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ADB:Ehrlich, Johann Nepomuk

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Artikel „Ehrlich, Johann Nep.“ von Johann Baptist von Hoffinger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 714–715, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ehrlich,_Johann_Nepomuk&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 08:55 Uhr UTC)
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Ehrlich: Johann Nep. E., Philosoph, eines armen frühverstorbenen Bürgers zu Wien den 21. Febr. 1810 geb. Sohn, dem nur die Opferwilligkeit des älteren Bruders, eines Handwerksgesellen, der das früherkannte Talent seines Lieblings nicht wollte verloren gehen lassen, das Betreten der gelehrten Laufbahn ermöglichte. Nach absolvirtem Gymnasium wandte er sich dem Studium der Theologie zu und trat in den ganz verarmten Piaristenorden ein, an den man die höchsten Forderungen (er sollte dem Jesuitenorden ein heilsames Gegengewicht sein!) stellte, ohne ihm die geringsten Mittel zu gewähren! Vermochte natürlich auch E., obwol eines der besten und treuesten Mitglieder, den Verfall dieses Ordens nicht aufzuhalten, wurde er doch selbst einer der bedeutendsten speculativen Theologen. Als vorzüglicher Schüler Ettingshausen’s sollte er in Krems zuerst das Lehramt der Physik antreten, nahm aber zu eigener Uebung nebenbei Theil an der Seelsorge im benachbarten Rohrdorf; dadurch gewann er tiefe Blicke in das Menschenherz und wurde durch die Psychologie mit Macht zur Philosophie gezogen; bald vertauscht er die physikalische mit der philosophischen Lehrkanzel und schreibt, auf Jacobi’s Schultern stehend, schon aber durch tiefere Begründung des Selbstbewußtseins nach einer festeren Basis für das Verständniß des in Natur und Geschichte Gegebenen strebend, seine „Metaphysik als rationale Ontologie“, 1841. Immer mehr nähert er sich dann durch scharfe Ausbildung des Ich-Gedankens dem neucartesischen Dualismus Günther’s, dessen Ideen er vorzugsweise, ohne sich ihnen unbedingt hinzugeben, auf dem Gebiete der praktischen und Socialwissenschaft zur Geltung brachte. (Vgl. seine „Lehre von der Bestimmung des Menschen als rationale Teleologie“, 1842, seine „Kritik der ethischen Reformvorschläge Gioberti’s“, 1847 und seine alle Gebiete des Staats- und Gesellschaftslebens erhellenden „Randglossen zu J. Fröbel’s System der socialen Politik“, 1849 u. 50.) Indem er überall die ideellen Wahrheiten sucht, der ideellen Bedeutung des Thatsächlichen nachforscht und die Glaubwürdigkeit desselben aus inneren Gründen nachweist, wird er zugleich zum Geschichtsphilosophen [715] und Apologeten. 1850 an die Grazer, 1852 an die Prager Universität berufen, weiß er in gleichzeitigen Vorlesungen für die Hörer der Philosophie und der Theologie, wie für höher Gebildete aller Stände die weitesten Gesichtspunkte und großartige Blicke über die Menschheitsgeschichte zu öffnen. Endlich faßt er das Gesammtergebniß seiner geistigen Thätigkeit in der „Fundamentaltheologie“ (2 Bde. mit 2 Ergänzungsheften, 1862–64) zusammen, in welcher er zuerst die Densbarkeit[1] und Nothwendigkeit der göttlichen Offenbarung erörterte, dann deren Wirklichkeit unter scharfer Beleuchtung der Gegner darlegte und damit die Grundlinien einer erhabenen Geschichtsphilosophie skizzirte. E. befindet sich stets auf der Höhe der Forschung seiner Zeit; dabei ist sein Stil klar und urban wie sein ganzes Wesen; er bewies in Leben und Werken die Vereinbarkeit von innigem Glauben, tiefem Wissen und freikräftigem socialem Fortschritt. Nach langjährigem Kränkeln starb er den 23. October 1864 zu Prag.

v. Hoffinger, Dr. Joh. Nep. Ehrlich, eine Skizze seines Lebens- und Geistesganges, mit Benutzung seiner Correspondenz, in den Abhdlgen. der kgl. bhm. Ges. d. Wften, V. Folge XIV. Bd. 1866. Procop Dworsky, Dr. Joh. Nep. Ehrlich nach Leben und Schriften in Dr. Wiedemann’s österr. Vierteljahrsschr. f. kath. Theol. 1865, 3. Heft. Aug. Schwetz, J. N. Ehrlich’s Nekrolog in der österr. Wochenschr. f. Wiss., Kunst u. öff. Leben, Beilage zur Wiener Ztg. 1864. Nr. 47.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 715. Z. 7 v. o. l.: Denkbarkeit. [Bd. 6, S. 795]