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ADB:Faller, Franz Josef

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Artikel „Faller, Franz Josef“ von Friedrich von Weech in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 495–497, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Faller,_Franz_Josef&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 01:45 Uhr UTC)
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Faller: Franz Josef wurde am 18. Februar 1820 in Lenzkirch geboren. Sein Vater, Johann F., gehörte, wie ehedem dessen Vater, einer der „Trägergesellschaften“ an, deren Mitglieder die Producte der Schwarzwälder Industrie persönlich in ganz Europa und Amerika vertrieben, aber in [496] treuer Anhänglichkeit an die Heimath alljährlich zur Abrechnung und zum Einkauf in den Schwarzwald zurückkehrten und sich für kurze Zeit wieder ganz zu Hause fühlte, in der überaus einfachen Lebensführung, welche, während die jüngeren Männer auswärts waren, Alte, Frauen und Kinder ganz in der Art der Vorfahren aufrecht hielten. Zur Zeit Johann Faller’s hatte der Geschäftsbetrieb schon eine moderne Gestalt angenommen, die Handelscompagnie Faller und Tritscheller, an der sich noch die letztgenannte Familie betheiligte, ließ schon ihre „Kameraden“ die bedeutendsten Messen bereisen und hatte in Frankreich, Holland und Italien theils ständige Geschäfte, theils eigene Niederlassungen. Dieses änderte aber an der Art, den Haushalt in bäuerlicher Weise weiterzuführen, nichts. Johann F. hatte sich schon in den Besitz einer tüchtigen Bildung zu setzen verstanden. Seinen Sohn Franz Josef ließ er zuerst die Klosterschule in Rheinau, später die von Schülern Pestalozzi’s geleitete Schule in Yverdon besuchen. Dann kam er als Lehrling in ein kaufmännisches Geschäft nach Frankfurt. Nach Vollendung der Lehrzeit siedelte F. nach Vallanora in den Bergen um Vicenza über, wo sich schon seit geraumer Zeit eine Niederlassung der Schwarzwälder befand, die dort und im toscanischen Hügellande Strohflechtereien kauften und nach den verschiedensten Ländern expedirten, auch bedeutende Geschäfte in Uhren und Quinquaillerie betrieben. Hier hat F. einen großen Theil seines Lebens zugebracht und seinen Hausstand begründet. Als er im Frühjahr 1848 seine regelmäßige Reise nach Deutschland antrat, fand er dort die Bewegung ausgebrochen, welche in seiner Heimath bald ebenso einen revolutionären Charakter annahm wie in Italien, wo er auf seiner Reise sich allerlei Fährlichkeiten ausgesetzt gesehen hatte. Im Schwarzwald zog der gediegene, verständige und weitgereiste Landsmann bald die Aufmerksamkeit seiner Mitbürger auf sich. Trotz seiner Jugend wurde geplant, ihn als Vertreter in das Vorparlament zu senden. Später wurden ihm allerlei Aufträge, theilweise sehr gegen seinen Willen, ertheilt, die er indeß nicht im Sinne der im J. 1849 sehr erregten Schwarzwälder, sondern auf Grund seiner reifen und abgeklärten Anschauung der Dinge in ihrer Realität und dann meist mit gutem Erfolg ausführte. Als die Ruhe zurückgekehrt und mit ihr eine Stagnation in dem öffentlichen Leben des badischen Landes eingetreten war, widmete F. sich wieder ausschließlich den Angelegenheiten seines Geschäftes. Vom Besuche der ersten Weltausstellung in London brachte er die Ueberzeugung mit zurück, daß gegenüber den großen Fortschritten der Uhrenindustrie in andern Ländern der Schwarzwald nicht zurückbleiben dürfe. Während bisher die Handelshäuser des Schwarzwaldes sich ausschließlich mit dem Vertrieb der Uhren befaßt hatten, unternahm nunmehr F. die Fabrikation der Schwarzwalduhren in der Großindustrie. Eine zunächst in kleinem Maßstab eingerichtete Fabrik in Lenzkirch wuchs nach und nach zur ersten Wanduhrenfabrik Europas heran. Unter Faller’s geschäftlicher Leitung wurde ein talentvoller Lenzkircher Schlosser, Eduard Hauser, auf seine Veranlassung als Gesellschafter aufgenommen; der im Ausland die Fortschritte der Technik studirte und sie bald übertraf. Durch die Erbauung der automatischen Maschinen, welche das Princip des sich selbst regulirenden Uhrwerks auf die Herstellung der Uhrenbestandtheile anwandte, erhielt die Fabrik ihre unübertroffene Leistungsfähigkeit und technische Ueberlegenheit. Nun entstand eine Reihe größerer Fabriken, welche der Schwarzwaldindustrie den großen Markt sicherten. Aber F. wollte nicht, daß die althergebrachte Kleinindustrie durch den modernen Großbetrieb verdrängt werde. Für die Strohhutindustrie gewann er auf einer Rundreise in Amerika Anregungen zur Verbesserung der Technik und eröffnete neue Absatzgebiete. Erst [497] die Schutzzollpolitik der Vereinigten Staaten brachte hier eine Aenderung. Der Mann, der als der erste Industrielle des Schwarzwaldes galt, wurde im J. 1863 vom Großherzog von Baden in die Erste Kammer des Landtags berufen, welcher er in den Sitzungsperioden von 1863–68 und 1879-84 als hochgeschätztes Mitglied angehörte. In den Jahren 1873-77 war er Mitglied des Deutschen Reichstages, auch in diesem durch die Weite des Blickes und die Fülle fachmännischer Kenntnisse sehr angesehen. Die Erbauung der Höllenthalbahn, welche die Rheinebene des Breisgaus mit den Höhen des Schwarzwalds zu verbinden und der Schwarzwaldindustrie neue Verkehrswege zu eröffnen bestimmt war, hat F. in jeder Weise gefördert; ihm war daher auch, als dem am meisten hierzu Berufenen, die Aufgabe übertragen, bei der feierlichen Eröffnung der Bahn am 21. Mai 1887 den Großherzog mit einer Ansprache zu begrüßen. Er sollte diesen freudigen Augenblick nicht erleben. Beinahe unmittelbar vor Ankunft des Extrazuges, der den Großherzog und die Festgäste dem Bahnhof Titisee zuführte, traf F. ein Schlaganfall, der diesem an Arbeit, Erfolgen und Ehren reichen Leben ein plötzliches Ende machte.

Badische Biographien 4, 106 ff.