ADB:Feil, Joseph
Leo Thun in das Ministerium für Cultus und Unterricht berufen, wo er im Mai 1854 zum Ministerialsecretär befördert wurde. Frühzeitig war in ihm der Sinn für das Alterthümliche erwacht und als ihm nach seinem Eintritte in den Staatsdienst sein überreges Pflichtgefühl nicht mehr gestattete, Urlaub zu Wanderungen, wie er sie während seiner Studienzeit alljährlich in den Herbstferien durch sein schönes Vaterland unternommen hatte, anzusuchen, da widmete er seine wenigen Mußestunden geschichtlichen, topographischen, archäologischen Studien über sein geliebtes Heimathland. Schmiedl’s österreichische Blätter für Litteratur und Kunst hatte er – 1844–48 – in Abwesenheit des verantwortlichen Redacteurs wiederholt redigirt und war im Begriffe, die Redaction selbständig zu übernehmen, als die Stürme des J. 1848 auch diese wissenschaftliche Zeitschrift hinweg fegten. Seine weiche, durch und durch conservative Natur, sein strenger Sinn für Recht und Gesetzmäßigkeit fühlten sich von den überstürzenden Vorgängen jener Zeit abgestoßen. Er hielt sich von aller politischen Thätigkeit ferne und war nicht zu bewegen, die mit großer Majorität auf ihn gefallene Wahl zum Reichstagsdeputirten anzunehmen. Er besaß eine unüberwindliche Scheu vor das sogen. „große“ Publicum zu treten. Was von seinen Arbeiten in die Oeffentlichkeit gelangte, mußte ihm gar oft von seinen Freunden förmlich abgenöthigt werden. Stets eifrigst bestrebt, neue Daten zu erwerben, den bisher bekannten historischen Stoff kritisch zu berichten, eingewurzelte Irrthümer und Vorurtheile zu widerlegen, hat er – namentlich für die Topographie des Erzherzogthums Oesterreich – sehr werthvolles Material in seinen zahlreichen – in verschiedenen wissenschaftlichen Organen veröffentlichen – Aufsätzen niedergelegt. Verdiente Anerkennung seines wissenschaftlichen Strebens wurde ihm durch seine Ernennung anfangs – im Juli 1851 – zum correspondirenden, später – im August 1858 – zum wirklichen Mitgliede der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien zu Theil. Durch Gründung des noch blühenden Wiener Alterthumsvereines – 1853 – erwarb er sich großes Verdienst um die österreichische Archäologie. Von zahlreichen – auch außerösterreichischen – historischen, archäologischen, statistischen und anderen Fachvereinen wurde er durch Ernennung zum Ehrenmitgliede ausgezeichnet. Ein ehrenvoller Beweis für das hohe Vertrauen, welches in seine reichen Kenntnisse, wie in seine unbestechliche Wahrheitsliebe gesetzt wurde, liegt in der Aufforderung, welche Kaiser Franz Joseph I. an ihn während seines Aufenthaltes in Aussee – 1861 – ergehen ließ: für den Kronprinzen Erzherzog Rudolf „eine Art österreichischen Plutarchs“ zu schreiben. Mit jener Bescheidenheit, die ihm so eigen war, und mit dem Hinweise auf seine Kränklichkeit lehnte F. diese ehrende Aufforderung ab. Am 29. Octbr. des nächsten Jahres erlag F. einem Brustleiden.
Feil: Joseph F., Historiker, geboren in Wien am 20. Juni 1811, genoß nach dem frühzeitigen Tode seines Vaters – Joseph F. (geb. am 30. Octbr. 1783, † am 3. Decbr. 1814), Mitglied der k. k. Akademie der Künste und Metallwaarenfabrikant in Wien – eine sorgfältige Erziehung unter den Augen seiner vortrefflichen Mutter. Er besuchte Volksschule und Gymnasium in seiner Vaterstadt, absolvirte die rechts- und staatswissenschaftliche Facultät an der Wiener Universität und trat – 1837 – in den österreichischen Staatsdienst. Bei Einführung der theoretischen Staatsprüfungscommission im J. 1840 wurde er vom Ministerium für Cultus und Unterricht zum Prüfungscommissär für allgemeine und österreichische Geschichte ernannt, im März des nächsten Jahres aber vom Grafen- [604] Wurzbach, Biogr. Lex. IV. Berichte und Mittheilungen des Alterthumsvereins in Wien IX. (mit einem Verzeichniß aller 1831–61 erschienenen Aufsätze Feil’s, welches im) Almanach der kaiserl. Akad. d. Wiss. in Wien, Jahrg. 1862 (vervollständigt ward).