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ADB:Fiedler, Heinrich

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Artikel „Fiedler, Heinrich“ von Ferdinand Sander in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 552–554, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fiedler,_Heinrich&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 08:06 Uhr UTC)
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Fiedler: Heinrich F., Dr. philos., Director der Oberrealschule zu Breslau und ihrer Annexa, geboren am 10. Februar 1833 in Neisse, † am 22. Januar 1899 in Breslau. Vorgebildet auf der Realschule (jetzt Realgymnasium) seiner Vaterstadt, studirte F. in Breslau Naturwissenschaften und Mathematik und bestand 1854, nachdem er zuvor das Neisser Reifezeugniß zu einem solchen für das Gymnasium ergänzt hatte, dort die Prüfung für das höhere Lehramt. Ostern 1854 wurde er als Hilfslehrer der städtischen Realschule I. Ordnung zum heiligen Geist überwiesen und blieb, zuletzt als Oberlehrer, an dieser Anstalt bis 1876. Als wissenschaftliches Hauptfach betrieb der strebsame junge Lehrer zunächst besonders die Mineralogie und war seit 1855 längere Jahre am mineralogischen Museum der Universität Breslau als Custos nebenamtlich thätig. Diese doppelte Thätigkeit genügte indeß dem vorwiegend praktischen, gemeinnützigen Sinne des begabten und gewandten Mannes nicht lange. Er wandte seine Theilnahme dem gewerblichen Leben der Stadt Breslau zu und errang bald im dortigen Gewerbevereine solches Ansehen, daß er bereits 1859 als Schriftführer in dessen Vorstand gewählt und mit der Redaction des „Breslauer Gewerbeblattes“ betraut ward. Scharfblickend erkannte er, daß dem deutschen Gewerbe zu dessen gesundem Aufschwunge [553] besonders ein zweckmäßiges Fachschulwesen fehlte, und setzte sich demgemäß als Hauptziel, zunächst in Breslau, dann aber durch den von ihm mitbegründeten Centralgewerbeverein für Schlesien in der ganzen Provinz für gründliche Besserung auf diesem Gebiete zu sorgen. In dem Stadtrathe Schmoock, einem Schüler Diesterweg’s, der, durch das Jahr 1848 aus dem Schulwesen verdrängt, mit großem Erfolge zur Industrie übergegangen war, fand er für die Hauptstadt, im Commerzienrathe Dr. Egmont Websky für die weiteren Kreise der Provinz verständnißvolle Genossen dieses Strebens. Mit den Erfolgen kam allmählich die Anerkennung. Den Breslauer Verein leitete F. von 1879 bis 1893 als Vorsitzer, und 38 Gewerbevereine Schlesiens, sowie der Gewerbeverein zu Braunau in Böhmen erkoren ihn zum Ehrenmitgliede. Neben der wirksameren Organisation des gewerblichen Fortbildungsunterrichtes erstrebte F. von vornherein die Errichtung einer höheren Gewerbeschule in Breslau. Durch Zusammenwirken von Stadt und Staat erstand diese im Herbst 1874 und am 1. April 1876 trat F. selbst als Director an ihre Spitze. Die anfänglich vereinigten Zweige: Allgemeine Abtheilung (Oberrealschule), Baugewerk-, Maschinenbau- und Chemisch-technische Schule blieben, solange F. lebte, in seiner Hand vereinigt. Seither sind die drei ersten selbständige, blühende Anstalten geworden, die in F. ihren Gründer und ersten Pfleger verehren; nur die chemische Fachschule ist eingegangen. Trotz des großen Umfanges und Gewichtes dieser nächsten Aufgaben, denen er sich unermüdlich widmete, behielt F. noch Kraft übrig für vielseitiges Wirken in weiteren Kreisen. Von 1875 bis zu seinem Tode war er Mitglied, längere Jahre hindurch zweiter Präsident des Breslauer Stadtverordnetencollegiums und betheiligte sich eifrig an den Arbeiten der städtischen Verwaltung, besonders als einflußreiches Mitglied der Schuldeputation. Dem politischen wie dem evangelisch-kirchlichen Leben bewies er im gemäßigt-liberalen Sinne reges Interesse und gehörte u. a. dem Vorstande des schlesischen Provinzialvereines für die Gustav-Adolfstiftung an. In späteren Jahren übernahm er noch die Oberleitung der Taubstummenanstalt zu Breslau und war seit 1875 als erwählter Stuhlmeister der Freimaurerloge zu Breslau ein stets bereiter Förderer aller humanen Bestrebungen dieses weitverzweigten Vereines. Bei den leitenden Staatsbehörden erweckte Fiedler’s reges Wirken für das gewerbliche Schulwesen bald Aufmerksamkeit. Als Vorsitzer des „Verbandes deutscher Gewerbeschulmänner“ war er der gegebene Mittelsmann zwischen dem Vorwärtsdrängen der hier vereinten Fachmänner und dem vorsichtigen Abwägen der vielfach noch tastenden Regierung. Bereits 1878 wurde F. zu den damals stattfindenden, grundlegenden commissarischen Berathungen über Gewerbeschulen, mittlere Fach- und Baugewerkschulen nach Berlin berufen und fehlte seitdem kaum bei einer der zahlreichen, amtlichen und halbamtlichen, Verhandlungen über Fragen dieses Gebietes. Im J. 1890 war er Mitglied der sog. Decemberconferenz für Reform des höheren Schulwesens und ging aus dieser (Januar 1891) als Vertreter der lateinlosen Realanstalten, für deren Gleichberechtigung mit Gymnasien und Realgymnasien (beziehentlich Progymnasien) er in Wort und Schrift eintrat, wo er konnte, in den sog. Siebenerausschuß über. Ebenfalls 1891 ernannte der Minister für Handel und Gewerbe F. zum außerordentlichen Mitgliede der ständigen Commission für das technische Unterrichtswesen. Nur mit Staunen und mit Sorge konnten Fiedler’s zahlreiche Freunde diese vielseitige Thätigkeit betrachten, in der er ebensowenig wie in der frohen Geselligkeit, für die er als alter Burschenschafter wie ein Student empfänglich blieb, sein zunehmendes Alter berücksichtigte. Wuchsen ihm die Ansprüche von so verschiedenen Seiten dennoch einmal über den Kopf, [554] dann zog er sich gern mit raschem Entschlusse in waldige Stille zurück, um nach kurzer Zeit wie verjüngt auf den Kampfplatz zurückzukehren. Erst nachdem er das fünfundsechzigste Lebensjahr erreicht hatte, begannen die schier unverwüstlichen Kräfte zu versagen, und der sanfte Tod am 22. Januar 1899 erlöste ihn von langem, qualvollem Leiden. Um mehr als ein Jahrzehnt war ihm seine erste Gattin, geborene Borsig, im Tode vorausgegangen, nachdem er fast dreißig Jahre mit ihr in glücklichster Ehe gelebt hatte. Erst wenige Jahre vor seinem Tode schritt er zur zweiten Ehe mit einer langjähriger Freundin seines Hauses, die sich ihm als treue Pflegerin in schweren Tagen bewährte. Er hinterließ zwei Söhne, deren einer ins gewerbliche Leben übergegangen war, während der andere im Officierstand einen glücklichen Anfang gemacht hatte, und eine an einen schlesischen Gutsbesitzer verheirathete Tochter. Erst nach Fiedler’s Tode traf bei der Witwe die amtliche Nachricht ein, daß der Verstorbene soeben zum Geheimen Regierungsrathe ernannt worden war. Schriftstellerisch ist F. in zahlreichen Vereins- und Schulberichten, Gutachten und Denkschriften hervorgetreten; zur Fortsetzung seiner mit Glück begonnenen mineralogischen und geologischen Studien („Die Mineralien Schlesiens“, Breslau 1856; „Die fossilen Früchte der Steinkohlenformation“, Breslau und Bonn 1857; „Die diluvialen Gebilde Schlesiens“, „Einiges über schlesische Mineralien“ und andere Programmarbeiten) fehlte ihm später die Muße.

Quellen: neben eigener näherer Bekanntschaft die Nachrufe an H. Fiedler in den Jahresberichten der von ihm geleiteten Anstalten von 1899, im Schlesischen Gewerbeblatte (Organ des Breslauer und des Schlesischen Central-Gewerbevereines), 1899, Nr. 3 u. s. w.