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ADB:Dietrich (Fürst von Anhalt-Dessau)

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Artikel „Dietrich, Fürst zu Anhalt“ von Ferdinand Siebigk in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 172–175, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dietrich_(F%C3%BCrst_von_Anhalt-Dessau)&oldid=- (Version vom 18. November 2024, 11:37 Uhr UTC)
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Dietrich, Prinz oder wie die Prinzen des Hauses sich früher stets schrieben, Fürst zu Anhalt, der dritte Sohn Fürst Leopolds von Anhalt-Dessau und der Fürstin Anna Luise, ward am 2. August 1702 zu Dessau geboren, † 1769, erhielt eine zwar sorgfältige, aber mehr auf Ausbildung des Körpers als des Geistes gerichtete Erziehung. Frühzeitig durch freies Leben in Wald und Flur abgehärtet und zum Ertragen körperlicher Anstrengungen geschickt gemacht, trat er bereits 1716 als Oberstlieutenant in holländische Dienste, vertauschte diese aber schon nach zwei Jahren mit den preußischen, wo er unter gleichen Rangverhältnissen eine Compagnie in seines Vaters Regimente erhielt, dessen Führung ihm bereits 1721 anvertraut wurde. 1722 zum Obersten ernannt, erhielt er 1730 ein eigenes Regiment, dessen Chef bisher Prinz Georg von Hessen-Cassel gewesen und welches in Bielefeld und Hervord in Garnison stand. Als 1734 und 1735 Prinz Eugen von Savoyen mit dem Reichsheer gegen Frankreich am Rhein zu Felde lag, wohnte der Prinz mit seinen vier Brüdern beiden Feldzügen als Freiwilliger bei und hatte so Gelegenheit, wenn auch ohne selbst ein Commando zu führen, sich vom Dienst im Felde unter dem berühmtesten Feldherrn jener Zeit durch eigene Anschauung Kenntniß zu verschaffen. Im J. 1738 wurde er zum Generalmajor ernannt. Als Friedrich d. Gr. den ersten schlesischen Krieg begann, ward auch unser Prinz mit seinem Regiment zur mobilen Armee gezogen und der Brigade des Generallieutenants v. Kalkstein zugetheilt. Mit dieser nahm er rühmlichsten Antheil an der Schlacht bei Mollwitz am 10. April 1741, erlitt aber bei einem der Angriffe der österreichischen Reiterei auf die preußischen Linien, als Dragoner des Regimentes Lichtenstein in sein Regiment einzudringen versuchten, eine so heftige Quetschung der linken Seite, daß er stets daran leidend blieb und dadurch auch eher als er selbst wünschte zum Rücktritt vom Kriegsdienste gezwungen ward. Nachdem der Prinz bei der darauf vorgenommenen Belagerung von Brieg gleichfalls thätig gewesen und sich dabei und bei mehreren anderen Gelegenheiten stets der Anerkennung Friedrichs II. zu erfreuen gehabt hatte, ward er Ende Juni beauftragt, in Grottkau mit dem österreichischen General Baron Lentulus[WS 1] ein Cartel wegen Auswechslung der beiderseitigen Gefangenen abzuschließen und manches andere zu verabreden, was mit Unterbrechungen bis zum 1. August seine Thätigkeit in Anspruch nahm. Auch hierbei wußte er so gut das Interesse seines Kriegsherrn wahrzunehmen, daß das Cartel auch in den nächsten Feldzügen erneuert ward. Nachdem der Prinz bei den nun folgenden Hin- und Hermärschen meist die Avantgarde oder den Nachtrab geführt, wurde er im October unter seinem Bruder, dem Erbprinzen Leopold Maximilian von Dessau, zur Belagerung von Neiße mit seinem Regiment commandirt und übernahm, als der Erbprinz am 19. October, dem Tage nach der Ankunft vor der Festung, mit einer Abtheilung nach Böhmen entsendet wurde, den Befehl über die Belagerung, die so kräftig betrieben ward, daß Neiße bereits am 29. durch Capitulation in den Besitz der Preußen überging. Am Tage der Besetzung, den 2. November, ernannte König Friedrich unsern Prinzen zum Generallieutenant und verlieh ihm den schwarzen Adlerorden.

Nachdem der Prinz bei der Huldigung des Königs in Breslau zugegen gewesen, erhielt er den Befehl, nach Oberschlesien, wo sein Regiment in Winterquartieren lag, zu gehen und aus den dortigen Haiden Bauhölzer, sowie Kalksteine auf der Oder zum Festungsbau nach Breslau und Brieg schaffen zu lassen. [173] Kaum damit fertig, ging ihm im Januar 1742 die Ordre zu, mit seinem Regimente zur königlichen Armee in Mähren zu stoßen; er traf am 5. Februar im königlichen Hauptquartier zu Wischau ein und blieb bei dem alsbald erfolgenden Weitermarsch des Königs um dessen Person. Am 13. Februar wurde der Prinz mit preußischen und sächsischen Truppen nebst 3000 Franzosen nach der Stadt Iglau entsendet, um den Fürsten Lobkowitz von dort zu vertreiben. Er verjagte auch mit den deutschen Truppen (die Franzosen hatten wegen plötzlichen Steigens einiger Gewässer nicht zu ihm stoßen können) den österreichischen Nachtrab aus Iglau, ließ die Sachsen als Besatzung daselbst und kehrte mit den preußischen Truppen zur Armee des Königs nach Znaim zurück. Als dieser Anfangs März erfuhr, daß eine bedeutende Anzahl ungarischer Milizen sich an der ungarisch-mährischen Grenze bei Skalitz versammelt, entsendete er unsern Prinzen mit 11 Bataillonen und 20 Escadronen unter den Generalen v. Vogt, v. Selchow, v. Pannewitz, v. Posadowski und 500 Husaren unter dem Obersten v. Ziethen um jene zu verjagen. Prinz D. wendete sich am 10. zunächst nach dem Schlosse Göding an der ungarischen Grenze und zwang die dort liegenden Milizen durch sein energisches Auftreten zur Capitulation, dann ging er über die March auf Ungarisch Skalitz, welches er vom Feinde verlassen fand, und vernichtete die dortigen Getreidevorräthe, hierauf eilte er nach Ungarisch Altenburg und zwang auch hier die Besatzung zur Ergebung. Nachdem er nun so seinen Zweck vollständig erreicht und die gesammten feindlichen Streitkräfte in jener Gegend zersprengt und gefangen genommen hatte, ging er über Meseritz nach dem königlichen Hauptquartiere zu Selowitz mit seinem Corps zurück und traf daselbst am 30. März ein. Als Friedrich II. anfangs April aus Mähren nach Böhmen zog, ließ er unsern Prinzen mit 8 Bataillonen, 17 Escadronen, wobei 2 Escadronen[WS 2] Husaren unter Oberst v. Ziethen und 800 Mann sächsische Ulanen zurück, um Olmütz und eine Linie von dieser Stadt bis nach Troppau besetzt zu halten. Hier blieb der Prinz, obwol sehr von den feindlichen Vortruppen beunruhigt, bis gegen Ende des Monats stehen, mußte dann aber aus Mangel an Fourage und weil zu befürchten stand, daß sein kleines Corps von der immer mehr sich nähernden feindlichen Hauptmacht von Schlesien abgeschnitten würde, Olmütz räumen und sich nach Troppau zurückziehen, wo er nicht unbelästigt von den feindlichen leichten Truppen am 26. April ankam und eine Stellung bis Jägerndorf einnahm. Die Oesterreicher rückten nach und beunruhigten in der nächsten Zeit die in Oberschlesien befindlichen preußischen Truppen, über welche zu Anfang Mai der Fürst von Dessau den Oberbefehl übernommen; es kam jedoch nicht zu einem ernstlichen Zusammenstoß, bis dann der am 11. Juni zu Breslau geschlossene Friede dem Kriege ein Ende machte. Prinz D. erhielt die Nachricht auf dem Marsche zum Könige nach Böhmen, zu dem er mit mehreren Regimentern beordert worden, sprach ihn am 27. selbst in Nachod und empfing die schmeichelhafteste Anerkennung seiner während des Krieges gezeigten vielfachen Thätigkeit. Er trat nun mit seinem Regimente unter dem Oberbefehle seines Bruders, des Erbprinzen Leopold Maximilian, den Rückmarsch in die Heimath an, und traf jenes am 9. August 1742 in seinen früheren Garnisonen Bielefeld und Hervord wieder ein.

Hier blieb der Prinz mit dem Regimente bis zum Ausbruche des zweiten schlesischen Kriegs stehen. Er selbst ward am 24. Juli 1744 beordert, sich am 1. August in Potsdam beim König einzufinden, und erhielt dort die Bestimmung, mit dem Corps unter General v. Marwitz, gleichsam als des letztern Adlatus, nach Oberschlesien und von da nach Mähren zur Belagerung von Olmütz zu gehen. Er begab sich daher sofort nach Breslau, traf hier den General v. Marwitz, der am 26. August mit dem Corps ausmarschirte und am 31. Neustadt erreichte, aber hier den Befehl erhielt, zwischen Troppau und Jägerndorf [174] hinter der Ottawa stehen zu bleiben. So war nun vor der Hand dem Prinzen die Hoffnung genommen, bald mit dem Feinde zusammen zu treffen, und brachten auch mehrfache schriftliche Gesuche um Versetzung zur Armee des Königs keine Veränderung, da dieser dem Prinzen schrieb, er könne ihn unmöglich vom Marwitz’schen Corps wegnehmen. Prinz D. mußte demnach hier zurückbleiben, wo es im allgemeinen wenig für ihn zu thun gab und die feindlichen leichten Truppen nur selten Störungen verursachten, bis sie denn am 3. November Jägerndorf angriffen, aber vom Prinzen selbst mit einem Verlust von etwa 100 Todten und Gefangenen zurückgeworfen wurden. Nach mehrfachen Hin- und Hermärschen ging General Marwitz am 20. October mit seinem Corps über Cosel nach Ratibor zurück, wo Prinz D. nach dem plötzlichen Tode des Generals die Führung übernahm und auf Befehl seines Vaters, des in Oberschlesien commandirenden[WS 3] Fürsten Leopold von Dessau, mit dem Corps nach Neiße marschirte, dort zur Armee des letztgedachten Feldherrn stieß und nunmehr die Führung einer Brigade übernahm. Als nun Fürst Leopold am 9. Januar 1745 aufbrach um die Oesterreicher aus Oberschlesien zu vertreiben, nahm selbstverständlich auch unser Prinz an diesem Zuge Theil und führte mehrere wichtige Aufträge mit seiner Brigade bestens aus; es kam aber zu keinem Zusammenstoße, da der Feind ohne Stand zu halten sich nach Mähren zurückzog, worauf Fürst Leopold, der bis Jägerndorf gefolgt war, am 21. Januar auf Neiße zurückging, daselbst am 23. eintraf und dort und in der Umgegend Winterquartiere bezog. Prinz D. fand sein Quartier in Hennersdorf. Nachdem der Winter für den Prinzen ziemlich ruhig vergangen war, finden wir ihn am 27. Mai im Lager bei Frankenstein wieder, wo die ganze preußische Armee versammelt worden, um den aus Böhmen heranziehenden Oesterreichern und Sachsen entgegen zu treten, und nahm König Friedrich II. zu dem Ende am Abend des 3. Juni, als seine Gegner das Gebirge passirt hatten, eine Stellung bei Striegau hinter Hügeln und einem Busche, von wo aus er am 4. zuerst die den linken Flügel bildenden Sachsen unter dem Herzoge von Weißenfels und sodann den rechten, österreichischen Flügel unter dem Prinzen Karl von Lothringen gänzlich schlug. Prinz D., der auf dem Marsche die erste preußische Colonne geführt und in der Schlacht eine Brigade von 5 Grenadierbataillonen auf dem rechten Flügel befehligte, trug durch seine Einsicht und Tapferkeit viel zu dem so schnellen und glücklichen Erfolge bei, indem er unerschrocken mit seiner Brigade die ihm in einem mit dichtem Gehölze besetzten Bruche gegenüberstehenden sächsischen Abtheilungen angriff, sie trotz heftigen Kanonen- und Gewehrfeuers und ohne sich durch das sehr schwierige Terrain aufhalten zu lassen, wenn auch mit bedeutendem Verluste, aus ihrer Stellung warf und bis an den Fuß des Gebirges verfolgte. König Friedrich bezeigte dem Prinzen, dessen Pferd in der Schlacht schwer verwundet ward und der selbst eine matte Kugel auf das Stichblatt seines Degens erhalten, seine große Zufriedenheit und ernannte ihn zum General der Infanterie. Die preußische Armee folgte dem nach Böhmen zurückgehenden Feinde und bezog ein Lager bei Königgrätz, wo sie, ohne irgend etwas zu unternehmen, jenem gegenüber drei Monate stehen blieb. Am 28. Juni erhielt Prinz D. Befehl, mit mehreren Regimentern zu seinem Vater, dem Fürsten Leopold von Dessau, zu gehen, der mit 12000 Mann in einem Lager bei Wieskau unweit Halle stand, traf daselbst am 30. August ein und blieb dort stehen, bis das Lager am 15. October aufgelöst ward. Um Erleichterung von den Beschwerden zu suchen, die unserm Prinzen die bei Mollwitz empfangene Verletzung immer noch verursachte, ging derselbe von seiner nunmehrigen Garnison Calbe a. d. Saale zum Gebrauch der Bäder nach Aachen, kehrte aber bereits am 21. November auf die Nachricht, daß das Corps seines Vaters wieder zusammengezogen werde, von dort zurück und traf am 28. in Halle ein. Als Fürst Leopold [175] mit seinem Corps am 29. nach Sachsen aufbrach, ging Prinz D. zwar mit seiner Brigade mit und war auch noch bei der Einnahme von Leipzig thätig, nahm aber an dem ferneren Feldzuge und an der entscheidenden Schlacht bei Kesselsdorf am 15. December nicht Theil, da er den Befehl bekam, in Leipzig das Eintreiben der ausgeschriebenen Contribution und andere Verwaltungsmaßregeln zu erledigen. Nach dem am 25. December 1745 zu Dresden abgeschlossenen Frieden ging er mit seinem Regiment in dessen frühere Garnisonen nach Westfalen zurück und zwar für seine Person nach Bielefeld.

Nicht weniger eifrig als im Felde, lag nun der Prinz in den jetzt folgenden Friedensjahren seinen dienstlichen Pflichten ob und bemühte sich, sein Regiment auf die möglichste Höhe der Ausbildung zu bringen. Er hatte auch die Freude, durch die im J. 1747 erfolgte Ernennung zum Feldmarschall Belohnung seiner Leistungen zu finden, leider aber erschwerte ihm seine leidende Gesundheit, die sich nach der Schlacht bei Mollwitz nie wieder ganz befestigte, die Ausübung seiner dienstlichen Obliegenheiten mehr und mehr, so daß er sich im J. 1748 genöthigt sah, um seine Entlassung zu bitten, die ihm denn König Friedrich auch auf sein wiederholtes Drängen am 27. December 1750 bewilligte. Der Prinz zog sich hierauf nach Dessau in das Privatleben zurück, mußte aber bald wieder an die Oeffentlichkeit treten, da ihn durch den 1751 unerwartet eingetretenen Tod seines Bruders, des Fürsten Leopold Maximilian, der seinem Vater, dem Fürsten Leopold, 1747 in der Regierung gefolgt war, die Vormundschaft über die Kinder des ersteren und die Regentschaft für den gleichfalls unmündigen Nachfolger Leopold Friedrich Franz zufiel. Er führte die Regierung unter manchen schwierigen Verhältnissen bis 1758 auf das trefflichste und starb unvermählt 1769 zu Dessau im Besitz der allgemeinen Achtung und Liebe. Sein Neffe Fürst Leopold Friedrich Franz hat ihm in den Wörlitzer Parkanlagen ein Denkmal als Zeichen seiner Liebe und Dankbarkeit errichtet. Prinz D. von Anhalt war ein guter Sohn, ein gläubiger Christ, ein tapferer Soldat, ein treuer Diener seines Kriegsherrn und ein aufopfernder Freund seiner Anverwandten. Von seinen Geschwistern überlebten ihn drei, ein Bruder und zwei Schwestern. Ersterer, Prinz Friedrich Heinrich Eugenius, geb. 1705, trat schon 1717 in preußische Dienste, war 1733–35 an der Spitze eines Dragonerregiments mit seinen Brüdern am Rhein, machte sich später um die Bildung der preußischen Husaren verdient und nahm am ersten schlesischen Kriege Theil. 1743 verließ er wegen mancher Mißhelligkeiten den preußischen Dienst, war dann bei der österreichischen Armee unter Prinz Karl von Lothringen am Rhein als Volontair und trat 1746 in kursächsische Dienste, wo er Gouverneur von Wittenberg und später Feldmarschall wurde. Er starb 1781 zu Dessau unvermählt. Die beiden Schwestern, welche Prinz D. überlebten, blieben gleichfalls unvermählt: beide hinterließen durch milde Stiftungen ein gutes Andenken. Anna Wilhelmine, gest. 1780, ward Stifterin des adelichen Fräuleinstiftes zu Mosigkau bei Dessau, Henriette Amalie, Coadjutorin zu Hervord, gest. 1793, gründete die segensreiche Amalienstiftung zu Dessau für Arme beiderlei Geschlechts.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Cäsar Joseph Freiherr Lentulus (1683-1744), zuletzt österreichischer Feldmarschall, Vater von Robert Scipio von Lentulus
  2. Vorlage: Ecadronen
  3. Vorlage: commandiren