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ADB:Gröning, Georg von

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Artikel „Gröning, Georg“ von Wilhelm von Bippen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 717–719, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gr%C3%B6ning,_Georg_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 03:27 Uhr UTC)
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Gröning: Georg G., bremischer Staatsmann, geb. zu Bremen am 23. August 1745, Sohn des Senators und späteren Bürgermeisters Albert G., widmete sich zuerst dem kaufmännischen Berufe, ergriff aber nach dem frühzeitigen Tode seines älteren Bruders Albert das Studium der Rechte. In Leipzig gehörte er 1768 zu dem Freundeskreise Goethe’s, welcher in Wahrheit und Dichtung seiner dankbar unter denen gedenkt, die dem jungen Dichter bei [718] dessen schwerer Krankheit liebevolle Theilnahme bewiesen, und hinzufügt: „wie oft habe ich mich gefreut, in dem Fortgange des Lebens zu hören, wie sich dieser vorzügliche Mann in den wichtigsten Geschäften seiner Vaterstadt nützlich und heilbringend erwiesen.“ Im J. 1771 wurde G. in Göttingen zum Dr. juris promovirt und verheirathete sich, nach seiner Rückkehr in die Vaterstadt, ein Jahr später mit Gebecka, der einzigen Tochter des sehr begüterten Bürgermeisters Henrich Köhne. Im J. 1781 wurde er nach dem Tode seines Vaters in den Rath gewählt, welchem er vierzig Jahre lang, in der bewegtesten Zeit der neueren bremischen Geschichte angehört hat. Langwierige diplomatische Sendungen hielten ihn mehr als ein Jahrzehnt in der engsten Berührung mit den großen Mittelpunkten des politischen Lebens und vielen der hervorragendsten Männer der Zeit, und machten ihn zum geistigen Leiter des bremischen Staatswesens. Den Sendungen zum niedersächsischen Kreistage in Hildesheim in den Jahren 1796 und 1797 folgte vom December 1797 bis zum April 1799 die Theilnahme Gröning’s am Rastatter Friedenscongreß, nur unterbrochen durch eine vom April bis August 1798 in einer sehr erheblichen Finanzangelegenheit Bremens nach Paris unternommene Reise, von welcher er auf weitem Umwege über Bordeaux, Marseille, Toulon und durch die Schweiz nach Rastatt zurückkehrte. Vom März 1801 bis September 1803 verweilte G., mit kurzer, durch eine Reise nach dem Haag und Amsterdam veranlaßter Unterbrechung, in Geschäften in Paris, begab sich von dort im October 1803 nach London und kehrte nach einer Abwesenheit von drei und ein halb Jahren im September 1804 nach Bremen zurück. Aber schon im October desselben Jahres brach er abermals nach Paris auf, um an den Krönungsfeierlichkeiten theilzunehmen. Im Januar 1805 von dort zurückgekehrt konnte er ein Jahr der Ruhe genießen, mußte aber zu Anfang des Jahres 1806 über Braunschweig, Leipzig, Frankfurt und Straßburg wiederum Paris aufsuchen, und kaum war er im November von dort wieder in Bremen eingetroffen, als die in Folge des preußisch-französischen Krieges geschehene Besetzung Bremens mit holländischen Truppen und die schweren Leiden der Continentalsperre Gröning’s Anwesenheit im Hauptquartier Napoleons wünschenswerth erscheinen ließen. Er ging deshalb im November 1806 nach Berlin, folgte dem Kaiser nach Posen und Warschau, kehrte dann nach Berlin zurück, begrüßte Napoleon nach dem Friedensschlusse wiederum in Dresden und folgte ihm im August 1807 nach Paris, von wo er erst am Schlusse des J. 1808 endlich zu dauernder Ruhe nach Bremen zurückkehrte. Aus den zahlreichen Verhandlungen, welche G. auf diesen langjährigen Sendungen für die Sicherung der Unabhängigkeit und Neutralität seiner Vaterstadt, für die Befreiung derselben von fremdherrlichen Besatzungen, für die Erhaltung des Seehandels, wegen erzwungener Anleihen u. s. f. zu führen hatte, oft genug für die Hansestädte gemeinsam, können hier nur zwei Angelegenheiten hervorgehoben werden, welche den vorzugsweisen Inhalt seiner Sendung nach Paris und London in den Jahren 1801–1804 ausmachten, die Erwerbung und Sicherung der inmitten der Stadt Bremen und nahe vor ihren Thoren gelegenen hannoverschen Besitzungen und die Befreiung des Handels und der Schifffahrt von dem drückenden oldenburgischen Weserzoll bei Elsfleth. Nicht ohne erhebliche pecuniäre Aufopferungen zu Gunsten Talleyrand’s und anderer französischer Staatsmänner, aber nicht minder durch die rastlose Thätigkeit, mit welcher G. in der großen politischen Welt die Interessen seines kleinen Heimathstaates vertrat, durch ein strenges Festhalten des Gesichtspunktes, daß nur wer selbst begehrend auftrete, hoffen dürfe nicht begehrt zu werden, gelang es ihm inmitten des Schiffbruchs anderer Reichsgewalten nicht allein die Selbständigkeit des bremischen Gemeinwesens zu erhalten, sondern seinem Staate auch ein abgerundetes, nicht mehr [719] von fremden Elementen durchsetztes Territorium zu schaffen. Wenn gleich die Angelegenheit der hannoverschen Erwerbungen formell durch die Reichsdeputation zu Regensburg und die kaiserliche Ratification ihrer Beschlüsse geregelt wurde, so war doch die materielle Bedingung ihres Gelingens, die Unterstützung der bremischen Wünsche durch Frankreich, Rußland und Preußen, wenn nicht allein, so doch in erster Linie den Bemühungen Gröning’s zu verdanken. Die Beseitigung des Elsflether Zolls, welche der Reichsdeputationshauptschluß nach einem Verlaufe von zehn Jahren eintreten lassen wollte, kam freilich durch die inzwischen geschehene Vernichtung und demnächstige Retablirung des Herzogthums Oldenburg in der gesetzten Frist nicht zur Ausführung, aber es entsprach völlig den Verhältnissen, daß die bremische Bürgerschaft, als es im J. 1819 den Bemühungen des Senator Smidt am Bundestage gelungen war die Aufhebung jenes Zolls vom 1. Mai 1820 ab zu erwirken, in ihrem Dankesvotum wegen dieses glücklichen Ereignisses in erster Linie der großen Verdienste gedachte, welche G. in früheren Jahren zur Anbahnung des günstigen Erfolges sich erworben hatte. Auch als G. im September 1804 von der langdauernden erfolgreichen Sendung nach Bremen zurückgekehrt war, hatten ihm Senat und Bürgerschaft in feierlicher Weise ihren Dank abgestattet und diesem einen in goldener Kapsel überreichten Beschluß hinzugefügt, laut welchem dem verdienten Manne aus den mit den neuen Gebietstheilen dem Staate zugefallenen Besitzungen ein erhebliches Landgeschenk angeboten wurde. G. lehnte dieses Geschenk freilich um so entschlossener ab, als ihm die mißliche finanzielle Lage seiner Vaterstadt aus eigenen bedeutenden Geldopfern, die er für sie übernommen hatte, nur zu wohl bekannt war. Die bremische Kaufmannschaft überreichte ihm als Zeichen ihres Dankes eine goldene Medaille, welche auf dem Avers den Kopf der Brema nebst Mercurstab und Steuerruder zeigt und auf dem Revers die einfache Inschrift trägt: Groeningio collegium seniorum et mercatores. Nach dem J. 1808 hat G. neue diplomatische Sendungen, trotz neuer Anforderungen seiner Collegen im Rathe, nicht mehr übernommen. Es hatte sich des früher so sanguinisch gestimmten Mannes unter den schmerzlichen Erfahrungen der letzten Jahre eine düstre Stimmung bemächtigt, welche in der bald erfolgenden Vernichtung des bremischen Staates eine nur zu trübe Rechtfertigung zu finden schien. Als dann das wiedererwachte Bremen G. im J. 1814 auf den Bürgermeisterstuhl erhob, konnte der Siebenzigjährige um so weniger daran denken seine ehemalige auswärtige Thätigkeit wieder aufzunehmen. Das glänzendere Talent und die glücklicheren Erfolge seines jüngeren Landsmannes Johann Smidt drängten die Erinnerung an das in ungleich schwierigeren Verhältnissen von G. Geleistete bald in den Hintergrund. G. trat im September 1821 in den wohlverdienten Ruhestand und starb im 80. Jahre seines Lebens am 1. August 1825.

Correspondenz Gröning’s von seinen diplomatischen Reisen im Bremischen Staatsarchiv. Bürgerm. Dr. Georg Gröning, das Lebensbild eines ächten republikan. Patrioten. Von Dr. C. H. Gildemeister, Ms. in Folio 848 S. auf der Stadtbibliothek zu Bremen. Ein Auszug daraus gedruckt im Bremischen Jahrbuch Bd. V.