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ADB:Goëß, Johann Freiherr von

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Artikel „Goës, Johann Freiherr von“ von Heinrich Ritter von Zeißberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 323–326, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Go%C3%AB%C3%9F,_Johann_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 03:07 Uhr UTC)
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Goës: Johann Freiherr von G., stammte aus einer portugiesischen Adelsfamilie, doch lebte schon sein Großvater Emanuel in den Niederlanden. Er selbst war der Sohn des Franz de G. und der Anna Regina van der Hoorst und wurde 1611 zu Brüssel geboren. Seine Studien machte er zu Löwen. Schon anfangs schwankte er in der Wahl seines Berufes, ob er durch Missionen als Jesuit oder als Diplomat seine Laufbahn eröffnen sollte. Doch entschied er sich vorläufig für den letzteren Beruf. Vom Cardinal-Infanten Don Ferdinand, Statthalter der Niederlande, bestens empfohlen, kam er nach Wien und trat wegen seiner seltenen Sprachkenntnisse geschätzt ins Cabinet des Fürsten Joh. Anton v. Eggenberg, den er auf seiner Mission nach Rom, um dem Papst Urban VII. des Kaisers Ferdinand Thronbesteigung feierlich anzuzuzeigen, als Secretär [324] begleitete. Nach seiner Rückkunft (1639) zum Reichshofrath in der Section für auswärtige Angelegenheiten befördert, arbeitete er unter Trautmannsdorf in Sachen des westfälischen Friedens, auch wurde er in ungarischen und türkischen Geschäften gebraucht. Kaiser Ferdinand III. dehnte (1652) den ihm verliehenen Freiherrenstand auf seine beiden Brüder aus. Darauf suchte er zwischen den beiden skandinavischen Mächten zu vermitteln und war 1657 als kaiserlicher Bevollmächtigter in Kopenhagen, als der Schwedenkönig Karl Gustav die Stadt beschoß. Nun schickte Kaiser Leopold I. ihn an den alten verschlagenen Alipascha, Serdar an der Grenze, nach Temesvar, hauptsächlich um zu verhindern, daß Siebenbürgen in ein Paschalik verwandelt werde. Doch wußte dieser ihn und seine Mitgesandten Simon Reninger und Perez so lange hinzuhalten, bis er seine Rüstungen vollendet hatte. Und während nun die türkischen Heeresmassen Neuhäusel einnahmen und über die ungarische Grenze bis gegen Olmütz hin sengend und brennend streiften, ward G. wie ein Gefangener in Ofen hingehalten und kam erst am 10. Decbr. 1664 in Wien an. Bei einem Mordversuche an ihm soll er, wie die Tradition erzählt, das Gelübde gethan haben, in den geistlichen Stand zu treten. Schon lange war seine Neigung hiezu entschieden, aber erst spät wurde der Entschluß ausgeführt. Von Wien ging er zum Kaiser nach Regensburg, dann an den Berliner Hof und nach Braunschweig-Lüneburg, um den dortigen Erbfolgestreit beizulegen, war im Haag mit dem Prinzen Wilhelm von Oranien thätig und vertrat in Polen nach des Königs Casimir Abdankung (1668) Oesterreichs Interessen, bis am 19. Juni 1669 Michael Korybut Wisnowiecki als König gewählt war. Von Karlsbad berief ihn der Kaiser durch einen Courier nach Wien, überraschte ihn für die langen und treuen Dienste mit der Verleihung des Bisthums Gurk und bestimmte ihn als zweiten Gesandten zum Congreß nach Nymwegen. Am 13. Dez. 1675 hielt er bei den Jesuiten in Wien die Primiz und wurde am 2. Febr. 1676 consecrirt. Nach Nymwegen kam er erst am 10. Aug. 1678 und schloß am 5. Februar 1679 den Frieden des Kaisers und des deutschen Reiches mit Frankreich und Schweden. In sein Bisthum zurückgekehrt, suchte er werkthätig, wie der Neustädter Bischof, Graf Kollonics, 1683 die kranken und verwundeten Krieger, welche die Macht des Halbmondes vor Wien, Packang, Gran und Ofen brachen, möglichst zu unterstützen. Als man ihn 1685 für den Cardinalshut vorschlug, schob er bescheiden diese Auszeichnung auf den gleichwürdigen Kollonics. Am 2. Septbr. 1686 ernannte ihn Papst Innocenz XI. zum Cardinalpriester u. d. T.: S. Petri de monte aureo. Nach dessen Tode (1689) erhielt er den Befehl, das kaiserliche Interesse gegen die französische Partei im Conclave wahrzunehmen, kam aber erst am 7. October, gerade an dem Tage, als Alexanders VIII. Erhebung publicirt wurde, in Rom an und empfing aus dessen Händen den Cardinalshut. Später vertrat er daselbst die Angelegenheiten des kaiserlichen Hofes. G. starb hochbetagt am 19. Oct. 1696 in Rom und wurde nach seinem Verlangen bei den Kapuzinern beigesetzt. Auch als Bischof von Gurk traf er viele zweckmäßige Einrichtungen und vermachte dem kaiserlichen Feldspitale 70,000 Scudi. Außerdem erkaufte er für seinen Neffen, Johann Peter, den er adoptirte, ansehnliche Güter in Kärnthen, wodurch sein Geschlecht hier heimisch wurde. Dieser Johann Peter (geb. 1667) wurde 1693 in den Grafenstand erhoben, ging 1698 als kaiserlicher wie als königlich spanischer Gesandter zu den Generalstaaten, war bevollmächtigter Minister auf den Friedenscongressen zu Rastatt und Baden (1714), heirathete Anna Apollonia, Gräfin von Sinzendorf-Ernstbrunn und starb als Landeshauptmann und Burggraf des Herzogthums Kärnthen (13. März 1716). Letztere Würde begleitete auch sein Sohn Johann Anton (geb. am 3. Nov. 1699, † 1748), welcher 1743 und 1744 als Präsident der Administration der eroberten [325] kurbaierischen Lande und Statthalter in der Oberpfalz fungirte. Von seiner Gemahlin Maria, Gräfin von Thürheim, hatte Johann Anton zwei Söhne, Sigismund Rudolf, Reichshofrath und kaiserl. Gesandter in Schweden, welcher 1796 kinderlos starb, und Joh. Karl Anton, Generalmajor und Gardecapitän des Großherzogs von Toscana († 1798). Die Gemahlin des letzteren war Anna, Gräfin von Christallnigg, sein ältester Sohn Peter, Graf von Goëß (wie er seinen Namen schrieb). Peter war am 8. Febr. 1774 zu Florenz geboren, kam aber nach sorgfältiger Erziehung nach Wien (1790) zu seinem Oheim, dem Grafen Rudolf von G., trat in den österreichischen Staatsdienst ein, wurde 1797 Kreiscommissär, in welcher Eigenschaft er beim Vordringen der französischen und Rückzuge der kaiserl. königl. Truppen aus Italien nach Kärnthen und Steiermark mit der Verpflegung und Einquartirung der Heeresmassen, der Besorgung der Vorspanne etc. betraut war. Der junge Mann bethätigte einen richtigen Blick, Gewandtheit, rastlosen Eifer und warme Vaterlandsliebe. Im J. 1800 verwendete man den in derlei Diensten bewährten Grafen als Oberlandescommissär bei dem Condé’schen Corps und sonstigen größeren Armeebewegungen, besonders der russischen Truppen durch Kärnthen nach Italien, wie auch für die vorbereitete Landesvertheidigung, dann im folgenden Jahre (1801) für die in Folge des Waffenstillstandes von französischen Truppen besetzten Theile Oberkärnthens. Nach Beendigung dieser Geschäfte wurde er der zur Organisation von Istrien, Dalmatien und Cattaro errichteten Hofcommission zugetheilt. 1803 wurde er Ajo des neunjährigen Kronprinzen, nachherigen Kaisers Ferdinand I. Zum Hofrath mit dem Befehl ernannt, das Präsidium des dalmatinischen Guberniums zu übernehmen, entfaltete G. eine segensreiche Thätigkeit. Er bereiste selbst das Land, um sich eine genaue Kenntniß von den Verhältnissen desselben zu verschaffen. Während einer Hungersnoth in den Küstenstrichen beeilte er sich nicht nur, verschiedene Getreidearten und andere Lebensmittel herbeizuschaffen und gemeinnützige Arbeiten zu veranlassen, sondern er ließ auch unter der Gefahr, die außerordentliche Summe aus Eigenem zu ersetzen, Geld und Getreide im Betrage von mehr als 300,000 Gulden unter das Volk vertheilen. Aus eigenen Mitteln kaufte er eine ganze Getreideladung zweier in den Hafen von Zara geworfener Schiffe, um sie theils unter die Nothleidenden zu vertheilen, theils um sie zu Errichtung von Vorrathsmagazinen zu verwenden und hierdurch dem Wucher zu begegnen. Aber er suchte auch der Wiederkehr ähnlichen Elendes durch Regelung des Armenwesens, durch Gründung von Unterrichts- und Arbeitsanstalten aller Art, durch Verbesserung der Landescultur, durch Herstellung von Straßenzügen, und insbesondere durch strenge Gerechtigkeitspflege und Ausrottung der Räuberbanden zu begegnen. Seine jährliche Besoldung von 6000 Fl. ließ er an Dürftige vertheilen. Als man die politische Landesstelle Kärnthen mit dem Gubernium der Steyermark vereinigte, wurde er 1804 zum wirklichen Landrathspräsidenten und ständischen Chef in Kärnthen ernannt. Bei seinem Abschiede von Dalmatien ernannte ihn das Corpo nobile in Zara zu seinem Mitgliede. In seiner neuen Stellung wirkte er nicht minder eifrig. Bei dem Eindringen der Franzosen (1805) in Kärnthen übernahm er die Administration und wußte vielfach den Uebermuth des Feindes zu zügeln. Doch wurde er wegen übermäßig geforderter und verweigerter Landescontribution als Geißel bis zur Wiederräumung des Landes in französischer Haft gehalten. In Würdigung dieser Verdienste ernannte ihn Kaiser Franz (1806) zum Landrechtspräsidenten, zum Vicepräses des vereinigten steiermärkisch-kärnthnerischen Guberniums und zum geh. Rath, 1808 zum Gouverneur von Triest, wo er wegen der Continentalsperre, der Oesterreich beigetreten war und der Blockade der Rhede durch englische Kriegsschiffe, sowie auch wegen der Absichten Napoleons [326] auf den Hafen mit schwierigen Verhältnissen zu kämpfen hatte. 1809 übernahm G. die General-Intendantenstelle der Armee für Italien und Tirol unter Erzherzog Johann, gerieth aber zu Padua in französische Gefangenschaft. Nach dem Wiener Frieden (1809), nach welchem Triest an den Sieger abgetreten werden mußte, wurde G. zum Landesgouverneur in Galizien, 1815 in den venetianischen Provinzen, 1819 zum Hofkanzler der lombardisch-venetianischen Hofkanzlei in Wien ernannt, wo er fortan seinen bleibenden Sitz in der Nähe seines Monarchen fand. 1823 wurde er erster Hofkanzler und Studien-Hof-Commissions-Präsident, 1824 Obersthofmeister des Erzherzogs Franz Karl mit Beibehaltung seiner Staatsanstellung. 1825 wurde er auch niederösterreichischer Landmarschall und Präsident der Erbsteuer-Hofcommission. 1830 verlieh ihm der Kaiser den Orden des goldenen Vließes. 1834 wurde er kaiserl. königl. Hofmarschall und zugleich Stellvertreter des ersten Obersthofmeisters, endlich 1845 auch Kanzler des kaiserl. österreichischen Ordens der eisernen Krone. Graf P. von G. starb 1846.

Bergmann, J. Medaillen II, 476 ff. J. Schulz, Peter, Graf von Goës als Mensch und Staatsmann, Wien 1853, mit des Grafen Porträt.