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ADB:Delius, Matthäus (Schulmann)

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Artikel „Delius, Matthäus“ von Carl Bertheau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 41–43, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Delius,_Matth%C3%A4us_(Schulmann)&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 22:49 Uhr UTC)
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Delius: Matthäus D., von 1534–1565 Rector des Johanneums in Hamburg. Er wurde 19. Juli 1520 zu Wittenberg inscribiert und zwar als Matheus Dilii de Hermested Halberstaden. dioe. Ein Ort Hermstadt ist innerhalb der Grenzen des damaligen Halberstädter Sprengels nun zwar bisher vom Unterzeichneten nicht aufzufinden gewesen; dennoch ist keinesfalls an Hermstadt bei Apolda zu denken, das nach Fulda zinste; auf das Halberstädtische weist für den Geburtsort unseres D. auch die Angabe einer alten niedersächsischen Chronik, derzufolge Aepin und D. Landsleute gewesen sind, sowie auch die Bemerkung des Ciselius in der Vorrede zu Schindler’s Lexicon Pentaglotton, der in Helmstädt schreibt und von der Familie unseres D., den er allerdings fälschlich Matthias nennt, sagt, daß sie ex hac vicinia gebürtig sei. Auch das Geburtsjahr unseres D. ist nicht bekannt; da sein ältester Sohn im J. 1523 geboren [42] ist, so können wir auch bei Annahme einer frühen Verheirathung seine Geburt doch nicht später als 1500 und müssen sie wahrscheinlich einige Jahre früher ansetzen. In Wittenberg hat er sich besonders an Melanchthon angeschlossen, der ihm auch hernach immer in enger Freundschaft verbunden blieb, wie die noch vorhandenen Briefe desselben an ihn und andere Zeugnisse beweisen. Sonst ist aus dem Wittenberger Aufenthalt unseres D. uns nur noch bekannt, daß er sich, wie schon angedeutet, dort verheirathet hat, und zwar mit einer Freundin von Melanchthon’s Frau. Ob er bis 1528 in Wittenberg geblieben ist, und falls das, in welcher Stellung er sich dort befunden hat, wissen wir nicht. Wahrscheinlich am Ende des J. 1528 ging er von Wittenberg nach Hamburg, wo er Bugenhagen traf, der seit dem 9. Oct. 1528 dort weilte. Es spricht alles dafür, daß unser D. der in einem Briefe Bugenhagen’s an Luther vom Ende October 1528 zweimal erwähnte Mattheus ist. Darf das angenommen werden, so ersehen wir aus diesem Briefe (Burkhardt, Luther’s Briefwechsel, Leipzig 1866, S. 145–148), daß Luther unserm D., als er von Wittenberg nach Hamburg reiste, einen Brief an Bugenhagen (der von Braunschweig aus nach Hamburg gekommen war) mitgegeben hat, daß Bugenhagen sich schon früher schriftlich gegenüber Melanchthon verpflichtet hatte, für D. in Hamburg sorgen zu wollen, so daß Bugenhagen in dem angeführten Briefe an Luther versichern kann, es bedürfe dessen nicht mehr, daß sie ihm den D. noch weiter empföhlen. Es gewinnt danach den Anschein, als wenn D. in Wittenberg doch nicht recht eine geeignete Stellung finden konnte. Auf Bugenhagen’s Empfehlung hin, so werden wir nun weiter uns den Zusammenhang denken dürfen, wurde D. nun also im J. 1529 in Hamburg Conrector (d. h. zweiter Lehrer) an dem neugegründeten Johanneum; hernach, als der Rector, M. Theophil Freytag, wahrscheinlich wegen seines Alters, der Schule nicht mehr vorstehen konnte, wurde D. erst im J. 1534 sein Adjunct und hernach 1536 oder 1537, als jener pensioniert wurde, sein Nachfolger (Theophil starb am 21. Dec. 1537). Nun erst scheint D. sich in Hamburg wohl gefühlt zu haben, während er vorher (1532) ernstlich daran gedacht hatte, Hamburg wieder zu verlassen. Unter seiner Leitung gelangte das Johanneum auch schnell zu großer Blüthe und bildete tüchtige Männer heran. In dem größern Kreise von Schülern und Freunden Melanchthon’s, der damals in Hamburg lebte, in welchem ein reges Leben sich fand, mag er eine angesehene Stellung eingenommen haben. Wie er und andere Genossen dieses Kreises mit Wittenberg in stetem Verkehr blieben, so reichten seine Beziehungen andererseits auch nach England hinüber. In Hamburg war er besonders befreundet mit Aepin, auf dessen Seite er auch in den bekannten Streitigkeiten stand, ohne daß dadurch seiner Freundschaft mit Melanchthon Abbruch geschah. Sind die nachweisbaren Spuren seiner Wirksamkeit auch gering, so spricht doch alles, was uns im einzelnen nach den angedeuteten Beziehungen hin aus seinem Leben bekannt ist und worauf weiter einzugehen hier zu weit führen würde, dafür, daß er in einer gesegneten Thätigkeit stand und großes Ansehn genoß. Er starb am 30. Sept. 1565 an der Pest, die auch seine Frau und mehrere Kinder dahinraffte.

Matthäus D. II., Verfasser der oft gedruckten „Libri 4 de arte iocandi“, wurde als Sohn des vorigen im J. 1523 zu Wittenberg geboren und scheint bis zu seinem frühen Tode diese Stadt nicht auf längere Zeit verlassen zu haben. Als sein Vater im October 1528 nach Hamburg ging, blieb er mit seinem wol nur wenig jüngeren Bruder wahrscheinlich in Wittenberg zurück; ob mit der Mutter oder vielleicht bei Verwandten der schon verstorbenen Mutter muß dahingestellt bleiben. Im Sommer des Jahres 1532 wurden beide dort inscribiert, – gratuito inscripti sunt – Matthaeus et Johannes Dillii Vittenbergenses, [43] fratres, wie es im Album der Universität heißt, ohne Angabe des Datums der Inscription, was bei ihrer Jugend wol mehr als eine ihrem Vater erwiesene Ehre anzusehen ist. Daß Matthäus dann hernach in Wittenberg seine theologischen Studien wahrscheinlich Ostern 1539 begann und darauf schon am 12. Aug. 1544 nach kurzer Krankheit an der Schwindsucht starb, wäre fast das einzige, was wir noch von ihm wüßten, wenn nicht Melanchthon aus seinem Nachlasse die schon erwähnte Schrift, ein längeres Gedicht „De arte iocandi“, herausgegeben hätte. Die Herausgabe dieser Schrift nämlich, die 1555 zu Wittenberg zuerst erschien und hernach mehrfach gedruckt ist, begleitete Melanchthon mit einer längeren Zuschrift an den Vater Delius’, seinen Freund, in welcher er ausführlich von den Studien, dem Charakter und der Krankheit des Sohnes spricht. Hier lernen wir den letzteren als einen besonders reich begabten, in jeder Hinsicht ausgezeichneten Jüngling kennen, der trotz seiner Jugend schon in der Theologie großes leistete und zu den schönsten Hoffnungen berechtigte. Seine übrigen Schriften seien nicht vollendet gewesen und darum auch nicht sorgsam aufbewahrt; dieses Gedicht das er zur Erholung von ernsteren theologischen Arbeiten verfaßt habe, sei das einzige, was gerettet sei. Auf den Inhalt der Verse kann hier nicht weiter eingegangen werden; in gutem, fließenden Latein geben sie eine Anweisung zu einem geistreichen und gebildeten Gespräche, in welchem ernster Inhalt und gefällige Form, auch wol in Witz und Scherz, sich verbinden.

Außer diesem seinem ältesten Sohne hatte der ältere D. noch 3 oder 4 Söhne; einen noch aus der ersten Ehe, Johannes, und 2 oder 3 aus der zweiten Ehe, Martinus, Joachim und wahrscheinlich einen jüngeren Matthäus, der wol erst nach dem Tode seines gleichnamigen ältesten Bruders geboren ward und dann dessen Namen erhielt. Johannes, den wir nur aus zwei Briefen Melanchthon’s kennen (Corpus Reff. VI, 726 und VII, 430), studirte auch zu Wittenberg und war, als Melanchthon seines Bruders Bücher „De arte iocandi“ herausgab, schon gestorben, also auch sicher keine 30 Jahre alt geworden. Martinus, geb. um 1538, studirte auch in Wittenberg, ward 1568 Prediger in Groden bei Ritzebüttel und starb daselbst 1582; er hinterließ ein „Carmen de causis mortis Christi“, zu Wittenberg 1561 in 4 erschienen. Joachim, um 1540 geboren, war seit Herbst 1561 in Wittenberg und stand später in Diensten des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig; seiner gedenkt in ehrenvoller Weise Caselius in der Vorrede zu Schindler’s Lexicon pentaglotton, in der Ausgabe Hanoviae 1612 fol., auf der ersten Seite des 4. Blattes (wo sein Vater fälschlich Matthias statt Matthäus genannt wird). Endlich Matthäus III., den Andere, z. B. Jöcher einen Sohn des jüngeren Matthäus sein lassen, was aber wenig wahrscheinlich ist, da Melanchthon an dem mehrfach gedachten Orte sicher nicht unerwähnt gelassen hätte, daß Matthäus II. verheirathet gewesen und einen Sohn hinterlassen, ward Jurist, studirte in Straßburg, übersetzte dort die Beuther’sche Fortsetzung zum Sleidan ins Lateinische und war hernach Reisegefährte des Grafen Ludwig von Hanau; als solcher soll er von Frischlin in der Vorrede zur Uebersetzung des Kallimachus sehr gelobt werden. Er scheint seine Studien sehr ausgebreitet und ein recht bewegtes Leben geführt zu haben. Im J. 1584 gab er zu Frankfurt den Anfang seiner „Meditationes de historia mundi“ heraus.

Melanchthon’s Briefe, namentlich fünf an den älteren Delius gerichtete. Molleri Cimbria literata, Tom. I. Lexikon der Hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart, Bd. 2, S. 29. Ferner eine anonyme Schrift: Die Familie Delius in Hamburg zur Zeit der Reformation, Bielefeld 1875, wahrscheinlich als Manuscript für die Familie gedruckt.