ADB:Bode, Wilhelm (Stadtdirektor von Braunschweig)
Karl erleichterte das fernere Geltendmachen solcher Forderungen. Als dann 1823 der Stadt ein unabhängiger Magistrat wiedergegeben war, verlangte der schon bejahrte Wilmerding erst dann 1825 seinen Abschied, nachdem er die Wahl seines Nachfolgers bei den Stadtdeputirten auf B. gelenkt und diesem die ganze noch ungelöste Aufgabe des Kampfes für die städtischen Rechte mit allen historischen Beweismitteln, worauf er sich stützen ließ, übergeben hatte. Dafür ließ denn Herzog Karl noch mehrfach B. seinen Unwillen fühlen. Aber schon bei dessen Vertreibung (7. Sept. 1830), wo einige Tage fast keine andere Autorität als die städtische Verwaltung Bestand behielt, und die Ordnung aufrecht erhalten konnte, dann aber auch bei dem Uebergange zum Regierungsantritt Herzog Wilhelms und bei Gestaltung der neuen Verhältnisse fiel B. eine bedeutende Mitwirkung zu, und dies sicherte ihm eine Stellung, in welcher er in friedlicher Unterhandlung mit der Regierung große Zugeständnisse für die Stadt erreichen konnte. Schon im August 1832 kam ein Vertrag zu Stande, nach welchem die Stadt von der Regierung Zuschüsse und Leistungen zum Betrage von jährlichen 36000 Thlrn. und die von ihr selbst auszuschreibende Communalsteuer erhalten sollte. Von da an konnten nun die vermehrten Mittel der Stadt unter Bode’s Leitung zu Reformen in allen ihren Stiftungen, besonders in ihren Lehr- und Wohlthätigkeitsanstalten verwandt werden: aus Heranziehung der Privatschulen an die städtischen ging ein alle verbindendes öffentliches Volksschulwesen unter einheitlicher Leitung für die ganze Stadt hervor; auch bei der Vereinigung der Gymnasien half B. mit; ebenso war die Ausbreitung des städtischen Archives in dem dazu eingerichteten Kreuzgange des vormaligen Franciscanerklosters Bode’s Werk. Er hat zugleich nicht unterlassen, über diese seine Thätigkeit öffentliche Rechenschaft abzulegen in Schriften zur „Uebersicht der Stadtverwaltung zu Braunschweig seit 1825“ (5 Hefte 1832–56); auch schrieb er „Beiträge zur Geschichte der [3] braunschweigischen Feudalstände“ (1843) und „Das ältere Münzwesen der Städte und Staaten Niedersachsens“ (1847). – Aber im J. 1848, wo es der Siebenzigjährige nicht mehr leicht fand, sich plötzlich herantretenden Forderungen und Neugestaltungen anzubequemen, und wo er besorgte, daß ihm statt des von ihm gewünschten hochbegabten Mitarbeiters unwillkommene Gehülfen und Nachfolger aufgenöthigt werden möchten, bat er um Versetzung in den Ruhestand und behielt nur die seit 1832 verwaltete Stelle des Präsidenten des Obersanitätscollegiums bis an seinen Tod. Desto rastloser verwandte er die ihm bis dahin noch gewährten sechs Jahre auf Vollendung einer Handschrift „Geschichte der Entwicklung des Staatslebens zwischen Weser und Elbe, unter dem Einflusse der emporgewachsenen Städte“, welche seine in 240 Foliobänden dazu vereinigten speciellen Aufzeichnungen und Urkunden, wie ein Text ausführlichen Commentaren gegenüber, zusammenhalten sollte, und welche jetzt mit diesen Bänden zur Benutzung offen stehend, dem Archive und der Bibliothek der Stadt in ihrem Neustadtrathhause übergeben ist. Ein interessantes Stück des Hauptwerkes „Geschichte des Bundes der Sachsenstädte bis zum Ende des Mittelalters“ ist im 2. Bde. der „Forschungen zur deutschen Geschichte“ gedruckt erschienen.
Bode: Wilhelm Julius Ludwig B., Stadtdirector von Braunschweig, geb. 18. Mai 1779 zu Königslutter, † zu Braunschweig 20. April 1854. Neben seinen juristischen Studien in Helmstädt und Göttingen und dann neben mehrjähriger Verwaltung richterlicher Aemter in kleinen Orten seines engern Vaterlandes hatte er so viel Bekanntschaft mit dessen Specialgeschichte erworben und diese auch durch Schriften, wie im J. 1824 über „Das Grundsteuersystem des Herzogthums Braunschweig“ und durch Abhandlungen im „Braunschweigischen Magazin“ so gut erwiesen, daß er dadurch dem braunschweigischen Stadtdirector Wilmerding als ein vorzüglich befähigter Mitstreiter bei Wiedererwerbung von Rechten und Gütern für Braunschweig erschien. Die Stadt, im Mittelalter fast zu einer freien Reichsstadt herangewachsen, war 1671 von den Herzogen von Braunschweig erobert und der wolfenbüttelschen Linie allein überlassen, und seitdem hatten diese Fürsten so unumschränkt über sie verfügt, daß von ihrer alten Unabhängigkeit fast nichts übrig geblieben und daß ihr selbst die Kunde von dem über sie verhängten Verfahren und die Möglichkeit, ihre alten Ansprüche nachzuweisen, entzogen war. In den J. 1807–1814 aber, wo die braunschweigische Regierung durch die westfälische Jérome Napoleon’s verdrängt war, setzte sich Wilmerding aus den damals nicht mehr geheim gehaltenen Acten über die alten Streitigkeiten zwischen der Stadt und der herzoglichen Regierung in Besitz der Beweismittel, um gegen die letztere die Ansprüche der ersteren auf das, was sie ihr entzogen hatte zu begründen, und die mit 1815 eintretende Zeit der vormundschaftlichen Regierung des Herzogthums und die dann folgende Regierungsweise des Herzogs