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ADB:Griesinger, Jakob

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Artikel „Griesinger, Jacob“ von Wilhelm Heyd in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 667–668, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Griesinger,_Jakob&oldid=- (Version vom 13. Oktober 2024, 16:45 Uhr UTC)
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Griesinger: Jacob G., geboren zu Ulm 1407, gestorben zu Bologna den 11. October 1491, zweiter Sohn des Ulmer Kaufmanns Dietrich G., brachte den größten Theil seines Lebens in Italien zu. Als Jüngling von 25 Jahren pilgerte er nach Rom; da es ihm aber an Mitteln zur Heimreise gebrach, wandte er sich nach Neapel und ließ sich für das Heer König Alfons’ V. anwerben, jedoch angewidert durch das Treiben der raublustigen Söldnerbanden verließ er ihre Reihen und trat in die Privatdienste eines adlichen Rechtsgelehrten in Capua. Nachdem er fünf Jahre in dessen Hause zugebracht, riß er sich los, um endlich die Heimath wiederzusehen. Allein auf der Rückreise machte er längeren Halt in Bologna und dort reifte in ihm der Entschluß, bei den Dominicanern, deren ernste Frömmigkeit ihm imponirte, als Novize einzutreten (um 1437 oder 1438). So blieb er denn zeitlebens im Kloster S. Domenico zu Bologna als Laienbruder. Während er es an keiner mönchischen Tugend fehlen ließ, suchte er für seine fleißige und geschickte Hand einen Beruf in der Glasmalerei, welche damals vorzugsweise in Klöstern gepflegt wurde. Er schmückte zunächst sein Kloster und die dazu gehörige Kirche mit Proben seiner Kunstfertigkeit, besonderen Ruhm aber erwarb er sich durch seine Arbeiten für [668] die städtische Domkirche S. Petronio. Die Behauptung, daß er auch ins Elsaß gekommen sei und dort gemalt habe, ermangelt jeglichen Beleges und ist unvereinbar mit den Nachrichten über seinen Lebensgang. In Bologna allein hat er gewirkt; dort hinterließ er auch Schüler im Kloster S. Domenico selbst. Unter diesen that sich Ambrogino aus Soncino hervor, welcher auch mit G. in Petronio malte. Er setzte seinem Lehrer ein schönes Denkmal in der Biographie, die ursprünglich italienisch abgefaßt und besonders gedruckt (Bologna 1510 und 1613), später in die Acta Sanctorum aufgenommen wurde; es ist darin allerdings über G. ein Heiligenschein ausgegossen, weshalb ihn auch die Glasmalerzunft in Paris zu ihrem zweiten Patron erhob und Papst Leo XII. ihn im J. 1825 selig sprach. Während ihn seine Klosterbrüder unter dem Namen Giacomo Alemanno (Jacobus Teutonicus) kannten, verehrt ihn die katholische Kirche als den sel. Jacob von Ulm. In der Geschichte der Glasmalerei ist ihm kein unbedeutender Platz zu vindiciren, wenn auch sein Wirkungskreis nicht über Bologna hinausging. Ob er aber zu denen zu zählen sei, welche deutsche Kunst nach Italien verpflanzten, ist fraglich. Sein Biograph sagt nirgends, daß er irgend welche Erfahrung in der Glasmalerei aus der Heimath mitgebracht hat. Manches mittelitalienische Kloster (Pisa, Arezzo, Florenz, Perugia) zählte schon ehe G. in Bologna wirkte, in seiner Mitte Mönche, welche in der Glasmalerkunst wohlerfahren waren; wie leicht konnte sich von solchen naheliegenden Herden aus diese Kunstübung auch nach Bologna verpflanzen! Doch wenn auch nicht deutsche Technik, so trug er doch deutsche Kunstanschauungen über die Alpen. Sein Stil mischte sich, wie Jacob Burckhardt sagt, aus deutschem und italienischem Realismus. Leider ist es schwer, Malereien zu finden, welche ganz unzweifelhaft von der Hand dieses Meisters stammen. Was er in S. Domenico malte, ist zerstört; in S. Petronio ist es noch nicht vollkommen gelungen, die von ihm herrührenden Malereien von denen seiner Schüler und Anderer zu scheiden; eine sichere Ueberlieferung über die Urheber liegt nicht vor. Nach einer alten Tradition unter den Glasmalern Frankreichs wäre Jacob von Ulm durch einen glücklichen Zufall Erfinder des sogenannten Kunstgelb geworden; allein neueren Forschungen zufolge war diese Schmelzfarbe bereits im vierzehnten Jahrhundert im Gebrauch.

Der Lebensgang Jac. Griesinger’s ist hier geschildert nach Ambrogino’s (da Soncino) Biographie desselben, wie sie in lateinischer Uebertragung durch Isidor von Mailand in Acta SS. Boll. Oct. T. 5 p. 790–803 vorliegt (eine andere Uebersetzung bei Surius T. 5 – 1574 – p. 722 ff.), wozu zu vergleichen Melloni, Atti degli uomini illustri in santità nati o morti in Bologna 3, 224–272. Den Geschlechtsnamen G. schöpfte Weyermann, Neue Nachrichten von Ulmer Gelehrten und Künstlern, S. 137, aus Felix Fabri’s „Sionspilgerinnen“ (ungedr.). Ueber Griesinger’s künstlerische Thätigkeit bringt Vinc. Marchese, Memorie dei più insigni pittori, scultori e architetti Domenicani, Ed. 3 T. 1 p. 504 ff., urkundlichen Nachweis. Weiteres zu seiner Charakteristik s. bei Schnaase, Gesch. der bildenden Künste, Bd. 7, 2. Aufl., S. 464, bei Burckhardt, Cicerone, 2. Aufl., S. 865, und bei Wackernagel, Die deutsche Glasmalerei, S. 26. 64. 158 f. Ueber die angebliche Erfindung des Kunstgelb vgl. Levieil in der Description des arts et métiers, T. 21, p. 108, col. 2, not. a, vgl. auch p. 34. Unger, Art. Glasmalerei bei Ersch u. Gruber, S. 59. Labarte, Hist. des arts industriels, 3, 363. Die Wirksamkeit Griesinger’s im Elsaß erörtert mit negativem Resultat Gérard, Les artistes d’Alsace pendant le moyen-âge, 2, 342 f.