den Streit zwischen Baiern und Oesterreich zu schlichten und ganz Deutschland in ein vorwiegend protestantisch-preußisches und ein katholisch-österreichisches zu theilen, vereitelten. König Ludwig gerieth ob des zwischen C. A. und England geschlossenen Vertrages in große Besorgniß. Auf die desfalls gemachten Vorstellungen erhielt der französische Gesandte die Antwort, das fragliche Bündniß sei nur in der Absicht geschlossen worden, den Frieden möglichst rasch zu vermitteln. Solche Erklärung vermochte keineswegs den König Ludwig von seiner Besorgniß vor der Stellung des Kölner Kurfürsten zu beruhigen. Vom Freiburger Lager aus setzte er seine Bemühungen, den C. A. vom englisch-österreichischen Bündnisse abzubringen, eifrigst fort. Vergeblich hatte man es bis dahin mit Diplomaten und Weibern versucht. Man gerieth jetzt auf den Gedanken, sich in dieser Sache der angebotenen Dienste eines verschlagenen Juden zu bedienen. Assur Mayer war der Name des neuen politischen Agenten. Doch dieser semitische Diplomat war nicht im Stande, sein Versprechen zu erfüllen. Mayer wurde nun von Abbé Aunillon abgelöst. Aber das Terrain seiner Wirksamkeit hatten schon die Feinde ganz eingenommen; alles hatte sich an die Gegenpartei verkauft. Der Fürst war schon so in die antifranzösischen Interessen verstrickt, daß an ein Loskommen nicht zu denken war. Nur schöne Worte konnte Aunillon erlangen. Als die französische Armee im Frühjahr 1744 nach Hannover vordrang, verweigerte C. A. den Truppen freien Durchzug durch seine Gebiete. Er ging soweit in seiner Feindseligkeit gegen den König von Frankreich und seinen kaiserlichen Bruder, daß er sich entschloß, seinen Truppen zu befehlen, daß sie im Verein mit der hannoverschen Armee und den westfälischen Kreistruppen den Franzosen den Weg versperren sollten. Noch war man im Unklaren, wohin die feindlichen Armeen ihren Zug nehmen und wo sie auf einander stoßen würden, als derjenige, um dessentwillen angeblich all die gewaltigen Kriegsanstrengungen seit vier vollen Jahren gemacht worden waren, und [306] der in all den Wirren, die für und gegen sein Interesse sich bewegten, eine so klägliche Rolle gespielt, das Zeitliche segnete. Karl VII. starb, obwol schon längst körperlich wie geistig zerrüttet, am 20. Jan. 1745 dennoch unerwartet an zurückgetretener Fußgicht.

An des Kaisers schwache Person hatte der König von Frankreich den Gedanken der Losreißung des deutschen Kaiserthums vom Hause Habsburg geknüpft. Er war nicht gesonnen, mit Karls Tode diesen Hauptzweck seiner verderblichen Politik aufzugeben. Für den Kaiserthron nahm er gegen den Großherzog von Toscana den Kurfürsten von Sachsen in Aussicht. Für diesen Gedanken sollte auch der Kölner Kurfürst gewonnen werden. Aber am 22. April 1745 wurde der definitive Friede zu Füssen zwischen Oesterreich und Baiern unterzeichnet. Maximilian Joseph entsagte hierin den Ansprüchen, die vier Jahre lang die Welt in so große Bewegung gesetzt, gewährleistete die pragmatische Sanction und sicherte dem Großherzog von Toscana seine Stimme zur Kaiserwürde zu. Dagegen erkannte Maria Theresia des verstorbenen Karl Albert kaiserliche Würde an und gab ohne Entschädigung an Baiern zurück, was sie von diesem Kurfürstenthum mit ihrer Kriegsmacht weggenommen hatte. Auch von C. A. hieß es, daß er sich zur Anerkennung der böhmischen Stimme und zur Wahl des Großherzogs von Toscana verpflichtet habe. Diese Kunde erregte am französischen Hofe großes Aufsehen. Boten auf Boten wurden nach Bonn gesandt, um hier noch zu retten, was zu retten sei. Alle Künste der Ueberredung und alle Mittel der Bestechung sollten aufgeboten werden, um den Kurfürsten zu bewegen, seine Stimme dem Großherzog wieder zu entfremden. Doch alle Mühe war vergeblich. Gegen Ende Juni wurde ein Vertrauter des Kurfürsten, der Baron v. Roll, mit geheimem Auftrage nach Wien gesandt, um der Königin von Ungarn zu melden, daß C. A. entschlossen sei, die Reactivirung der böhmischen Wahlstimme anzuerkennen und sich für die Wahl des Großherzogs von Toscana zu verpflichten. Unter dem Schutz der österreichischen Waffen begannen in Frankfurt die Wahlverhandlungen. Am 13. Sept. war die Wahl des Großherzogs Franz und am 4. Oct. fand die Krönung statt. Es war keine gute Vorbedeutung für eine lange Dauer seiner Freundschaft mit dem österreichischen Hause, daß C. A. ohne alle Anzeige und ohne förmlichen Abschied am 18. Oct. nächtlicher Weile von Frankfurt nach Bonn abreiste. Durch glänzende Versprechungen und reiche Geschenke wurden am Bonner Hofe die einflußreichsten Räthe durch den Abbé Aunillon für die französischen Interessen gewonnen. Alles, was in politischer Beziehung in Bonn beschlossen und vorgenommen wurde, trug unverkennbare Zeichen offener Feindseligkeit gegen Oesterreich an sich. Jede Requisition des österreichischen Ministeriums um freien Durchzug für österreichische Truppen nach den Niederlanden wurde vom Kurfürsten rundweg abgeschlagen, ebenso der Durchgang von Getreide, Munition und anderen Armeebedürfnissen. Die kurkölnischen Gesandten, v. Karg in Regensburg und Fumetti in Frankfurt, wurden angewiesen, nur für Beobachtung der strengsten Neutralität zu stimmen und mit allen Mitteln sich der allgemeinen Reichsbewaffnung zu widersetzen. C. A. ließ sich immer tiefer in die französischen Intriguen verwickeln. Aunillon verstand es, bei ihm allmählich jedes Bedenken gegen ein neues Bündnis mit Frankreich zu überwinden. Eine gute Stütze hatte derselbe an Tilly, einem französischen Brigadier. Dieser brachte die Sache mit dem Herrn v. Metternich, der den Grafen von Hohenzollern in der Gunst des Kurfürsten ausgestochen hatte, zu Stande. Am 4. Juli wurde das Document zu Poppelsdorf von Tilly und Wilh. v. Metternich unterzeichnet. Der Kurfürst versprach hiernach, treue Freundschaft mit dem Könige von Frankreich zu halten, strenge Neutralität in dem schwebenden Krieg zu beobachten und mit allen [307] Mitteln die Erklärung des Reichskrieges hintertreiben zu wollen. Hierfür wurden ihm von französischer Seite monatlich 20000 Florin Subsidien zugesichert. Doch dieses Bündniß wurde bald gegenstandlos. Allseitig gab sich das Verlangen nach Beendigung der trostlosen Kriegswirren kund, und es gelang endlich, den blutigen Kämpfen durch den Friedensschluß, der im October 1748 zu Aachen unterzeichnet wurde, ein Ziel zu setzen.

Nach dem Abschluß des Aachener Friedens begannen am Bonner Hofe die einander bekämpfenden Parteien, die französische und die österreichische, wieder ihr altes Spiel. Die französische Partei verstand es, jedem ihr feindseligen Einfluß mit Erfolg entgegen zu arbeiten. Der Baron von der Asseburg brachte es dahin, daß am 1. März ein Vertrag zwischen Frankreich und Kurköln auf vier Jahre abgeschlossen wurde, wonach C. A. sich verpflichtete, in allem die Interessen der französischen Krone zu vertheidigen. Der Triumph der französischen Partei schien nicht vollständig, so lange der Finanzminister Metternich nicht von seinem Posten entfernt war. C. A. wollte sich aber zu nichts weiter verstehen, als daß er dem Herrn v. Metternich seine Gunst entzog und alle wichtigeren Staatsgeschäfte verheimlichte. Als König Ludwig in Bonn wieder alles nach seinem Sinn und Willen in guten Gang gebracht hatte, schien es ihm ein Leichtes, von hier aus seine weiteren Pläne gegen England und Oesterreich ins Werk zu setzen. Vom Bonner Hofe sollte das Netz wieder ausgeworfen werden, vermittelst dessen die kleineren Fürsten ganz nach seinem Interesse gelenkt werden sollten. Auf des Kurfürsten politisches Verhalten blieb die plötzlich veränderte Politik des österreichischen Cabinetes nicht ohne Einfluß. Kaunitz kannte den Charakter des Kurfürsten zu gut, als daß er sich nicht überzeugt gehalten hätte, C. A. werde, sobald der gewaltige Umschwung in der französischen und österreichischen Politik als vollendete Thatsache bekannt werde, mit England brechen und sein Schicksal an die Stellung Oesterreichs und Frankreichs knüpfen. Er täuschte sich nicht. C. A. schloß sich der Coalition Oesterreich-Frankreich an und versprach, seine Truppen dem französischen Könige zur Verfügung stellen und jeder Requisition sofort Folge geben zu wollen, wenn der König ihm nur zusichere, daß die kurfürstlichen Gebiete von allen Kriegslasten verschont bleiben sollten. Dieses Versprechen wurde gegeben, aber schlecht gehalten. Es dauerte nicht lange, so war das ganze Kölner Kurfürstenthum von französischen Truppen überschwemmt. C. A. fühlte es bitter, daß er das Opfer seiner charakterlosen Politik geworden war und sich an jedem freien Handeln im eigenen Lande behindert sah, seitdem er sich selbst als französischen Vasallen und sein Gebiet als französische Provinz der Krone Frankreich dienstbar gemacht hatte. Auch die Reichsstadt Köln hatte französischen Truppen ihre Thore öffnen müssen. Hierhin wie nach Jülich und Düsseldorf legten die Franzosen Besatzungen und sie machten diese Städte zu ihren Waffenplätzen. Als C. A. sah, daß der französische Commandant es bei leeren Versprechungen bewenden ließ und keine Sorge für Abstellung seiner gerechten Beschwerden und Beseitigung der empörenden Bedrückung trug, öffnete er in seiner Mißstimmung sein Ohr wieder den Rathschlägen, Versprechungen und Anerbietungen der englischen Agenten; er zeigte nicht geringe Lust, durch offenen Anschluß an das englisch-preußische Bündnis seine Gebiete von den unerträglichen Kriegslasten zu befreien. Die Freunde Englands fanden eine willkommene Unterstützung beim Finanzdirector Falkenburg, dem Minister Kaspar Anton v. Belderbusch, dem Kammerherrn v. Nagel, dem Kanzler v. Raesfeld, dem geistlichen Rathe v. Scampar. Es gelang aber dem französischen Gesandten, den Kanzler Raesfeld wieder der englischen Partei zu entfremden und den Kurfürsten durch den Einfluß dieses Herrn beim französischen Bündnis zu halten. Das Elend der kurfürstlichen Gebiete [308] blieb aber dauernd dasselbe. Die Noth war am kurfürstlichen Hofe wirklich außerordentlich. Die gewöhnlichsten Bedürfnisse der Hofhaltung konnten nicht mehr bezahlt werden; die Cassen, woraus die Beamten, Bedienten und Soldaten besoldet werden sollten, waren leer; die kurfürstlichen Einkünfte und Gefälle, die immer spärlicher flossen, und die aus Frankreich kommenden Subsidienraten waren nicht zureichend, um die nothwendigsten Bedürfnisse zu befriedigen, die dringendsten Posten zu decken und die lautesten Schreier zufrieden zu stellen. Alle Bemühungen, bei einzelnen Städten, Corporationen oder Kaufherren eine Anleihe aufzunehmen, blieben vergeblich. C. A. blieb in der Geldverlegenheit, bis es ihm gegen Ende Januar glückte, in Holland eine erkleckliche Summe leihweise aufzunehmen. Es freute ihn, mit diesen Geldern die Mittel erhalten zu haben, jetzt endlich eine schon längst projectirte Reise nach München auszuführen und am Hofe seines Vetters die Drangsale der Kölner und westfälischen Lande vergessen zu können. Ohne im geringsten auf eine heftige Erkältung zu achten, reiste er am 5. Febr. von Bonn ab, nachdem er die Armen noch mit 30 Carolinen beschenkt hatte. In Ehrenbreitstein nahm die Erkältung plötzlich eine gefährliche Wendung; sie war die Ursache, daß ein langjähriges organisches Herzleiden seinem Leben ein zu frühes Ziel setzte; schon am Abend des 6. Febr. starb er mit ruhiger Ergebenheit. Die Sterbesacramente empfing er aus der Hand des Kurfürsten von Trier. In seinem Testamente, welches er auf dem Sterbelager errichtete und zu dessen Executoren er den Domdechanten Grafen v. Königseck und den Oberhofmeister Grafen v. Hohenzollern ernannte, setzte er als Universalerben seinen Nachfolger auf dem Kurstuhl und die kurkölnische Hofkammer ein. Die Rechtsbeständigkeit des Testaments wurde von dem baierischen Kurfürsten Maximilian Joseph angefochten, jedoch vom Reichskammergericht in Wetzlar unter dem 23. Jan. 1767 bestätigt. Die moralische Haltung des C. A. war die eines großen Herrn seiner Zeit; er war nicht besser und nicht schlechter als die meisten Bischöfe des vorigen Jahrhunderts. Wenn er der Welt und ihren Lüsten zu viel, der Religion und ihren moralischen Geboten zu wenig gab, so trug hiervon nicht Gottvergessenheit, sondern der Geist der damaligen Zeit die Schuld. Manche Thatsache, welche beweist, daß er neben einem christlich-gläubigen Sinne ein warm fühlendes Herz für die Leiden seiner Unterthanen hatte, mildert das Urtheil, welches man über seinen Leichtsinn und seine Ueppigkeit zu fällen geneigt ist. Er war ein überaus prachtliebender Fürst. Rheinland und Westfalen zeigen noch jetzt manchen Bau, der seine Entstehung der Baulust und Prachtliebe des Kurfürsten C. A. verdankt. Eigens für die Freuden der Jagd baute er im Kottenforst das jetzt gänzlich verschwundene Schloß „Herzogsfreude“, auch Röttgen genannt, das für die Reiherbeitze bestimmte, am Ende des Brühler Parkes gelegene Schlößchen „Falkenlust“, für die Entenjagd das bei Berzdorf gelegene Schlößchen „Entenfang“ und im Emslande das schöne Jagdschloß „Clemenswerth“. Von andern Bauten, die er ohne ängstliche Rücksicht auf seine Geldmittel meist im Stile seiner Zeit aufrichten ließ, nennen wir das jetzige Bonner Rathhaus, dessen Vollendung er jedoch nicht erlebte; dann das herrliche Coblenzer Thor, welches er durch eine lange Gallerie mit dem Hauptschloß in Verbindung brachte. Mit besonderm Eifer setzte er den von seinem Oheim Joseph Clemens begonnenen Bau des kurfürstlichen Residenzschlosses in Bonn fort. In Poppelsdorf schuf er den von Joseph Clemens angelegten „Clemenshof“ in das freundliche Schlößchen „Clemensruh“ um und verlieh demselben einen besondern Reiz durch den kunstreichen Grottensaal und die prachtvollen Wasserkünste. Vor dem Coblenzer Thor baute er das niedliche Schlößchen „Vinea domini“, in Brühl die prachtvolle „Augustenburg“ mit ihrem herrlichen Park und Gartenanlagen, in Arnsberg und Paderborn die neuen [309] Residenzschlösser. Für all diese kostspieligen Liebhabereien reichten seine regelmäßigen sich beiläufig auf eine Million Rthlr. belaufenden Einkünfte bei weitem nicht hin. Darum kamen ihm die auswärtigen Subsidien gut zu Statten. An solchen außerordentlichen Unterstützungen hat er von Frankreich, Oesterreich und den Seestaaten im ganzen zum Wenigsten 14 Millionen Franken bezogen; von Frankreich allein in den letzten 10 Jahren seines Lebens 7 Millionen 300000; 1728 erhielt er von der Republik Holland für den Bau des Clemenscanals 76000 Rthlr.

Theatrum Europaeum. – Faber, Staatskanzlei. – Majlath, Oesterr. Geschichte. – Häusser, Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs d. Gr. an. – Ennen, Frankreich und der Niederrhein. – Acten des Archivs des Ministeriums der ausw. Angel. in Paris.