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ADB:Ginzel, Josef Augustin

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Artikel „Ginzel, Joseph Augustin“ von Johann Friedrich von Schulte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 179–180, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ginzel,_Josef_Augustin&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:30 Uhr UTC)
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Ginzel: Joseph Augustin G., Theolog, geboren zu Reichenberg in Böhmen am 1. Mai 1804, gestorben zu Leitmeritz am 1. Juni 1876. Nach erhaltener Priesterweihe am 3. September 1828 und Absolvirung der theologischen [180] Studien im höheren Priesterseminar (Frinteaneum) in Wien und Erwerbung des theologischen Doctorgrades wurde er im J. 1837 Professor der Theologie an der bischöflichen Lehranstalt in Leitmeritz, später Domherr daselbst, worauf die Niederlegung der Professur erfolgte, Beisitzer des Consistoriums, Vicepräses des Ehegerichts, Defensor matrimonii, Synodalexaminator und bischöflicher Notar. Er gehörte zu den wissenschaftlichsten Theologen in Oesterreich, war in früheren Jahren, wie sich namentlich in seinem „Handbuch des Kirchenrechts zeigt, sehr ultramontan, kämpfte jedoch fortwährend für eine bessere Bildung des Clerus und gerechte kirchliche Regierung. Ein warmer Patriot zerfiel er mit seinem Bischof und der herrschenden clericalen Richtung, seitdem diese antistaatlich wurde, hielt sich als Mitglied des Reichsraths zur liberalen Partei und gab sich alle Mühe, eine Besserung der kirchlichen Zustände herbeizuführen. Seit dem vaticanischen Concil war er unerbittlicher Gegner der päpstlichen Neuerungen, obwol er bei seinem Alter und seiner Isolirtheit ein öffentliches äußeres Hervortreten vermied. Seine unterzeichneten Recensionen der Concilsbroschüren von Hefele, Rauscher u. A. im Bonner Theol. Litt.-Blatt 1869 ff. sind ein unzweifelhafter Beweis seines Standpunktes. Seine Schriften: „Geschichte der Kirche“, 2 Bde., 1846 ff. (unvollendet), „Geschichte der Slavenapostel Cyrill und Methud“, 1857, „Handbuch des neuesten in Oesterreich geltenden Kirchenrechts“, 1857–62, „Archiv für Kirchengeschichte und Kirchenrecht“, 1851 fg., 3 Hefte, „Die canonische Lebensweise der Geistlichen, ein Votum für die Wiedereinführung derselben“, 1851, „Legatio apostolica Petri Aloysii Carafae Ep. Fricar. sed. Urbano VIII. P. M. ad tractum Rheni et ad provincias inferiores Germ. ab a. 1624 usque ad a. 1634“, 1840, „Evangelium und Kirche, eine katholische Protestation wider den Protestantismus, der sich ‚Kirche‘ nennt, von Dr. Sylvius“, 1843, „Katholische Wahrheit und protestantischer Irrthum“ etc., 1846, „Lehren der katholischen Kirche gegenüber den Irrthümern der deutschen Sectirer“, 1846, „Ueber die Zukunft der Kirche in Oesterreich, Briefe von Dr. Sylvius“, 1848, bekunden den alten Standpunkt desselben, während die folgenden: „Die Pfarrconcurs-Prüfung nach Staats- und Kirchengesetz“, 1855, worin er für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften auftritt, „Zum Frieden zwischen Kirche und Staat in Oesterreich“, 1868 (Abdruck von Artikeln der Kölnischen Blätter, Juni und Juli 1868, welche namentlich Montalembert’s Beistimmung gefunden), „Reform der römischen Kirche in Haupt und Gliedern, Aufgabe des bevorstehenden römischen Concils, 1869 (gleich der vorhergegangenen anonym), „Die Geschäftsordnung des Concils von Trient“, 1871 (2 Ausgaben, anonym, mit verschiedenem geharnischten Vorberichte; der Abdruck ist erfolgt nach dem von Theiner veranstalteten Abdruck, den ich G. durch den damaligen Professor Sal. Meyer in Prag, zustellte), „Bischof Hurdalek, ein Charakterbild aus der Geschichte der böhmischen Kirche“, 1873, „Die theologischen Studien in Oesterreich und ihre Reform, eine theologisch-historisch-politische Monographie“, 1873 (anonym), – den sich nach gründlichen Reformen sehnenden Mann zeigen. Eine Reihe von Artikeln in theologischen Zeitschriften sind als „Kirchenhistorische Schriften“ zusammengestellt (1872, 2 Bde.) erschienen. Als Mensch und Priester untadelhaft war er eine wahre Zierde des Clerus.