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ADB:Garve, Karl Bernhard

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Artikel „Garve, Karl Bernhard“ von Ludwig Römer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 392–394, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Garve,_Karl_Bernhard&oldid=- (Version vom 18. November 2024, 10:41 Uhr UTC)
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Garve: Karl Bernhard G., Prediger der Brüdergemeine, bekannt als Dichter und Schriftsteller, wurde am 24. Jan. 1763 zu Jeinsen bei Hannover geboren, wo sein Vater, früher Haushofmeister des Ministers von Münchhausen, als königlicher Amtmann lebte. Er wurde von seinen Eltern, welche mit der Brüdergemeine in naher Verbindung standen, im Alter von 5 Jahren zu seiner Erziehung nach Zeist in Holland gebracht, von wo er später, da er große Talente zeigte, in das Pädagogium der Brüdergemeine zu Nisky und dann in das theologische Seminar zu Barby versetzt wurde. Er studirte mit so viel Fleiß [393] als Begabung und erwarb sich unter der Leitung tüchtiger Lehrer einen reichen Schatz von Kenntnissen. Neben den theologischen Studien beschäftigte er sich viel mit der alten classischen und der neueren poetischen Litteratur und versuchte sich auch schon in eigenen Gedichten, deren einige etwas später von seinem Freunde von Brinkmann, nachmaligem königl. schwedischen Gesandten in Berlin, herausgegeben wurden. Nach vollendeten Studien erhielt er seine erste Anstellung als Lehrer an dem Pädagogium 1784 und sodann 1789 als Professor an dem Seminar. Von dieser Thätigkeit sagt er selbst: Ich stellte mir in meinen historischen und philosophischen Vorlesungen die Aufgabe, während damals in der theologischen Welt eine haltlose Philosophie zu flachem Unglauben führte und die allgemein verbreiteten Ideen der französischen Revolution in moralischer Hinsicht schädlich wirkten, das empfängliche Gemüth der Studirenden durch Anregung ihres Geistes zu ernstem Streben vor jenen Einflüssen zu bewahren. Daß ich mich dabei der neu auftretenden Kant’schen Kritik anschloß, gab jedoch nach manchen Seiten hin Anstoß. Im J. 1797 wurde er als Archivar nach Zeist berufen, wo sich damals das Archiv der Brüderunität befand, in welchem er mit brüdergeschichtlichen Arbeiten aus den Quellen sich eingehend beschäftigte, bis er seine weitere Anstellung als Prediger einer kleinen Gemeine in Amsterdam bekam und sodann 1801 in gleichem Amt in Ebersdorf im Vogtland. Hier durchlebte er 1806 die Zeit des Durchzugs des ersten französischen Heeres mit dem Kaiser Napoleon I. an seiner Spitze, einer Zeit vieler Schrecknisse und Drangsale für die Gemeine in Ebersdorf und die ganze Umgegend. Uebrigens wurden ihm die daselbst verlebten Jahre durch die Liebe seiner Gemeine, das Gedeihen der unter seiner Leitung stehenden Erziehungsanstalt und das freundliche Verhältniß zu dem edlen Fürsten des Landes, Heinrichs LI. Reuß sehr angenehm gemacht. Im Sommer 1810 wurde er nach Berlin als Prediger der dortigen Brüdergemeine berufen. Nahen Antheil nahm er an den frohen und schmerzlichen Ereignissen des Kriegs- und Befreiungsjahres 1813, in dem er den bedrängten Mitgliedern seiner Gemeine beizustehen unermüdet thätig war, während er sich selbst in oft kümmerlichen Verhältnissen befand. Er hatte hier Gelegenheit mit manchen berühmten Gelehrten zu verkehren und genoß ihre Anerkennung. Die ihm angebotene Professur der Aesthetik an der Universität lehnte er ab aus treuer Anhänglichkeit an die Brüdergemeine, in deren Dienst er stand. Von Brinkmann schrieb ihm: Terque quaterque beate, tu, qui Ministerio Magisterium postponis! mithin den ewigen Lehrerglanz im Himmelreich (Daniel 12, 3) dem Meteorglanz auf dem Parnaß und am Olymp vorgezogen hast! Von Berlin erhielt er 1816 den Abruf nach Neusalz an der Oder in gleichem Amt. Hier hat er 21 Jahre als Prediger gewirkt. Seine bereits vielfach anerkannte dichterische Begabung war Veranlassung, daß ihm die Umarbeitung des in den Brüdergemeinden kirchlich gebrauchten Liturgieenbuchs auf einer Synode in Herrnhut, welcher er als Deputirter beiwohnte, aufgetragen wurde. Die von ihm verbesserte neue Ausgabe erschien im J. 1826 und ist im Gebrauch gewesen bis 1872. Eine Sammlung seiner Gedichte wurde 1825 unter dem Titel: „Christliche Gesänge“ gedruckt, bei Zobel in Görlitz, aus welcher Sammlung manche Lieder in verschiedene evangelische Gesangbücher aufgenommen worden sind. Als Anhang folgte eine kleinere Sammlung: „Brüdergesänge der evangelischen Brüdergemeine gewidmet“, Gnadau 1827. Im J. 1836 sah er sich durch Abnahme der Kräfte zur Niederlegung seines Amtes bewogen. Er zog nach Herrnhut, wo er die letzten Jahre in der Ruhe verlebte, bis er am 21. Juni 1841 im Alter von 78 Jahren entschlief. Er war 3 Mal vermählt, mit der ersten Gattin, geb. Hoozema 1794, welche schon 1799 starb, mit der zweiten, geb. Liedemann 1802, welche 1826 langen [394] Krankheitsleiden erlag und dann mit der dritten, verwittwete Zäslein, geb. Liliendahl, welche ihn überlebt hat. Von seinen Schriften seien als die bedeutenderen hier noch erwähnt: „Der deutsche Versbau“, Berlin bei Reimer 1827; „Die Themis der Dichtkunst, ein Lehrgedicht in 8 Gesängen mit dem Brief des Horaz über die Dichtkunst in Uebersetzung“, Berlin bei Reimer 1828; „Die Oden des Quintus Horazius Flaccus, deutsch mit Anmerkungen“, Berlin bei Reimer 1831. – Seine Gedichte zeichnen sich mehr durch Correctheit der Form als durch Genialität und Originalität aus. Als Prediger folgte er treulich und aus eigenster Ueberzeugung der auf dem Boden der heiligen Schrift ruhenden Lehre der Brüdergemeine zu großem Segen für die von ihm bedienten Gemeinen, als Redner weniger populär und beredt als gedankenreich und gründlich. Eine besondere Begabung hatte er für die liturgischen Gottesdienste der Brüdergemeine. Er war im Aeußern eine wohlgebildete und würdige Erscheinung, in der Unterhaltung belehrend aus dem reichen Schatz seines Wissens. Von seinen Kindern sind zwei Söhne Leopold und Adolf ebenfalls Prediger der Brüdergemeine gewesen.