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ADB:Falkenstein, Kuno Freiherr von

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Artikel „Falkenstein, Kuno Freiherr von“ von Albert von Pfister in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 494–495, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Falkenstein,_Kuno_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 18. November 2024, 21:55 Uhr UTC)
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Falkenstein: Kuno Freiherr von F., General der Infanterie, geboren am 12. December 1840 in Eßlingen, † am 6. Mai 1899 in Straßburg im Elsaß. – Seine erste Ausbildung erhielt F., der frühe seine Eltern verloren, im Gymnasium in Stuttgart und von 1856 ab in der Kriegsschule in Ludwigsburg. In dieser vorzüglich organisirten Anstalt, welche weite Kreise des Wissens in ihren Lehrplan aufgenommen hatte, vermochte der lernbegierige junge Mann den Grund zu einer umfassenden Bildung zu legen, welche durch weitere Studien, namentlich auch durch solche in Berlin, ihre militärische Zuspitzung und Ausfeilung erhielt. Bei der Mobilmachung des Jahres 1859 wurde F. zum Lieutenant ernannt; er that zunächst Dienst bei der Artillerie, im Pioniercorps, im Generalstab. Den Feldzug 1866 machte er mit im Hauptquartier des Prinzen Alexander von Hessen, des Oberbefehlshabers des VIII. deutschen Bundesarmeecorps.

Nach dem Feldzug begannen, wenn auch unter Schwierigkeiten, die militärischen Anschauungen in den süddeutschen Staaten sich umzugestalten. Ein frischer Wind wehte; man sehnte sich, aus dem zerfahrenen alten Geleise herauszukommen. Noch erinnere ich mich, während ich dieses schreibe, wie im Alter von 27 Jahren F. zum Hauptmann im Generalstab befördert wurde. Seit der Napoleonischen Zeit hatte man in Württemberg keinen so jugendlichen Hauptmann mehr gesehen; ja man pflegte die Hauptmannsstelle nicht selten als eine erwünschte ruhige Pfründe zu betrachten, die dem in ziemlich ehrwürdigem Alter endlich Aufgerückten wohl zu gönnen sei. Wer aber jetzt dem hochgewachsenen, männlich schönen jungen Hauptmann F. begegnete, sah in ihm den Bürgen für den Anbruch einer besseren Zeit. Seither hatte man es nicht geliebt, nach Berlin zu gehen; man stückte sich seine militärische höhere Wissenschaft zusammen in Paris, Wien, München. Im Frühjahr 1868 wurde erstmals eine größere Anzahl von Officieren nach Preußen commandirt; F. auf ein halbes Jahr zum Großen Generalstab. Nachher that er Dienst im Kriegsministerium und im Generalstab in Stuttgart. Der Ausbruch des Krieges 1870 führte ihn ins Hauptquartier der württembergischen Felddivision. Wacker bestand der vielseitige und umsichtige Generalstabshauptmann alle Proben, die ein strenger Dienst von ihm erforderte. Der Feldzug hatte zugleich seine Laufbahn als Infanterist entschieden. Vom Jahre 1871 an, nach dem [495] Frieden, war er zwei Jahre lang Compagniechef; im 34. Lebensjahr stand er, als er 1874 das Commando eines neuformirten Füsilierbataillons übernahm, um dieses 1875 in die neue Garnison Tübingen zu führen. Hier eine freundliche Heimath zu gründen, gelang der Liebenswürdigkeit und dem Tact des Commandeurs vollkommen.

Vom Jahre 1878 ab sah sich F. – rasch in den Graden aufsteigend – in den mannichfachsten Stellungen verwendet sowohl in Preußen wie in Württemberg (Chef des Generalstabs des III. Corps, Commando zu den französischen Manövern 1883, Regimentscommandeur in Frankfurt a. O., Brigadecommandeur in Ludwigsburg, Divisionscommandeur in Stettin). Ueberall bethätigte F. seine hervorragenden militärischen Fähigkeiten und wußte sich ein Feld erfolgreichen Arbeitens und Wirkens zu schaffen. Wenn man einen Officier bezeichnen wollte, zu den höchsten Stellen geeignet, rüstig und unternehmungslustig, energisch und beharrlich seine Ziele verfolgend, mit ritterlichem Sinn alle Herzen gewinnend, den Meisten überlegen, Keinem nachstehend in allgemeiner und militärischer Wissenschaftlichkeit, so pflegte man den jugendlichen Divisionsgeneral F. voranzustellen. – Von dem Posten in Stettin kehrte er zunächst nach Stuttgart zurück als dienstthuender Generaladjutant des Königs.

Unter den verschiedenen Generalcommandos pflegte man die an der französischen Grenze gelegenen, mit dem Sitz in Straßburg und Metz, besonders zu bevorzugen. So betrachtete man es in ganz Württemberg als eine Auszeichnung, daß im April 1896 F. zum commandirenden General des XV. Armeeecorps in Straßburg ernannt wurde. Und alle seine Thatkraft stellte er in den Dienst seines neuen Berufs. Obwol er im Dienst die höchsten Anforderungen stellte, fand er doch allezeit freudigen Gehorsam, weil er in strenger, selbstloser Pflichterfüllung als Muster voranleuchtete, weil er klar und bestimmt zu befehlen wußte, weil er nur von ritterlichem Sinn, von Unparteilichkeit und Gerechtigkeit sich leiten ließ.

Im Frühjahr 1899 erkrankte F. an Nierenkolik und war schon längere Zeit bettlägerig, als der Kaiser sich zur Parade des Armeecorps ansagen ließ. Daß der commandirende General hiebei nicht fehlen dürfe, galt bei F. als selbstverständlich. Er raffte sich auf mit äußerster Anstrengung und machte am Freitag den 5. Mai die Parade mit. Mit eisernem Willen alle Nerven zum Gehorchen anspannend saß die bleiche Gestalt hochaufgerichtet im Sattel; er ritt mit dem Kaiser vom Paradeplatz nach Hause, machte hier für den kaiserlichen Herrn und alle Generale noch den Wirth, begleitete den Kaiser auf den Bahnhof und kehrte zu Frau und Kindern zurück, um sich zum Sterben zu legen. Der Tod erlöste den willensstarken Mann in den ersten Morgenstunden des 6. Mai. Auf dem Broglieplatz in Straßburg ist ihm vom Armeecorps ein kleines Denkmal errichtet worden. Es ist dadurch der Führer geehrt, der die Zuneigung und Bewunderung Aller besaß, aber zugleich der Mann, der mit heroischer Selbstaufopferung ein Urbild treuester Pflichterfüllung gegeben hat, der Mann, der bei Durchführung aller Aufgaben einen durchaus freien, se1bstbewußten Charakter zeigte, der mit offenem Freimuth seiner Ansicht auch da Ausdruck zu geben pflegte, wo vielleicht Andere, in der Sorge anzustoßen, geschwiegen hätten.