ADB:Hayner, Christian August Fürchtegott

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Hayner, Christian August Fürchtegott“ von Melchior Josef Bandorf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 164–165, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hayner,_Christian_August_F%C3%BCrchtegott&oldid=- (Version vom 20. April 2024, 16:29 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Hayneccius, Martinus
Band 11 (1880), S. 164–165 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Christian August Fürchtegott Hayner in der Wikipedia
Christian August Fürchtegott Hayner in Wikidata
GND-Nummer 100577326
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|11|164|165|Hayner, Christian August Fürchtegott|Melchior Josef Bandorf|ADB:Hayner, Christian August Fürchtegott}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100577326}}    

Hayner: Christian August Fürchtegott H., Irrenarzt, geb. 22. December 1775, † 10. Mai 1837. Als junger Arzt von der sächsischen Staatsregierung (Conferenzminister Burgsdorff), welche damals der Irrenpflege große Aufmerksamkeit zuwandte, auf Reisen geschickt, studirte er in einem längeren Aufenthalte zu Paris unter Pinel und Esquirol Psychiatrie. Zurückgekehrt wurde er im August 1806 zum Hausarzte an der Straf- und Versorgungsanstalt zu Waldheim, wo eine große Anzahl Geisteskranker verpflegt wurde, ernannt. [165] Mit der Errichtung der Pflegeanstalt Colditz (1829) siedelte er mit seinen „Versorgten“ als dirigirender Arzt dorthin über und verblieb in dieser Stellung bis zu seinem im 62. Lebensjahre erfolgten Tode. H. hat sich um die sächsische Irrenpflege besonders in den vorerwähnten Anstalten sehr verdient gemacht. Von ihm stammten auch die Begutachtungen zur Einrichtung des Sonnensteins für Geisteskranke, nach seinen Plänen entstand diese erste deutsche Irrenheilanstalt. Außerdem bildete er in Colditz mehrere junge Leute für ihren künftigen ärztlichen Beruf in ächt klinischer Methode aus. Von seiner Regierung wurden die vielfachen Verdienste durch mehrere Auszeichnungen gewürdigt. Schriftstellerisch war H. wenig thätig. Mit Friedrich Nasse u. A. war er Herausgeber und Mitarbeiter der „Zeitschrift für psychische Aerzte“ (1818 bis 1822). Außerdem sind zu vermerken seine „Aufforderung an Regierungen, Obrigkeiten und Vorsteher der Irrenhäuser zur Abstellung einiger schwerer Gebrechen in der Behandlung der Irren“ 1817 und „Ueber die psychische und moralische Behandlung der Geisteskranken in der Versorgungsanstalt zu Waldheim“ (In G. Nostiz und Jänkendorf, Beschreibung der Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein 1829, Thl. 1, Abthlg. 2, S. 137 f.). Die in diesen Schriften vertretene Behandlungsmethode zeugt ebenso von edlen Humanitätsbestrebungen wie richtiger Erkenntniß der geisteskranken Zustände und reicher Erfahrung in ihrer Behandlung. Während er im Anfange seiner Praxis noch der damals allgemein verbreiteten Richtung des Zwangs und der Correction zuneigte, so daß sich sogar sein Name mit einigen Apparaten aus der damaligen psychiatrischen Rüstkammer (das hohle Rad, der Schrank) verknüpft hat, erzielte er später trotz ungünstiger äußerer Verhältnisse die Abschaffung beziehungsweise die äußerste Einschränkung des mechanischen Zwanges in der Behandlung der Irren. In der deutschen Psychiatrie ist er somit der erste Vorläufer des No-Restraint’s, welches System nach Jahrzehnten von England aus als etwas neues zu uns herübergebracht wurde und in den letzten Reformbewegungen unserer Specialität so zahlreiche und lebhafte Discussionen hervorgerufen hat.

Vergl. G. Nostiz und Jänkendorf a. a. O. Thl. 1, Abthlg. 1, p. 498, Anm. 38.