ADB:Hals, Franz
Karel van Mander in der Kunst unterwiesen wurde, so mußte er bereits vor 1608 nach Harlem gekommen sein, da sein Lehrer in diesem Jahre starb. Ueber seine Lebensverhältnisse ist nur wenig mitzutheilen. Im J. 1611 erscheint er in Harlemer Urkunden als Vater eines Sohnes, 1616 wird ihm vom Magistrat eine Rüge ertheilt wegen seiner ausschweifenden Lebensweise und schlechten Behandlung seiner Frau. Diese [452] stirbt bald darauf und H. schreitet am 12. Febr. 1617 zu einer zweiten Ehe und schon am neunten Tage nach der Hochzeit wird er im Taufregister als Vater eingetragen. Ueberhaupt scheint er das Leben von der leichtesten Seite aufgefaßt zu haben; als ungestümer Geist nahm er das Vergnügen, wo und wie er es fand, oft nicht zum Besten seiner Finanzen. Im J. 1654 war er einem Bäcker für Waare und entliehenes Geld allein 200 Gulden schuldig und mußte Mobilien und Gemälde in Pfand geben. Da der Künstler sehr alt wurde und in den letzten Lebensjahren seine Kunst, nach der inzwischen eingetretenen neuen Geschmacksrichtung nicht mehr die frühere Beachtung fand, so war es ganz natürlich, daß er in großer Armuth verstarb, so daß seine Begräbnißkosten, die vier Gulden betrugen, vom Magistrat getragen werden mußten. Seine Wittwe erhielt 1675 eine Unterstützung von der Armenkasse, da sie alt und sehr arm war. So traurig auch dieses Bild der äußeren Lebensumstände des Meisters sich gestaltet, so glänzend ist dagegen seine künstlerische Thätigkeit. Mit angeborenem Genie begabt, für die Kunst ganz eingenommen, fand er in Harlem gleich in seiner frühesten Jugend ein reiches Kunstleben entfaltet, in welches er auch mit lebendiger Schaffenskraft eintrat. Die neu sich begründende Anschauungsweise, in der Kunst der Natur und dem wirklichen Leben näher zu treten, fand an ihm einen begeisterten Jünger. Deshalb seine Kraft im Porträt, in dem er das Leben, die Natürlichkeit mit meisterhafter Behandlung wiedergiebt. Auf diesem Gebiete kennt er keine Bevorzugung einzelner Stände, Gelehrte und Narren, junge Grazien und verwitterte Gesichter, Oberste, Spitzbuben, Typen des Volkes, alles ist seinem genialen Pinsel recht und darum ist jedes seiner Bildnisse gewissermaßen ein Genrebild, wie auch seine Genrescenen den Porträtisten überall verrathen. Es ist nicht möglich, hier die große Anzahl seiner Gemälde oder auch nur eine Auswahl der vorzüglichen einzeln anzuführen; wie er selbst gern fröhlich war, gab er auch seinen Bildnissen einen frohen Gesichtsausdruck; das Bild, welches ihn mit seiner zweiten Frau darstellt, offenbart das ganze Glück des munteren lachenden Paares. In der Zeit seiner besten Kraft (1630–40) entstanden die hervorragendsten Meisterwerke seiner Hand, die Regenten- und Schützenbilder; Harlem bewahrt zwei derselben, Amsterdam im Stadthause ein großes Schützenstück. Die volle Kraft der stolzen, selbstbewußten Männerwelt leuchtet aus diesen Bildern dem Beschauer entgegen. H. hat hier das große Verdienst, daß er die Klippe, eine Reihe Porträts nebeneinander zusammenzustellen glücklich umging und durch geistvolle Gruppirung alle Dargestellten zu einem Ganzen vereinte. Die Behandlung der Palette, die Führung des Pinsels hält mit der genialen Auffassung der Natur gleichen Schritt, er ist auch auf diesem Gebiete originell. Ohne nach Effect zu haschen, wird er, indem er die Natur getreu wiedergab, effectvoll, denn es ist immer von größter Wirkung, wenn die lebendige, bewegliche Natur auf die Bildfläche wie hingezaubert und festgebannt wird. – Viele seiner Compositionen sind durch den Stich vervielfältigt, die besten Künstler weiheten seiner Muse ihren Stichel; am meisten hat ihn J. Suyderhoef erreicht, der mit der Radirnadel selbst den Pinselstrich des Künstlers täuschend wiederzugeben verstand. Auch die Gegenwart wendet sich mit Vorliebe dem Künstler zu und Photographie wie Radirung suchen seinen Ruhm durch Reproduction seiner Compositionen zu verbreiten. H. hatte auch viele Schüler in der Kunst unterwiesen, die sich einen berühmten Namen gemacht haben; so nennen wir seinen Bruder Dirk, ferner A. Palamedes, Jan le Ducq, Molenaer und Andere. Ob A. Brouwer, wie gewöhnlich behauptet wird, sein Schüler war, ist zweifelhaft; als Anfänger in der Kunst konnte er keineswegs bei H. arbeiten, da er nicht in Harlem wohnte; in späterer Zeit dürften Bilder des Künstlers auf Brouwer eine instructive Wirkung ausgeübt haben.
Hals: Frans H., vorzüglicher Bildniß- und Genremaler, geb. um 1584 zu Antwerpen, gest. am 29. August 1666 zu Harlem. Sein Vater war Schöffe in Harlem und sein Aufenthalt in Antwerpen zur Zeit, da ihm Frans geboren wurde, vorübergehend. Da unser Künstler bei- [453] Houbraken. – Immerzeel. – W. Bode, Fr. Hals und seine Schule, Leipzig 1871.