ADB:Dürre, Hermann
[213] Oberlehrer befördert. In den Jahren 1857–62 hielt er auch am Collegium Carolinum Vorlesungen über griechische und lateinische Schriftsteller. Zu Michaelis 1870 wurde er zum Gymnasialdirector in Holzminden ernannt, Ostern 1882 aber in gleicher Eigenschaft nach Wolfenbüttel versetzt. Hier wirkte er bis Neujahr 1889, wo er unter Verleihung des Titels „Schulrath“ pensionirt wurde. Ostern 1890 zog er nach Braunschweig und hier ist er am 11. December 1893 gestorben. Seine Frau Johanne Sophie Wilhelmine Schuhard, die er am 24. März 1850 heimgeführt hatte, war ihm schon am 27. März 1885 im Tode vorausgegangen.
Dürre: Hermann Christian August Konrad D., Geschichtsforscher, † 1893, wurde am 18. Januar 1819 zu Braunschweig geboren, wo sein Vater Johann Christian Theod. D. das Gewerbe eines Bier- und Essigbrauers betrieb; seine Mutter Charl. Elisabeth Henriette war eine geborene Dreyer. Dem Wunsche des Vaters gemäß studirte der Sohn, nachdem er das Pro- und Obergymnasium seiner Vaterstadt durchgemacht hatte, seit 1838 in Göttingen Theologie, doch zogen ihn mehr die Philologie und Geschichte an, zu deren Studium er Michaelis 1839 ganz überging. Ostern 1840 begab er sich auf ein Jahr nach Leipzig und im April 1842 bestand er in Braunschweig das Staatsexamen. Unterm 16. April 1846 wurde er als Collaborator am Gesammtgymnasium in Braunschweig angestellt und 1854 zumDie erste Anregung zu Studien in der heimischen Geschichte erhielt D. bald nach seiner Rückkehr von der Universität durch den Stadtdirector Wilh. Bode (s. A. D. B. III, 2 f.), dem er bei Ordnung der städtischen Bibliothek, sowie des Archives behülflich war. Die erste litterarische Frucht dieser Arbeiten war seine Abhandlung „De Ungarorum incursionibus saec. X in Saxoniae ducatum factis“, auf die er am 25. Januar 1847 in Marburg zum Doctor der Philosophie promovirte. 1858 begann er seine Forschungen im Herzogl. Landeshauptarchive zu Wolfenbüttel, die er bis an sein Lebensende unermüdlich fortsetzte. Anfangs stand die Stadt Braunschweig, deren Geschichte im Mittelalter er 1861 herausgab, im Mittelpunkte seiner Studien. In Holzminden bildeten namentlich die Weserlande das Gebiet seiner Forschungen. Veröffentlicht hat er außer einigen Aufsätzen über verschiedene Klöster besonders familiengeschichtliche Arbeiten, von denen seine „Regesten des Geschlechtes von Wallmoden“ (Wolfenbüttel 1892) die bedeutendste ist. Das Hauptergebniß seines rastlosen Fleißes blieb aber ungedruckt. Es besteht in den von ihm gesammelten Urkundenregesten, für die er außer dem Wolfenbüttler und Braunschweiger Archive auch andere benutzte, und in den daraus zusammengestellten umfangreichen Registern über die Geistlichkeit, den höheren und niederen Adel, die Raths- und Bürgerfamilien der Städte, die Ortschaften und Wüstungen des Herzogthums Braunschweig und seiner Nachbargebiete. Schon bei seinen Lebzeiten traf er Fürsorge, daß dieses ganze Material, das 138 z. Th. starke Bände und Convolute umfaßt, im Archive zu Wolfenbüttel sicher geborgen würde, wo es jetzt ein werthvolles, von zahlreichen Forschern dankbar benutztes Hülfsmittel bildet. Es wird hier das Andenken an den liebenswürdigen, stets hülfsbereiten Gelehrten, dessen Vorzüge auf litterarischem Gebiete nicht so sehr in glänzender Darstellung, wie in ausdauerndem Sammeleifer, gründlicher Forschung und ruhigem Urtheil liegen, für lange Zeit lebendig erhalten.
- Vgl. Zeitschr. des Harzvereins f. Gesch.- u. Alterthumskunde XXVII (1894), S. 334–338. – Ein Verzeichniß seiner Schriften bei Koldewey, Verzeichniß der Directoren und Lehrer des Gymnasiums Martino-Katharineum (Braunschweig 1894), S. 19.