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ADB:Guichard, Karl Theophil

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Artikel „Guichard, Karl Gottlieb“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 104–106, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Guichard,_Karl_Theophil&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 11:54 Uhr UTC)
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Guichard: Karl Gottlieb (Theophil) G., genannt von Quintus Icilius, königlich preußischer Oberst von der Infanterie, wurde 1724 zu Magdeburg, wo sein Vater mit dem Titel eines Hofraths Richter und Syndikus der Pfälzercolonie war, geboren, legte dort das Fundament zu einer gründlichen wissenschaftlichen Bildung und setzte seine Studien auf den Universitäten zu Halle, Marburg, Herborn und Leyden fort. Die classische Litteratur war Hauptgegenstand seiner Arbeiten, dazu gesellten sich orientalische Sprachen. In Herborn lernte er vom Professor Rau syrisch und chaldäisch, in Leyden von Schultens arabisch; hier vertheidigte er seine Streitschrift: „De fama Salomonis intra exteros“. Er dachte daran Theologie zu studieren, in Herborn hat er schon die Kanzel bestiegen; später wandte er sich mehr allgemeinen Studien zu, suchte Bibliothekar des Erbstatthalters der Niederlande, darauf Professor in Leyden zu werden und entschloß sich, als ihm Beides fehlschlug, der Minerva in anderer Weise zu dienen: Er wurde Soldat. Der Erbstatthalter verlieh ihm eine Fähnrichstelle beim Infanterieregimente des Herzogs von Sachsen-Hildburghausen (1747), er machte den letzten Theil des österreichischen Erbfolgekrieges in den Niederlanden mit und wurde 1752 als Hauptmann mit seinem Regimente Baden-Durlach abgedankt. Mit 800 Gulden Wartegeld ging er nach Magdeburg zu seinen Brüdern, „die hier ansehnliche Bedienungen hatten“, setzte seine begonnenen Forschungen über das Kriegswesen der alten Griechen und Römer fort und begab sich um das Buch, welches er darüber geschrieben, zu vollenden nach England, dessen litterarischer Hülfsmittel er bedurfte. Es führte den Titel: „Mémoires militaires sur les Grecs et les Romains, où l’on a fidèlement retabli sur le texte de Polybe et des Tacticiens Grecs et Latins la plûpart des Ordres de Bataille et des grandes Opérations de la Guerre, en les expliquant suivant les principes et la pratique constante des anciens et en relévant les erreurs du Chev. de Folard et des autres commentateurs. On y a joint une dissertation sur l’attaque et la défense des places des anciens, la traduction d’Onosander et de la Tactique d’Arcien et l’analyse de la campagne de Jules César en Afrique“ und erschien zuerst La Haye 1758 in zwei Bänden, 4°. Eben war er damit fertig [105] als der siebenjährige Krieg ausbrach. Er ging nach Deutschland zurück, hielt sich zunächst bei der Armee des Herzogs Ferdinand von Braunschweig auf und kam, von diesem empfohlen, zu Friedrich dem Großen. Er traf den König zu Anfang des Jahres 1758 im Winterquartiere zu Breslau, wo dieser Muße für geistigen Verkehr und gelehrten Umgang hatte und war hochwillkommen, ein Mann von positiven Kenntnissen und von scharfem Verstande, eine etwas schroffe und eckige Persönlichkeit, dabei der Erste, welcher mit der Kenntniß des Gegenstandes, über den er geschrieben, das Verständniß der betreffenden Sprachen verband. Er blieb zunächst beim Könige, zu mancherlei Diensten benutzt und in den Erholungsstunden ein gern gesehener Gesellschafter, so namentlich auch während der langweiligen drei Frühjahrsmonate, welche Friedrich vor Beginn des Feldzuges von 1759 in Landeshut zubrachte. Hier war es, wo eines Abends zu Ende Mai die Rede auf das vortreffliche Benehmen eines Centurio der 10. Legion kam, der bei Pharsalus, als des Pompejus Truppen seine Flanke zu gewinnen suchten, eine schräge Stellung annahm, den Feind überflügelte und dessen Manöver vereitelte. „Ein gewandter Mann, dieser Centurio Quintus Icilius“, bemerkte Friedrich, vielleicht an Leuthen denkend. „Gewiß“, erwiederte G., „aber Eure Majestät wollen entschuldigen, er hieß Quintus Caecilius“. Da der König auf seiner Behauptung bestand und G. nicht hofmännische Gewandtheit genug hatte, den Gegenstand fallen zu lassen, trennte man sich ohne sich geeint zu haben. Tags darauf erschien G. mit dem Polybius in der Hand, wies auf eine Stelle und sagte: „Sehen Sie Majestät, Quintus Caecilius!“ „Hm“, erwiderte Friedrich, „so? Nun – dann soll Er Quintus Icilius heißen!“ Sprachs, ließ G. unter diesem Namen in die Listen tragen, gab ihm ein Majorspatent vom 10. April 1758 und übertrug ihm vom 26. Mai 1759 ab das Commando von des verabschiedeten Obersten du Berger Freibataillon. Mit diesem hat er, meist in Sachsen verwendet, treue und tapfere Kriegsdienste geleistet, welche der König auch dadurch anerkannte, daß er ihm nach und nach die Bildung und die Führung von zwei weiteren Bataillonen übertrug: bei einer anderen Gelegenheit aber wird sein Name weniger ehrenvoll genannt, bei der Plünderung des Hubertsburger Schlosses am 22. Januar 1762, durch welche für die Verwüstungen Rache geübt werden sollte, die durch sächsische Truppen an den königlichen Schlössern bei Berlin geschehen waren. Es war ein Auftrag, welcher den damit Betrauten bereichern sollte; General-Major von Saldern, der bekannte Taktiker, hatte denselben als gegen seinen Eid und seine Ehre gehend abgelehnt (Küster, Charakterzüge des Gen. von S., Berlin 1793); Quintus aber, der des Königs Winterquartier in Leipzig theilte, wo er Gellert bei demselben einführte und der ein scharf rechnender Kopf war, theilte solche Bedenken nicht, sondern führte ihn aus und zwar in einer Weise, die der Armee viel zu sprechen und dem Könige reichen Stoff gab seinen gelehrten Freund, der ohnehin Manches von ihm hinnehmen mußte, zu necken. Sofort nach Friedensschluß wurden mit dem größten Theile der Freitruppen auch seine Bataillone aufgelöst. „Seine Offiziere haben wie die Raben gestollen, sie krigen nichts“, schrieb ihm der König damals, als er deren stellenweise sehr gerechte Ansprüche, durch bittere Geldnoth gezwungen, zurückwies; ihn selbst aber behielt er in seiner Umgebung. Die Quintus dadurch gebotene Muße benutzte dieser zur Abfassung eines zweiten Werkes über sein Lieblingsthema, welches unter dem Titel: „Mémoires critiques et historiques sur plusieurs points d’antiquités militaires“, 1773 in Berlin erschien und namentlich den Chevalier de Folard, den französischen Uebersetzer und Ausleger des Polybius einer scharfen Kritik unterzieht. Der vierte Band des Werkes richtet sich gegen die vom Chevalier de Lo-Looz in dessen „Recherches d’antiquités militaires avec la défense du chevalier Folard contre les allégations [106] insérées dans les Mémoires militaires“, Paris 1770, ihm selbst gemachten Ausstellungen. Eine geringe Entfremdung zwischen Quintus und seinem königlichen Gönner trat ein, als Ersterer 1770 eine Tochter des Generalmajors von Schlabrendorf heirathete und häufiger auf seinem Gute Wassersuppe bei Rathenow sich aufhielt, doch blieb Friedrich ihm stets wohlgewogen und seiner Wittwe, welcher er 3000 Thaler schenkte, sowie seinen beiden Kindern, zu deren Erziehung er der Wittwe eine jährliche Pension von 1000 Thalern gab, eine treue Stütze und aufrichtig betrauerte er des Obersten am 13. Mai 1775 zu Potsdam im 51. Lebensjahre erfolgten Tod. Seine Bücher- und seine Münzsammlung kaufte der König und verleibte dieselben den eigenen Sammlungen ein.

Carlyle, Geschichte Friedrichs II., deutsch von Neuberg, 6. Band, Berlin 1859. – F. Nicolai, Anekdoten von König Friedrich II., 6. Heft, Berlin und Stettin 1792.