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ADB:Finsler, Hans Konrad

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Artikel „Finsler, Hans Konrad“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 25–27, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Finsler,_Hans_Konrad&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 22:03 Uhr UTC)
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Finsler: Hans Konrad F., eidgenössischer Staatsmann und Militär, geb. zu Zürich 1765, † 17. December 1839. Schon vor der Staatsumwälzung von 1798 hatte sich F., mit einem jüngeren Bruder Erbe eines vom Vater in günstigen Verhältnissen hinterlassenen kaufmännischen Geschäftes, insbesondere durch lebhafte Betheiligung an den Kriegsanstalten bemerkbar gemacht, so daß er 1795 zum Generaladjutant der Artillerie aufstieg. Außerdem aber war derselbe durch mannigfache Kenntnisse, staatswirthschaftlichen und geographischen, mathematischen und statistischen Inhalts, durch seine Kunde der Geschichte und der größeren Verhältnisse Europa’s vielfach gefördert. Aufmerksam hatte er die Entwickelungen und Folgen der Revolution beobachtet und so erschien er wohl vorbereitet, als er 1798 zu einem der wichtigsten Aemter der neu geschaffenen helvetischen Republik berufen wurde. F. erhielt unter den denkbar schwierigsten Verhältnissen für den von äußeren Gefahren und inneren Wirren bedrohten Staat, dessen schwächste Seite bei der gänzlich veränderten staatswirthschaftlichen Grundlage gerade seine Finanzen waren, von dem im April bestellten Directorium die Aufforderung, unter den Vollziehungsbeamten das Finanzministerium zu übernehmen. Im November 1799 wurde er unter den Nachwirkungen des unglücklichen Ausganges des Coalitionskrieges, da er sich Laharpe’s Absichten nicht gefügig zeigte, durch denselben zum Austritte genöthigt, obgleich auch Laharpe seine Unersetzlichkeit anerkannte: er nennt in seinen Memoiren F. „un homme nécessaire qui nous trahissait“. Dergestalt in die Opposition gedrängt, ließ sich F., als kurz darauf durch den Staatsstreich vom 7. Januar 1800 das revolutionär gefärbte Directorium gestürzt worden war, am folgenden Tage in den neu bestellten Vollziehungsausschuß wählen. War schon gegenüber Laharpe insbesondere die Vertheidigung der zürcherischen, während der Anwesenheit der Coalitionstruppen bestellten Interimsregierung der Anlaß zum Conflicte für F. gewesen, so löste sich derselbe fortwährend mehr von dem durch die helvetische Revolution geschaffenen Boden. Schon Ende Mai sprach er sich in einer Denkschrift an seine Collegen über die seit dem Januar nicht erfüllten Hoffnungen des Volkes aus, ließ sich dann aber bewegen, noch länger in der Behörde zu bleiben. Als damaliger Präsident des Ausschusses leitete F. die Sitzung vom 7. August, in der durch die Vertagung der gesetzgebenden Räthe ein neuer Staatsstreich im engen Einverständniß mit der französischen Consulatsregierung vollzogen wurde. Nunmehr zog sich F. aus der Centralregierung zurück, trat dann aber, nachdem 1802 mit seiner Unterstützung die Insurrection gegen die Helvetik vor sich gegangen und 1803 die Mediationsverfassung eingeführt war, in den Staatsrath des Cantons Zürich ein, wo er alsbald als ein hervorragendes Mitglied der Finanzcommission sich von neuem hervorthat. Zugleich aber bethätigte er sich auch wieder auf dem Felde des Kriegswesens. 1804 zum eidgenössischen Oberstquartiermeister ernannt, trat F. 1805 und 1809 bei den Grenzbesetzungen zum Behuf der Wahrung der Neutralität in Function, und dasselbe war wieder Ende 1813, als die der Schweiz sich nähernden Kriegsereignisse den Sturz der Napoleon’schen Vermittlungsacte zur Folge hatten, der Fall. Die mit der Neuordnung der eidgenössischen Angelegenheiten beschäftigte Tagsatzung, welche im Frühjahr 1814 in Zürich zusammengetreten war, gab durch einen F. ertheilten Auftrag demselben die Gelegenheit, seine allgemein anerkannte militärische Localkenntniß und seinen strategischen Scharfblick in einer vorzüglichen Weise darzulegen. Das geschah in dem am 2. Mai, nur sechs Tage nach ergangener Aufforderung, eingereichten „Bericht des eidgenössischen Oberstquartiermeisters an die hohe Tagsatzung über [26] eine für die Schweiz wünschenswerthe Militärgrenze“, welcher vom Verfasser des Artikels im „Jahrbuch des Schweizer Alpenclub“, Bd. XII (1877), S. 330–355, einer genaueren Beleuchtung unterworfen wurde. 1815 dann, nach Napoleon’s Rückkehr von Elba und den dadurch nothwendig gewordenen großen Rüstungen, führte F. zunächst das Interimscommando über die aufgebotenen Truppen an der Westgrenze, worauf er nach der Ankunft des von der Tagsatzung ernannten Obergenerals Bachmann (s. d. Art.), Anfang April, unter dessen Befehl trat. Beim Vorrücken gegen die Grenze und nach deren Ueberschreitung vermochte F. als Commandant der vierten (Reserve-)Division einen im Rücken des Heeres durch die Weigerung einer Abtheilung, die Grenze zu überschreiten, drohenden Aufstand durch Abschließung der Aarlinie im Keime zu ersticken. Aber es kam, allerdings auch durch die zu geringe Bekanntschaft Bachmann’s mit den schweizerischen Verhältnissen, zu noch weiteren Schwierigkeiten und Verdrießlichkeiten zwischen dem Hauptquartier und der Tagsatzung; der General sah sich bloßgestellt und legte das Obercommando nieder. Auf genauer Kunde beruhende Angaben des Berners von Fischer (s. d. Art.), welcher Bachmann als Stabsadjutant persönlich nahe stand, führen jene Anstände auf Anzettelungen zurück, welche vorzüglich in F. ihren Mittelpunkt hatten, und so sehr auch Fischer den ausgezeichneten Fähigkeiten und Leistungen Anerkennung zollte, ließ er doch in ein vertrauliches Urtheil über F. einfließen, daß durch dessen Benehmen „seine Menschenkenntniß auf eine mehr lehrreiche, als angenehme Weise bereichert worden sei“. F., dem Bachmann das Commando übergeben hatte, wurde am 4. August zum Generalquartiermeister ernannt, und es fand noch unter seiner Oberanführung, in Gemeinschaft mit österreichischen Truppen unter Erzherzog Johann, die Durchführung der Belagerung der seit dem 26. Juni eingeschlossenen Festung Hüningen statt, welche am 28. August mit deren Kapitulation abschloß. Aber auch in der darauf folgenden Friedenszeit erwarb sich F. um das eidgenössische Militärwesen bedeutende Verdienste durch seine Theilnahme an der erheblich erweiterten Organisation und als erstes bleibendes Mitglied der Militäraufsichtsbehörde. Ganz vorzüglich ist der große Antheil hervorzuheben, welchen er an den Arbeiten für die Vermessung der Schweiz nahm. 1817 legte F. den ersten Bericht über die trigonometrischen Aufnahmen vor der Tagsatzung vor, worauf in den nächsten Jahren bis 1829 noch regelmäßige weitere Referate über deren Fortschritt eingingen. F. besorgte fortwährend die Leitung dieser Arbeiten, aus deren Fortsetzung und gesteigerter Leistung dann unter seinem zweiten Nachfolger im Oberstquartiermeisteramte, dem Genfer Dufour, von 1832 an, die vorzügliche Generalstabskarte der Schweiz allmählich erwuchs. Wie in der Mediationszeit, so gehörte F. auch in den Jahren der Restaurationsperiode der zürcherischen Regierung an und übte seinen Einfluß besonders, außer im Finanzwesen, im Departement der öffentlichen Bauten und in dem der Salzsachen. Einer seiner damaligen Collegen im Staatsrathe, Meyer von Knonau (s. d. Art.), bezeichnet in seinen handschriftlichen Lebenserinnerungen F. als auf seinen Gebieten „unbedingt herrschend und wegen seines schneidenden Tones gefürchtet“, dessen Stellung in den zürcherischen Verhältnissen als eine solche, „welche in einem Freistaate als beinahe unmöglich angesehen werden sollte“. Aber im Februar 1829 nahm dieselbe ein plötzliches Ende, indem sich bei dem Falle des von F. und seinem Bruder geleiteten Handelshauses eine weit gehende Verflechtung der öffentlichen und der privaten Verhältnisse ergab. Der besonders in der Salzcasse hervortretende Mangel wurde zwar alsbald durch eine freiwillige Subscription gedeckt; aber das peinliche Aufsehen, welches der Vorfall in den weitesten Kreisen hervorrief, stempelte das Ereigniß dennoch zu einem der Symptome der 1830 in Folge der Julirevolution auch im Kanton Zürich eintretenden Umgestaltungen. F., in [27] Zürich in jeder Weise unmöglich geworden, verlebte seine letzten Jahre zurückgezogen in Bern, wo er viele Freunde zählte, besonders seinen nächsten Nachfolger in dem eidgenössischen militärischen Amte, Wurstemberger (s. d. Art.). Aber es ist auch bemerkenswerth, daß in des Berners A. von Tillier „Geschichte der Eidgenossenschaft während der sogenannten Restaurationsepoche“, Bd. II, S. 378–381, die eingehende Schilderung der Finsler’schen Katastrophe in milderndem Tone gehalten ist.