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ADB:Funck, Johannes

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Artikel „Funck, Johann“ von Möller. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 197–199, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Funck,_Johannes&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 12:33 Uhr UTC)
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Funck: Johann F. (Funcke, Funccius), geb. in Wöhrd bei Nürnberg 1518, studirte und erwarb den Magistergrad in Wittenberg und wurde, nachdem er vorübergehend an verschiedenen Orten gewirkt, Prediger zu St. Johann in Nürnberg, dann in seinem Geburtsort. Bei der unglücklichen Wendung des schmalkaldischen Kriegs und der Annäherung der spanischen Truppen auf ihrem Zuge nach Sachsen (März 1547) verließ er eine Zeit lang seine Pfarre, weil er sich durch starke Parteinahme wider den Kaiser compromittirt fühlte, und erhielt vom Rath seine Entlassung, hielt sich aber noch einige Monate in Nürnberg auf, während welcher er jene Relation über die Schlacht bei Mühlberg und die Gefangennehmung Johann Friedrichs aufschrieb, welche seiner Chronologie angehängt ist. Wie so manche Andere suchte und fand er Zuflucht bei Herzog Albrecht von Preußen, welchem Veit Dietrich in Nürnberg ihn als einen feinen jungen beredten Mann geschildert hatte, welcher freilich noch „zu frei und heiß vor der Stirne“ sei. Ende October 1547 traf er in Königsberg ein, wurde nach Littauen gesandt, kehrte aber nach einigen Wochen zurück und wurde mit der interimistischen Verwaltung des Pfarramts an der altstädtischen Kirche betraut, begleitete aber auch nach dem Tode König Sigismunds (I.) den Herzog als Reiseprediger zur Leichenfeier an den polnischen Hof. Als Ende Januar 1549 Andreas Osiander nach Königsberg kam, erhielt dieser die altstädtische Pfarre, F. aber wurde Hofprediger. Er gerieth bald unter den bestimmenden Einfluß jenes überlegenen Mannes, der ihn trotz eines vorübergehenden Schwankens so festzuhalten wußte, daß er in den nun beginnenden heftigen Lehrstreitigkeiten zu Osianders eifrigsten und rücksichtslosesten Parteigängern gehörte. „Funck und Osiander ist ein Bub wie der ander“ heißt es in einem groben Pasquill. Er theilte mit ihm und dem besonders einflußreichen Leibmedicus Andreas Aurifaber die Gunst des Herzogs, aber auch den Haß der theologischen Gegner (Mörlin’s u. A.) und ihres im Lande und namentlich auch beim Adel ganz überwiegenden Anhangs. Daß F. aber ein Schwiegersohn Osianders gewesen, ist eine ebenso unerweisliche als verbreitete Behauptung; dagegen heirathete in der That Andr. Aurifaber eine Tochter Osianders. Als im Herbst 1552 der König Sigismund August von Polen Königsberg besuchte, scheint man bereits die Hoffnung gehabt zu haben, es ließe sich mit Hülfe des polnischen Oberlehnsherrn ein Schlag gegen die verhaßten Osiandristen führen. F. predigte (nach Mörlin): „die lieben Engelein hätten das kleine Häuflein behütet, sonst wären die Anschläge gemacht gewesen, sie zu erwürgen und den Fürsten um Land und Leute zu bringen.“ Nach Osianders kurz darauf erfolgtem Tode richtete sich die immer schärfere Opposition in theologischer Beziehung besonders gegen F. Der letzte Versuch des Herzogs nach allen den vergeblichen theologischen Verhandlungen durch das Mandat vom 11. August 1555 den Streit ohne Aufopferung der Osiandristen zu unterdrücken, steigerte die Erbitterung, da in Folge desselben eine große Menge widerstrebender Geistlicher das Land verlassen mußte. Als es dann dem von Matth. Flacius Illyricus bearbeiteten Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg (seit Anfang 1555 mit Albrechts Tochter Anna Sophia vermählt) gelungen war, den Herzog etwas umzustimmen, mußte sich zwar F. auf der Synode zu Riesenburg (Februar 1556) zu einer Art Widerruf verstehen, aber sein Herr entschädigte ihn für diese Beschämung durch erhöhte Gunst, der von F. versprochene Widerruf auf der Kanzel vor der Gemeinde unterblieb, und seinem Einfluß schrieb man es zu, daß nach und nach [198] eine Anzahl entschiedener Gegner aus ihren Aemtern entfernt wurden. Eine neue kirchliche Aufregung führte dann die Einführung einer veränderten Kirchenordnung (1558) herbei, für welche M. Vogel am kneiphöfischen Dom (ebenfalls ein Nürnberger) und der von auswärts berufene und wider Willen der Stände zum Präsidenten des samländischen Bisthums gemachte Johann Aurifaber (Bruder des Arztes) thätig waren, Männer, welche zwar durchaus nicht Osiander’s Lehre theilten, vielmehr der Richtung des von Osiander so feindselig behandelten Melanchthon angehörten, welche aber über den Streit milde dachten und den Vermittelungsversuchen des Herzogs zugestimmt hatten. Die durch die Kirchenordnung geschehene Beseitigung des Exorcismus bei der Taufe galt als Hinneigung zum Calvinismus. Den Ausschlag aber für Funck’s Geschick gaben nun die im Leben Albrechts geschilderten tiefgehenden Zerwürfnisse des Herzogs mit seinen Ständen, der steigende Groll derselben über die Verletzung ihrer Ansprüche durch den mit Ausländern sich umgebenden Herzog, wobei allerdings die ständische Opposition an der kirchlichen Mißstimmung einen nicht zu unterschätzenden populären Rückhalt gewann. Als Beichtvater des alternden und schwach werdenden Herzogs, an dessen Gunst er seine einzige Stütze hatte, dazu noch zum Rath des Herzogs ernannt und zum Schatzmeister der Herzogin, verwickelte sich F. in diese Händel und erschien als ein Glied der gehaßten Camarilla, in welcher der eigentliche Unheilstifter, der Abenteurer und Schwindler Paul Skalich seinen verhängnißvollen Einfluß ausübte. F. hatte auf einer Reise nach Deutschland (1561) den Theologen von Wittenberg und Leipzig ein Bekenntniß vorgelegt, welches von diesen für rechtgläubig erklärt wurde. Dennoch brachten es (1563) die Stände dahin, daß F. den früher versprochenen öffentlichen Widerruf noch leisten mußte. Er that dies in mehreren Predigten, die er mit einer Vorrede drucken ließ. Hier nahm er, was seine Polemik gegen die Gegner betrifft (doch ohne Verdammung Osiander’s) seine Schrift für Osiander (Bericht) zurück, als ärgerlich und untüchtig, weil er der Sache damals noch nicht genug berichtet gewesen. Von dieser Seite konnte man ihm also vorläufig nichts mehr anhaben. Als aber die Stände, erbittert über die Nichtachtung der früheren Abmachungen (der Regimentsnotel von 1542 etc.) und die Umstoßung des Testamentes Albrechts das Eingreifen der Krone Polen durch die polnische Commission erlangt hatten, welche am 23. August 1566 in Königsberg eintraf, entlud sich der Haß vor Allem auf Funck’s Haupt. Skalich hatte sich gerade noch rechtzeitig zu entfernen gewußt; Andr. Aurifaber war schon 1559 gestorben, die ohnehin doch nicht in gleich hohem Grade mißliebigen Theologen Joh. Aurifaber und M. Vogel waren kurz vorher außer Landes gegangen. Gegen F., der ihnen nun als der eigentliche Anstifter galt, sowie gegen die Räthe Horst, Schnell und Steinbach reichten die Stände ein Klaglibell bei der Commission ein. Außer den Alle betreffenden Klagen, daß jene Männer als Störer des öffentlichen Friedens sich unterstanden hätten, alle christliche wohl hergebrachte und mit gemeiner Landschaft Rath und Bewilligung vor Alters gestellte und aufgerichtete gute Kirchen- und Regimentsordnung in diesen Landen zu turbiren und aufzuheben, wird gegen F. noch seine kirchliche Parteistellung benutzt, daß er sich dem Hauptketzer Osiander anhängig gemacht und dazu geholfen, daß viele fromme Kirchendiener aus dem Lande getrieben seien, auch seine Mitwirkung bei Einführung der neuen „hochärgerlichen“ Ordnung des Sacraments der heil. Taufe. Die polnische Commission übergab aber die gerichtliche Untersuchung über die Angeklagten dem städtischen Gericht im Kneiphof, d. h. es gab dieselben in die Hände ihrer Feinde. So gewiß nun F. in seiner intimen Vertrauensstellung zum Herzog und bei seinem unleugbaren Einfluß auf ihn moralisch mitverantwortlich ist für die Cabinetsregierung Albrechts und für die [199] Entfremdung desselben von der Landschaft, so wenig konnte ihm doch rechtlich nachgewiesen werden, und auch sein zur Vermeidung der Tortur abgelegtes Bekenntniß enthält Nichts, was den Vorwurf der Parteijustiz vom Spruche des Gerichtes entfernt. Er lautete für alle Angeklagten auf Todesstrafe und die Appellation nach Polen ward abgeschnitten. Nur Steinbach, damals schwer erkrankt, wurde zu ewiger Landesverweisung begnadigt. Die Hinrichtung fand auf dem Kneiphöfischen Markt statt, am 28. October 1566, an demselben Tage an welchem F. vor 19 Jahren in Königsberg eingetroffen. Man hat Funck’s Schicksal mit dem des sächsischen Kanzlers Krell verglichen, was den Rechtsmißbrauch betrifft mit Grund, sonst steht freilich die Sache Beider keineswegs gleich, und an Lauterkeit und Festigkeit des Charakters steht der Königsberger seinem sächsischen Schicksalsgenossen erheblich nach. Von seinen Werken ist die „Chronologia ab orbe condito“ ihrer Zeit hochgeschätzt und oft gedruckt worden. Der erste Theil erschien 1545 in Nürnberg, vollendet hat er sie in Königsberg 1552, eine zweite Auflage ist bis 1566 fortgeführt, eine dritte in Wittenberg erschienene bis 1578 u. a. m. – „Chronika durch M. Carion bis in 1546 durch M. J. Funcken zusammengetragen“ o. O. 8, soll auch plattdeutsch erschienen sein. – „Warhafftiger und grundlicher Bericht, wie und was Gestalt die ergerliche Spaltung von der Gerechtigkeit des Glaubens sich anfenglich im Lande Preußen erhoben etc.“, Königsberg in Pr. 1553. 4; „Auslegung des 103. Ps.“ u. a. m.

Will, Nürnbergisches Gelehrtenlexikon I. Fortsetzung von Nopitsch I. Die Litteratur über Herzog Albrecht und Osiander. Die Proceßacten in Acta Borussica, Königsberg und Leipzig 1732. III. Hartknoch, Preuß. Kirchengeschichte, Frankfurt a. M. und Leipzig 1682. 4. Salig, Histor. der Augsb. Conf. II. M. Töppen in Raumer’s histor. Taschenbuch 1847.
Möller.