Zum Inhalt springen

ADB:Gärtner, Karl Friedrich von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Gärtner, Karl Friedrich von“ von Paul Ascherson in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 382–384, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:G%C3%A4rtner,_Karl_Friedrich_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:51 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Gartz, J. C.
Band 8 (1878), S. 382–384 (Quelle).
Karl Friedrich von Gärtner bei Wikisource
Karl Friedrich von Gärtner in der Wikipedia
Karl Friedrich von Gärtner in Wikidata
GND-Nummer 118716093
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|8|382|384|Gärtner, Karl Friedrich von|Paul Ascherson|ADB:Gärtner, Karl Friedrich von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118716093}}    

Gärtner: Karl Friederich v. G., Botaniker, geb. am 1. Mai 1772 zu Calw in Würtemberg, † ebendaselbst am 1. Sept. 1850. Erhielt den ersten [383] Unterricht von seinem Vater, Joseph G. (s. o.), dessen Beispiel für sein ebenfalls der Naturforschung gewidmetes Leben maßgebend wurde. Nachdem er als Hospes die niedere Klosterschule in Bebenhausen von October 1787 an besucht, und zwei Jahre als Lehrling in der herzoglichen Hofapotheke zu Stuttgart zugebracht hatte, begann er seine medicinischen Studien an der hohen Karlsschule, unter deren Lehrern besonders Kielmeyer ihm nahe trat und nach dem 1791 erfolgten Tode Joseph Gärtner’s einen um so wichtigeren Einfluß ausübte. Auf dessen Rath bezog G. 1794 die Universität Jena und begann dort bereits seine Untersuchungen über die Physiologie des Harns, zu welchem Zwecke er mit Hufeland’s Unterstützung chemische Analysen in dem Laboratorium von Göttling ausführte. 1795 ging G. nach Göttingen, wo besonders die Vorlesungen des Physikers (und Humoristen) Lichtenberg anregend auf ihn wirkten; von dort aus besuchte er mit einigen seiner dort studirenden Landsleute den Harz, namentlich um die Bergwerke kennen zu lernen. Im Herbst 1795 in die Heimath zurückgekehrt, wurde er im Mai 1796 in Tübingen nach Vertheidigung der Dissertation: „Observata quaedam circa Urinae Naturam“ zum Doctor der Medicin promovirt und ließ sich als Arzt in seiner Vaterstadt Calw nieder. Die ärztliche Praxis in einer kleinen Landstadt, welche in den nun folgenden drei Jahrzehnten einen großen Theil von Gärtner’s Zeit in Anspruch nahm, konnte seinem rastlosen Streben nicht genügen. Anfangs setzte er die physiologisch-chemischen Studien fort, die sich besonders auf die chemischen Bestandtheile der Knochen bei Menschen und Thieren, je nach Verschiedenheit von Alter und Ernährung, bezogen, worüber indeß nur Andeutungen in dem 1805 erschienenen ersten Bande der „Denkschriften der vaterländischen Gesellschaft der Aerzte und Naturforscher Schwabens“, S. 74, veröffentlicht sind. Ebenso ist nur eine kurze Notiz über seine Untersuchungen über das Leuchten des modernden Holzes in Scherer’s Journal für Chemie 1799 veröffentlicht. Später wandte er sich mehr der Botanik zu, indem er die schon in seinen Studienjahren beabsichtigte Herausgabe der botanischen Manuscripte seines Vaters, namentlich des Supplementbandes der Karpologie (den Druck des zweiten Bandes hatte er noch als Karlsschüler zu überwachen gehabt) wieder aufnahm. Um für diese Arbeit neues Material zu gewinnen und sich überhaupt in den großen wissenschaftlichen Mittelpunkten West-Europa’s weiter zu bilden, unternahm er 1802 eine einjährige Reise nach Frankreich, England und Holland. Ueberall eröffnete ihm der Name seines Vaters den Zutritt zu den bedeutendsten Gelehrten; er arbeitete in Paris bei Cuvier und A. L. v. Jussieu, verkehrte mit Desfontaines, Deleuze (dem er die Materialien für die von diesem bearbeitete Biographie J. Gärtner’s lieferte), Ventenat, Labillardière, Persoon, L. C. Richard etc. Auch in London fand er bei Dryander, Lambert und Banks die wohlwollendste Aufnahme. Letzterer, sowie Thunberg, welche bereits Jos. G. die werthvollsten Materialien für seine Karpologie geliefert hatten, unterstützten auch den Sohn mit nicht minderer Liberalität, so daß der erwähnte Supplementband des Werkes „De fructibus et seminibus plantarum“ die von Joseph G. hinterlassenen und zahlreiche eigene Untersuchungen Karl Friedrich Gärtners enthaltend, 1805 erscheinen konnte. Wie seinem Vater, zog auch ihm der anhaltende Gebrauch des Mikroskops ein hartnäckiges Augenleiden zu, das ihn nöthigte, diese Forschungen ganz aufzugeben. In den nächsten Jahren beschäftigte ihn der Gedanke, nach Haller’s Vorbilde ein umfassendes Werk über Pflanzen-Physiologie zu verfassen. Vieles hatte er für diesen Zweck beobachtet und gesammelt, beschränkte indeß nach mehreren Decennien seine Untersuchungen auf einen Zweig dieser Disciplin, die Lehre von der Sexualität und der Bastardbefruchtung im Pflanzenreiche, deren Ausbau er von 1825 an den Rest seines Lebens gewidmet hat; Forschungen, die seinem Namen [384] einen unvergänglichen Platz in der Geschichte der Wissenschaft sichern. Die Veranlassung zu diesen Untersuchungen war zunächst eine äußere. Die Lehre von der Sexualität der Pflanzen, begründet durch die genialen Untersuchungen von Rud. Jac. Camerarius, allgemein verbreitet durch die Autorität Linné’s, der auf dieselbe sein System begründete, noch weiter befestigt durch die langjährigen Versuche und Beobachtungen von Kölreuter und Chr. Conrad Sprengel, schien plötzlich durch den dreisten Widerspruch von Schelver und Henschel ernstlich erschüttert. Die Berliner Akademie stellte 1819 eine Preisaufgabe: „Gibt es eine Bastardbefruchtung im Pflanzenreiche“, welche in der gesetzten Frist von vier Jahren keine Beantwortung und erst 1826 von Wiegmann eine ungenügende Lösung fand. G. fand sich durch diese Zeitfrage veranlaßt, die Hybridationsversuche Kölreuter’s, den er als einen Freund seines Vaters persönlich kennen gelernt hatte, wieder aufzunehmen und nach einem erweiterten Plane durchzuführen. Diese Untersuchungen fesselten ihn von nun an an sein Haus und an seinen Garten; mit beispielloser Gründlichkeit wurden alle Bedingungen der normalen und künstlichen Befruchtung und alle möglichen Fehlerquellen in Erwägung gezogen und der Gegenstand in einer Reihe von Versuchen, deren Zahl 9000 überstieg, zum Abschluß gebracht. Außer verschiedenen kleineren Mittheilungen in Zeitschriften und auf Naturforscher-Versammlungen veröffentlichte G. über seine Arbeiten 1838 eine von der Nederl. Maatschappy voor Wetensch. von Haarlem gekrönte Preisschrift: „Over de Voorstelling van Bastard-Planten ane Bidrage tot de Kennis van de Bevruchting der Gewassen“, sowie ein größeres zweibändiges Werk: Theil I unter dem Titel „Versuche und Beobachtungen über die Befruchtungsorgane der vollkommenen Gewächse und ihre natürliche und künstliche Befruchtung durch den eigenen Pollen“ erschien 1844 und der II. „Versuche und Beobachtungen über die Bastardzeugung“, 1849. Wie manches in seinem Lebensgange an das Schicksal seines Vaters erinnert, so hatte sich dies epochemachende Werk eines so geringen buchhändlerischen Erfolges zu erfreuen, daß er sich für die Veröffentlichung des zweiten Theiles bei den ungünstigen Zeitverhältnissen des „tollen Jahres“ zum Selbstverlage entschließen mußte; doch war ihm, wie seinem Vater, auch vergönnt, das Hauptwerk seines Lebens an seinem Lebensabende zum Abschluß zu bringen. Die Bedeutung desselben würdigt Sachs (Geschichte der Botanik, S. 462) mit folgenden Worten: „Beide Werke zusammen sind das gründlichste und umfassendste, was bisher über die experimentelle Untersuchung der Sexualitätsverhältnisse der Pflanzen geschrieben worden ist. Sie bilden einen glorreichen Abschluß der nach Kölreuter mit Zweifeln an der Sexualität beginnenden Periode“.

Flora 1851, S. 135–43 (nach W. von Jäger[1] erschien dieser Nekrolog eines ungenannten Verfassers zuerst in der Schwäbischen Chronik vom 28. Dec. 1850). v. Jäger, in Jahreshefte des Vereins für vaterl. Naturk. in Würtemberg, 8. Jahrg. 1852, S. 16–33.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 384. Z. 14 v. u. l.: G. (st. W.) v. Jäger. [Bd. 15, S. 795]