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ADB:Ferdinand (Herzog von Anhalt-Köthen)

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Artikel „Friedrich Ferdinand, Herzog von Anhalt-Cöthen“ von Ferdinand Siebigk in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 671–677, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ferdinand_(Herzog_von_Anhalt-K%C3%B6then)&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 17:55 Uhr UTC)
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Ferdinand: Friedrich F., Herzog von Anhalt-Cöthen, ward am 25. Juni 1769 als zweiter Sohn des Fürsten Friedrich Erdmann von Anhalt-Cöthen-Pleß und der Gräfin Louise Ferdinande von Stolberg-Wernigerode zu Pleß in Oberschlesien geboren. Sein Vater, ein jüngerer Sohn des Fürsten August Ludwig von Anhalt-Cöthen, hatte erst in preußischen, dann aber bis 1793 in französischen Diensten gestanden und war, als ihm am 8. Juni 1765 sein mütterlicher Oheim, der Graf Johann Erdmann von Promnitz, die freie [672] Herrschaft Pleß überließ, der Stifter der Nebenlinie Anhalt-Cöthen-Pleß geworden. Der junge Prinz erhielt seine Erziehung bis zu seinem siebenten Jahre in Büdingen und Hannover, wo seine Eltern sich längere Zeit aufhielten, dann aber in Pleß und trat im J. 1786 in preußische Kriegsdienste, in denen er an den Feldzügen am Rhein gegen die Heere der französischen Republik bis zum Frieden von Basel 1795 Theil nahm, sich namentlich 1793 bei Hochheim, im Winter 1793 zu 1794 vor Worms und 1794 bei Kirrweiler auszeichnete und nicht unerhebliche Wunden davon trug, deren gänzliche Heilung erst durch mehrfachen Besuch der Heilquellen von Teplitz und Warmbrunn in den Jahren 1795 und 1796 bewerkstelligt werden konnte. Obwol 1797 durch den Tod seines Vaters, und weil sein älterer Bruder als gemüthskrank regierungsunfähig war, zur Nachfolge in dem Fürstenthum Pleß gelangt, blieb er doch im Dienste und wußte sehr gut die Obliegenheiten desselben mit den Pflichten gegen seine Unterthanen, für deren Wohlfahrt er eifrigst sorgte, zu vereinigen. Im J. 1803 vermählte sich der inzwischen zum Obersten avancirte Fürst mit der Prinzessin Henriette von Holstein-Beck, welche er jedoch bereits nach drei Monaten durch den Tod wieder verlor, und im Jahre 1805 unternahm er eine Reise nach Polen, der Moldau und der Walachei, ward aber zu Bukarest durch Wiederaufbrechen seiner schweren, bei Kirrweiler erhaltenen Wunde an der Fortsetzung der Reise nach Constantinopel verhindert und kehrte nach seiner Genesung, auf die Nachricht von den Rüstungen Preußens gegen Frankreich, durch Siebenbürgen und Ungarn nach Schlesien zurück, fand aber keine Gelegenheit zu kriegerischer Thätigkeit, da Preußen nach der Schlacht von Austerlitz seine Differenzen mit Frankreich beilegte. Im J. 1806 führte er das Husarenregiment v. Schimmelpfennig über Dresden zur Armee, wohnte der Schlacht bei Jena, sowie den Gefechten bei Sömmerda und Magdeburg bei und schlug sich bei Zehdenick an der Spitze des Regiments durch die ihn bereits umringenden Feinde, worauf es ihm gelang, Stettin zu erreichen und die Oder zu passiren. Hier sammelte er die zerstreuten Reste anderer Regimenter und begab sich mit etwa 3000 Pferden durch Pommern zum Könige Friedrich Wilhelm III. nach Preußen.

Noch im J. 1806 zum Generalmajor und Generalgouverneur von Schlesien und der Grafschaft Glatz ernannt, begab sich der Fürst durch Polen und Galizien dahin, organisirte schleunigst ein kleines Truppencorps und beschloß, damit den Entsatz des von den Franzosen belagerten Breslau zu versuchen. Obwol eine seiner Colonnen geschlagen ward, gelang es dem Fürsten doch, mit dem übrigen Corps vor Breslau zu erscheinen und würde das ganze Unternehmen mit Erfolg gekrönt worden sein, wenn die Besatzung den erwarteten Ausfall gewagt hätte: da aber dieser unterblieb, der Feind Verstärkungen erhielt und der Fürst seiner meist ungeübten Truppen nicht vollständig sicher war, so blieb ihm nichts übrig, als vor der Hand das Unternehmen aufzugeben und sich über Schweidnitz nach Neiße zu ziehen. Als nun durch den Fall Breslau’s eine größere Anzahl feindlicher Truppen disponibel wurde, welcher der Fürst nicht gewachsen war, versuchte er durch Waffenstillstandsverhandlungen, wobei er die Uebergabe der bereits eingeschlossenen Festung Brieg in Aussicht stellte, Zeit zur Organisirung frischer Truppen und so vielleicht zur Rettung der Provinz zu gewinnen. Die unerwartete Capitulation Briegs vereitelte jedoch den Abschluß der fast beendigten Unterhandlungen, der Fürst mußte sich auf die Vertheidigung der noch in preußischen Händen befindlichen Festungen beschränken und verlegte sein Hauptquartier nach Glatz. Als aber nun Schweidnitz capitulirte und der Posten von Wartha erstürmt worden, auch der letzte Versuch der preußischen Cavallerie, sich durchzuschlagen, mißlang und sie gezwungen wurde, auf österreichisches Gebiet überzutreten und sich dort entwaffnen zu lassen, folgte ihr der Fürst und suchte von [673] dort aus noch für die ihm anvertraute Provinz zu wirken, ward aber durch hemmende Verhältnisse bald zur Bitte um seinen Abschied veranlaßt, die auch Gewährung fand.

Als nach dem Frieden von Tilsit Pleß von französischen Truppen besetzt blieb, ging Fürst F. 1807 nach Wien und von dort 1808 zu seinem Vetter nach Cöthen, begleitete diesen 1809 nach Frankfurt und trat von dort aus weitere Reisen an, die ihn nach Holland und von da nach Paris führten, wo er im J. 1810 Zeuge der Festlichkeiten bei Napoleon’s I. Verheirathung war und das Glück hatte, bei dem Brande im Fürst Schwarzenberg’schen Palais mehrere Personen mit eigener Gefahr aus den Flammen retten zu können. Noch in demselben Jahre nach Pleß zurückgekehrt, widmete er sich mit größter Sorgfalt seinen Pflichten als Landesherr und viele Bauten, Trockenlegung des Berun’schen Teiches, die Anlegung des Czarkower Bades und manche heilsame Neuerungen und Einführungen auf dem Gebiete des Berg- und Hüttenwesens sowie der Landwirthschaft sind Zeugen seines eifrigen Strebens für das ihm gewordene väterliche Erbtheil und dessen Bewohner.

Im J. 1813 ward es dem Fürsten F. aus manchen Gründen unmöglich, in der activen Armee an dem Kriege gegen Frankreich sich zu betheiligen und mußte er sich mit dem Befehl über den schlesischen Landsturm begnügen. Seit 1803 Wittwer, schloß der Fürst im J. 1816 ein zweites Ehebündniß mit der Gräfin Julie von Brandenburg, der Tochter König Friedrich Wilhelms II. von Preußen und der Gräfin Sophie Juliane Friederike von Dönhoff. Nachdem Fürst F. im J. 1817 zum Chef des 22. Landwehrregiments ernannt worden und noch im J. 1818 die auf ihn gefallene Wahl eines Landraths des Kreises Pleß angenommen, rief ihn der am 16. Dec. d. J. ziemlich unerwartet erfolgte Tod des minorennen Herzogs Ludwig von Cöthen als nächsten Agnaten zur Nachfolge in diesem Herzogthum und somit auf neue Bahnen und zu neuen Pflichten, während sein bisheriger Wirkungskreis, das Fürstenthum Pleß, auf seinen Bruder Heinrich überging.

Der rege Thätigkeitstrieb, den der nunmehrige Herzog stets gezeigt, verließ ihn auch in seinem neuen Wirkungskreise nicht. Das Land verdankt ihm manche gute Einrichtungen, der Ackerbau und die Landescultur erfreuten sich seiner steten Sorgfalt, ebenso Handel und Gewerbe, und letztere beide würden noch zu höherem Aufschwunge gekommen sein, wenn nicht der unselige Streit mit Preußen wegen der Zollverhältnisse auf die schädlichste Weise dem entgegengewirkt hätte, wie später gezeigt werden wird. Der Herzog errichtete als höchste Behörde das Landesdirectionscollegium, gründete 1826 die Diener-Wittwencasse, 1830 die Hagelversicherungsanstalt und es wurden unter ihm viele kirchliche und Profan-Bauten in den Städten und auf den Domainen ausgeführt, so der Umbau des cöthen’schen Schlosses 1822–26, die leider verunglückte Kettenbrücke über die Saale bei Nienburg 1825, mehrere Dorfkirchen und die 1827 begonnene katholische Kirche in Cöthen, ein Bau, dessen Vollendung er nicht erlebte. Im J. 1828 erwarb er einen großen Landstrich in Südrußland, wo die Niederlassung Ascania nova gegründet ward.

War des Herzogs Regierung im allgemeinen durchaus keine schlechte zu nennen, so war sie doch nicht geeignet, das Grundübel der cöthen’schen Verhältnisse, das Schuldenwesen, befriedigend zu gestalten, vielmehr haben sich die Schulden unter ihm durch eine verhältnißmäßig zu prunkvolle Hofhaltung, sowie auch durch Ascania nova und die namhaften Schenkungen an die Katholiken etc. bedeutend vermehrt. Der letztere Punkt bringt uns zu einem Ereignisse, welches wol das wichtigste in der ganzen Regierung des Herzogs genannt werden muß: [674] es ist sein und seiner Gemahlin 1825 in Paris erfolgter Uebertritt, oder, wie beide es nannten, Rücktritt zur katholischen Kirche, der ihm die Gemüther seiner Unterthanen entfremdete, den Jesuiten das Land öffnete und ihn zu den schon gedachten Begünstigungen seiner neuen Glaubensgenossen veranlaßte. Es läßt sich nicht nachweisen, daß Herzog F. bereits in den ersten Jahren seiner Regierung in Cöthen zum Katholicismus sich hingeneigt habe, obwol der Umstand, daß er den größten Theil seines Lebens und seiner Wirksamkeit unter einer überwiegend katholischen Bevölkerung zugebracht hatte, dies nicht befremdend würde erscheinen lassen, und muß man wol annehmen, daß äußere Verhältnisse, die störend an ihn herantraten und zu deren Abhülfe er sich zu schwach fühlte, ihn nach und nach zu der Ueberzeugung führten, daß er nur in jenem Schritte Hülfe und Ruhe zu finden im Stande sei. Es schwebt jedoch über den Beweggründen desselben ein Schleier, den zu lüften jetzt nicht mehr gelingen wird, obwol erst etwa fünfzig Jahre seitdem vergangen sind, und herrschten darüber bereits seiner Zeit sehr verschiedene und selbst auffallende Ansichten, welche auch die Oeffentlichkeit nicht scheuten.

Kurz vor dem Regierungsantritt des Herzogs, im Sommer 1818, war die preußische Regierung zur Einführung eines neuen Zollsystems geschritten, nach welchem die enclavirten Länder als preußisches Inland betrachtet waren und mit besteuert wurden, jedoch die von denselben erhobenen Steuern restituirt erhalten sollten. Dieses ohne vorhergegangene Verständigung mit den Betheiligten eingeschlagene Verfahren traf das Selbstgefühl derselben, wozu auch die anhaltischen Herzoge gehörten, auf das empfindlichste. Herzog F. und seine Vettern in Bernburg und Dessau verfehlten nicht nur nicht durch Vorstellungen und Proteste beim Berliner Hofe und beim deutschen Bundestage ihr Recht zu wahren, sondern ersterer suchte auch bei dem Ministercongresse in Carlsbad 1819 und im nächsten Jahre in Wien persönlich für das anhaltische Interesse zu wirken. Es gelang ihm zwar für die Schlußacte einen eigenen Artikel zur Sicherung der freien Flußschifffahrt, also auch der Elbe, zu erlangen, jedoch war dies nur ein fast verschwindender Ersatz gegen die von Preußen verhängten Maßregeln, indem dieses zum Schutze seines Handels nunmehr die anhaltischen Länder mit engen Zollschranken umgab und dadurch den Handel und die merklich aufblühende Fabrikthätigkeit der Bewohner lähmte und fast vernichtete.

Herzog F., schwer gekränkt im Bewußtsein seiner Stellung als souveräner Fürst und Mitglied des deutschen Bundes und zugleich beseelt von dem regen Wunsche, seine Unterthanen von dem fast unerträglichen Drucke zu befreien, glaubte nur beim österreichischen Hofe Hülfe suchen zu können und fand auch Theilnahme und auch wol Aufmunterung, was ein festes Anschließen seinerseits an die österreichische Politik, namentlich bei den Abstimmungen im Bundestage zur Folge hatte, aber keine reelle Hülfe. Mittelsperson zwischen dem Wiener Hofe und dem Herzoge bildete der österreichische Generalconsul in Leipzig, der Regierungsrath Adam Müller, dem es gelang sich bald das Vertrauen des letzteren und von dessen Gemahlin in einem solchen Grade zu erwerben, daß er in allen Staats- und Familienangelegenheiten zu Rathe gezogen ward und den ausgedehntesten Einfluß erlangte, ein Verhältniß, welches bei der ausgesprochen antipreußischen und fanatischen Richtung des Vertrauensmanns nicht geeignet war, heilsam und versöhnend auf den durch die immer mehr sich häufenden Sorgen in steigender Aufregung begriffenen Gemüthszustand des Herzogs einzuwirken. Es dürfte nun wol die Ansicht der Wahrheit sehr nahe kommen, daß der Convertit Adam Müller in dem Herzoge und seiner einflußreichen, dem Prunk nicht abholden, von Stolz und Ehrgeiz beseelten schönen Gemahlin den Glauben erweckt und genährt habe, die geschilderten Unglücksfälle seien eine [675] Strafe des Himmels und könne das herzogliche Paar nur durch Rücktritt zur alleinseligmachenden Kirche, der ja auch des Herzogs letzter Hoffnungsanker, der Kaiser von Oesterreich, angehöre, Befreiung von seinen weltlichen und Gemüthssorgen erlangen. Gewiß auf diese Weise hinlänglich vorbereitet, trat das herzogliche Paar auf ärztlichen Rath, denn die Herzogin hatte schon lange gekränkelt, im Sommer des Jahres 1825 eine Reise nach Paris an und kehrte erst Anfangs December nach der Heimath zurück, da der Gesundheitszustand der Herzogin, welche dort tödtlich erkrankte, ein längeres Verweilen als ursprünglich beabsichtigt worden, erheischte. Während dieser Zeit war aber der Würfel gefallen, der Herzog und seine Gemahlin waren am 24. October zur katholischen Kirche übergetreten. Es war dies ein Schritt, der selbst dem Herzoge sehr nahe stehenden Personen und den höchsten Landesbeamten ganz unerwartet gekommen zu sein scheint, wenn es auch vielleicht an betreffenden Andeutungen nicht gefehlt haben mag, und wovon das Land erst später Nachricht erhielt.

Inzwischen wurde das durchaus nicht unbeliebte Fürstenpaar bei seiner Rückkehr mit Herzlichkeit empfangen und hielt auch am 6. December seinen feierlichen Einzug in Nienburg. Da fügte es sich, daß bei dem deshalb veranstalteten Fackelzuge die erst kürzlich vollendete Kettenbrücke über die Saale zusammenbrach, wobei mehr als 70 Menschen den Tod in den Fluthen fanden. Dieses unglückliche Ereigniß verursachte große Aufregung im ganzen cöthenschen Lande und ward eben die Veranlassung, daß letzteres erst unter dem 6. Januar 1826 von dem so wichtigen Entschlusse seiner Landesherrschaft durch öffentliche Bekanntmachung in Kenntniß gesetzt ward. Allgemein war die im Lande hierdurch hervorgerufene Bestürzung, da man fast unvermeidliche Beeinträchtigungen der Landeskirche befürchtete, und ebenso groß war auch das Aufsehen, welches dieser Schritt außerhalb der Grenzen des cöthenschen Landes erregte; eine Fluth von Schriften für und wider wurde dadurch hervorgerufen, durch welche dem Herzoge nicht verborgen blieb, daß der von ihm beliebte Weg sich nur der Beistimmung Weniger erfreute. Am deutlichsten sprach sich ein im März 1826 vom König Friedrich Wilhelm III. von Preußen an die Herzogin Julie gerichteter Brief aus, der seinen Weg durch alle Zeitungen fand und an der Stellung des Königs zu dieser Angelegenheit keinen Zweifel ließ.

Es war dies ein harter Schlag für das cöthensche Fürstenpaar, welches nicht unwahrscheinlich eine viel günstigere Beurtheilung von Berlin erwartet hatte, und ließ jede Hoffnung auf Annäherung der beiden Höfe und Milderung des preußischen Verfahrens als unberechtigt erscheinen.

Wenn der Herzog sich auch jedes directen Eingriffes in die Rechte der Landeskirche enthielt und sich sogar von da ab dem Zustandekommen der Union der beiden evangelischen Bekenntnisse geneigter als früher zeigte, so wendete er doch nun den Anhängern seines neuen Glaubens mehr und mehr seine Gunst und seine Aufmerksamkeit zu, es fanden jesuitische Priester sich ein, unter Andern der jetzige Jesuitengeneral Beckx, die Schutz und Aufmunterung fanden, und bald begann, begünstigt vom Herzoge, die Proselytenmacherei, fand aber nur vereinzelt und nur in den niedern Schichten der Bevölkerung Boden und war überhaupt nicht von Belang; dann folgte 1828 die Gründung und Dotirung eines Klosters der barmherzigen Brüder in Cöthen, sowie bereits 1827 die Inangriffnahme einer katholischen Kathedrale daselbst, die mit reichen Schenkungen bedacht ward und zu deren Bau Beiträge zu spenden als ein unfehlbares Mittel zur Erreichung der landesherrlichen Gunst sich erwies, aber alles dies entfernte nicht die strengen Zollschranken Preußens und der Wohlstand des Landes sank immer mehr. Dieser Umstand und die gänzlich geschwundene Aussicht, die geträumten [676] Hoffnungen auf Oesterreichs Hülfe verwirklicht zu sehen, überwältigten endlich den Starrsinn des Herzogs und veranlaßten im J. 1828 den Anschluß des cöthenschen Landes an das preußische Zollsystem, sowie dadurch das Schwinden der Handel und Gewerbe tödtenden Hemmnisse.

Die Kraft des Herzogs jedoch war gebrochen. Wenn er es auch an der stets gezeigten Sorgfalt für das Wohlergehen seiner Unterthanen nirgends fehlen ließ, so hatte ihn doch die Nutzlosigkeit seiner Bemühungen in der Zollfrage und der deshalb gebrachten Opfer tief erschüttert, er fand seine einzige Erholung in der Sorge für den Bau der katholischen Kirche, und merkwürdiger Weise war der letztere die indirecte Ursache seines Todes, indem am 2. Juli 1830 das zum Bau des Thurmes dienende Gerüst zusammenbrach, wobei eine Anzahl Arbeiter ihren Tod fanden, ein Ereigniß, welches den Herzog so ergriff, daß er wenige Wochen darauf starb. Seine Gemahlin, die Herzogin Julie, lebte meist im Auslande und starb 1848 in Wien.

Da Herzog F. von seinen beiden Gemahlinnen Kinder nicht hinterließ, so folgte ihm in der Regierung des Herzogthums Cöthen sein Bruder Heinrich, der, 1778 geboren, seit 1818 im Besitz des Fürstenthums Pleß gewesen war, welches nun, da der nächste Bruder, Christian Friedrich, bereits 1813 gestorben, auf den jüngsten, den Prinzen Ludwig, überging.

Da Herzog Heinrich, aus dessen früherer Zeit nur angeführt werden kann, daß er gleichfalls in preußischen Militärdiensten gestanden, evangelisch war und blieb, so hatte die bisherige Begünstigung des Katholicismus in Cöthen nun ein Ende, die Jesuiten fanden keinen fruchtbaren Boden für ihre Bestrebungen mehr und räumten meist das Land, bis dann 1848 die letzten entfernt wurden; das erwähnte Kloster verwandelte sich in eine evangelische Armenschule, doch ward aber die katholische Kirche zur Vollendung geführt 1833, wenn auch in beschränkteren Verhältnissen.

Der Herzog zeigte sich, wie schon der ihm vorausgegangene Ruf hatte hoffen lassen, als ein gerechter, thätiger, milder Fürst, dem das Wohlergehen seiner Unterthanen und das Heil des Landes sehr am Herzen lag. Ihm verdankt das Herzogthum viele gute Einrichtungen, namentlich die Verbesserung der Verkehrsanstalten. Er errichtete an Stelle der eingestürzten Nienburger Kettenbrücke eine Schiffbrücke, begünstigte die Eisenbahnen, von denen mehrere Linien sein Land berührten, verschönerte und erweiterte seine Residenz Cöthen, sorgte für Neubau und Vergrößerung von Kirchen und Schulen und wirkte durch die Einführung der Separationen und Ablösungen vortheilhaft für das Gedeihen des Ackerbaus.

Im J. 1834 ging das Seniorat des anhaltischen Fürstenhauses auf ihn über, 1836 stiftete er mit seinen Vettern in Dessau und Bernburg den Gesammthausorden Albrechts des Bären und 1844 nahm er, wie sie, den Titel „Hoheit“ an.

Auch unter Herzog Heinrichs Regierung gelang es nicht die Ausgaben des Landes mit den Einnahmen desselben in Einklang zu bringen, und trotz nicht zu verkennender Sparsamkeit erwuchsen die Schulden zu einer schwindelnden Höhe. Der redliche Wille des Herzogs, Abhülfe dieses drückenden Verhältnisses zu schaffen, führte 1846 die mit Bewilligung und unter Garantie der fürstlichen Agnaten erfolgte Regulirung des Schuldenwesens herbei und nun begann durch die wirksame Hülfe des neu berufenen Landesdirectionspräsidenten v. Goßler die allmähliche Abwicklung der großen Verbindlichkeiten. Herzog Heinrich, der das ihm 1841 durch den kinderlosen Tod seines letzten Bruders Ludwig wieder zugefallene Fürstenthum Pleß an den dort erbberechtigten nächsten Agnaten, den Grafen von Hochberg, gegen eine Jahresrente bereits 1846 überlassen hatte, starb am 23. November 1847 im Besitz der Liebe seiner Unterthanen [677] und mit ihm erlosch, da er von seiner Gemahlin Auguste Friederike Esperance von Reuß Kinder nicht hinterließ, die cöthensche Linie des anhaltischen Fürstenhauses. Sein Land ward wegen des bevorstehenden Erlöschens auch der Bernburger Linie nicht getheilt, sondern ging, vom Senior inzwischen verwaltet, durch Vertrag vom 3. Februar 1853 gegen eine Jahresrente vom 1. Januar 1854 an in den Besitz jenes, des Herzogs Leopold Friedrich von Dessau, über.

Die Herzogin Auguste, eine treffliche Frau und wahre Mutter der Armen und Nothleidenden, welche ihren Gemahl überlebte und bis zu ihrem 1853 erfolgten Tode in Cöthen ihren Wohnsitz behielt, ehrte das Andenken ihres Gemahls durch die Heinrichsstiftung, bestehend in einem bedeutenden Capitale, dessen Zinsen zu verschiedenen wohlthätigen Zwecken verwendet werden.