Zum Inhalt springen

ADB:Gmelin, Samuel

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Gmelin, Samuel“ von Moriz Gmelin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 273–274, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gmelin,_Samuel&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 13:12 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 9 (1879), S. 273–274 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Samuel Gottlieb Gmelin in der Wikipedia
Samuel Gottlieb Gmelin in Wikidata
GND-Nummer 116685158
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|273|274|Gmelin, Samuel|Moriz Gmelin|ADB:Gmelin, Samuel}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116685158}}    

Gmelin: Samuel Gottlieb G., Professor der Naturgeschichte zu St. Petersburg, geboren zu Tübingen am 4. Juli 1744, Neffe Johann Georg Gmelin’s, des sibirischen Reisenden. Nach seinen Studienjahren und nach der Erlangung der medicinischen Doctorwürde (1763) machte er Reisen durch Frankreich und Holland und erhielt sodann (1767) einen Ruf als Professor der Naturgeschichte an der kaiserlichen Akademie zu St. Petersburg. Im Juni 1768 trat er von dort aus seine Forschungsreise nach dem südlichen Rußland und dem nördlichen Persien an, die ihm das Leben kostete. Es war eine der auf Befehl der Kaiserin Katharina II. unternommenen Expeditionen, zu deren Aussendung der im J. 1769 erwartete Venusdurchgang vor der Sonne die Anregung gegeben hatte, deren Programm aber zum Theil sich auf andere Gebiete wissenschaftlicher Forschung und Fragen von praktischer Bedeutung ausdehnte. G. war von vier Studenten (ein Apotheker, ein Zeichner, ein Jäger und ein Ausstopfer) begleitet. Ueber Nowgorod, das Waldai-Gebirge, Moskau und Tula reiste er nach Woronesch, wo er den Winter zubrachte, und von wo aus er im J. 1769 das Dongebiet, besonders das westliche, bereiste. Im September fuhr er auf der Wolga nach Astrachan, wo er den Winter zubrachte, untersuchte 1770 und 1771 die persischen Provinzen an der südlichen und südwestlichen Seite des kaspischen Meeres, 1772 das Gebiet der Wolga und 1773 die gefährliche östliche Seite des kaspischen Meeres, wozu ihm eine kleine militärische Bedeckung beigegeben wurde. Im Mai 1774 erfolgte die Zurückberufung aller akademischen Expeditionen nach St. Petersburg. G. war bei der Heimkehr weniger glücklich und weniger vorsichtig, als sein Oheim Johann Georg gewesen war. Von dem Hafenorte Enseli aus, auf dem westlichen Ufer des kaspischen Meeres, wollte er seinen Rückweg zu Lande, dem Ufer entlang nordwärts, über Baku, Kuba, Derbent nach der russischen Grenzfestung Kisljar machen. Schon war er Kisljar bis auf wenige Tagereisen nahe gekommen, als er von dem Chan der Chaitaken, Usmei, gefangen genommen [274] wurde, der ihn nur unter gewissen, mehrfach geänderten Bedingungen wieder frei geben wollte (eine Zeit lang bestand diese Forderung in einem Lösegeld von 30000 Rubeln). Alle Bemühungen um Gmelin’s Befreiung waren vergeblich. Schon wollte Katharina II. bewaffnete Gewalt aufbieten, um ihn der Gefangenschaft zu entreißen. Pugatschew’s Aufstand brachte die Ausführung ins Stocken und in Vergessenheit. Nach sechsmonatlicher Gefangenschaft erlag G. der Ruhr, die ihm Verdruß, Klima und schlechte Verpflegung zugezogen hatten, zu Achmetkent im Kaukasus am 16./27. Juli 1774. Die Ergebnisse seiner Forschungen in den von ihm bereisten Ländern, die sich nicht auf das Gebiet der Naturwissenschaften beschränken, sondern auch auf Sitten und Gebräuche, Geschichte und Einrichtungen, Krankheiten etc. beziehen, sind in den vier Bänden seiner „Reise durch Rußland“ (St. Petersburg 1771–86) niedergelegt, deren letzter durch Pallas besorgt ist und auch eine Biographie aus Pallas’ Feder enthält. Der russische Akademiker v. Dorn hat es im J. 1861 unternommen, den bis dahin unbekannt gebliebenen Ort, wo sein ehemaliger College bestattet worden war, aufzusuchen; bei dem niederkaitakischen Dorfe Kajakent, etwa 50 Werst von Derbent, glaubt er ihn gefunden zu haben. In stiller Feier ehrte er das Andenken des im Dienste der Wissenschaft ums Leben gekommenen Forschers. Mit eigener Hand pflanzte er ein Kreuz auf den von Kaitaken auf seine Anordnung aufgeworfenen Grabhügel und bekränzte dasselbe mit einem, von ihm aus Feldblumen und Wermuth gewundenen Kranze. „Stolz sieht jetzt das auf einem Hügel stehende Kreuz zu den gegenüber höher stehenden muselmanischen Grabsteinen hinauf, und wenn ein christlicher Reisender fragt, welcher Glaubensgenosse da so einsam und allein ruhe, so wird die Antwort sein: ein Märtyrer der Wissenschaft, der Akademiker G.“ – Von Herzog Karl von Würtemberg war G., für den Fall seiner Rückkehr, 1768 zum Professor der Botanik zu Tübingen, 1772 auch zum Professor der Chemie ernannt worden.

Bacmeister, Russische Bibliothek, Bd. I–III. – Stammbaum d. Fam. G. S. LVI ff.