Zum Inhalt springen

ADB:Haßkarl, Justus Karl

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Haßkarl, Justus Karl“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 58–60, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ha%C3%9Fkarl,_Justus_Karl&oldid=- (Version vom 19. November 2024, 19:58 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Hasse, Jean Paul
Nächster>>>
Hauck, Ferdinand
Band 50 (1905), S. 58–60 (Quelle).
Justus Karl Haßkarl bei Wikisource
Justus Karl Haßkarl in der Wikipedia
Justus Karl Haßkarl in Wikidata
GND-Nummer 118709003
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|50|58|60|Haßkarl, Justus Karl|Ernst Wunschmann|ADB:Haßkarl, Justus Karl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118709003}}    

Haßkarl: Justus Karl H., Botaniker, geboren in Kassel am 6. December 1811, † in Cleve am 5. Januar 1894. Vorgebildet auf dem Gymnasium in Bonn, wohin Haßkarl’s Vater als Bergamtsrevisor 1817 von Siegen versetzt worden war, trat er 1827 als Lehrling in den botanischen Garten zu Poppelsdorf ein, in der Hoffnung, auf Grund der hier zu erlernenden Kenntnisse seine Neigung, ferne Länder zu bereisen, später einmal befriedigen zu können. Nach beendigter Lehrzeit beschäftigte er sich zunächst kurze Zeit mit wissenschaftlichen botanischen Studien und kehrte nach Absolvirung seiner Militärdienstzeit, die ihn, indem sie in ihm die Lust am militärischen Dienst weckte, beinahe seinem ursprünglich gewählten Berufe abwendig gemacht hätte, 1832 zum Gärtnerfach zurück und zwar vorläufig in eine untergeordnete Stellung in Düsseldorf unter Gartendirector Weyhe. Aus dieser Stellung berief ihn eine Kriegsordre, welche ihm aufgab als Reservist in die unter General Müffling stehende Observationsarmee einzutreten, die während der Belagerung von Antwerpen durch die Franzosen am Niederrhein zusammengezogen war. Um diese Zeit erkrankte H. an einer heftigen Lungenentzündung und mußte 1833, noch in leidendem Zustand, nach Hause zurückkehren. Kurz darauf übertrug ihm Gartendirector Weyhe die Leitung des botanischen Gartens in Düsseldorf und machte ihn zu seinem Assistenten, was ihm Gelegenheit bot, seine botanischen Kenntnisse zu erweitern. Die damals in den Gärten noch selten blühende Conifere Cunninghamia sinensis gab ihm den Stoff zu seiner ersten Publication in Otto’s Berliner Gartenzeitung 1834. H. kehrte nach Bonn zurück, um sich nunmehr ganz für wissenschaftliche Reisen vorzubereiten. [59] Daneben setzte er seine litterarische Thätigkeit fort und schrieb für die Zeitschrift Flora 1834 und 1835 einige Mittheilungen über Riccia natans sowie über die im Rheinlande vorkommenden Farne und Moose. Die Regensburger botanische Gesellschaft ernannte ihn dafür zu ihrem correspondirenden Mitgliede. Bei Gelegenheit der 1835 in Bonn tagenden Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte wurde H. in die Stelle eines Assistenten am naturhistorischen Cabinet durch dessen Director Goldfuß berufen und hauptsächlich mit der Ordnung der geologischen Sammlungen betraut. Jener Versammlung wohnte ein Rotterdamer Schiffsrheder bei, welcher in dem Wunsche, seinerseits zur Förderung der Naturwissenschaften etwas beizutragen, sich bereit erklärte, auf einem seiner Schiffe einen jungen Naturforscher nach Ostindien behufs wissenschaftlicher Forschungen mitzunehmen und für dessen Unterhalt während eines zweijährigen Aufenthaltes auf Java Sorge zu tragen. Nach dem Vorschlage von Goldfuß wurde H. dazu ausersehen. Im Herbste 1836 verließ dieser Europa, um auf einem Umwege über Amerika, wozu bestimmte Reisedispositionen des Schiffes Veranlassung waren, nach 135tägiger zum Theil recht unruhig verlaufener Reise im September 1837 sein Ziel Batavia zu erreichen. Die ihm in Aussicht gestellte Unterkunft bei einem reichen Verwandten seines Gönners fand H. jedoch nicht, so daß er, von Mitteln entblößt, auf seine eigne Kraft angewiesen war. Schließlich gelang es ihm aber unter Beihülfe deutscher Landsleute die Stelle eines wissenschaftlichen Vorstandes des botanischen Gartens in Buitenzorg zu erhalten. H. wirkte in dieser Stellung bis 1843 mit außerordentlichem Erfolge, da es ihm in der kurzen Zeit gelang trotz ungünstiger äußerer Umstände und mancher Quertreibereien seiner Vorgesetzten, den Garten aus einem verwahrlosten Zustande durch Neubeschaffung von Gewächsen und deren planmäßige, systematisch geordnete Anlage zu einem der schönsten Institute seiner Art zu erheben. Daneben war er noch schriftstellerisch thätig. Die Resultate seiner Beobachtungen legte er theils in der „Flora“, theils in holländischen Zeitschriften nieder. So erschienen eine Untersuchung über die Wärmeentwicklung der blühenden Colocasia in den Verhandlungen der Batav. Genossenschaft für Künste und Wissenschaft und einige Aufsätze beschreibenden Inhalts unter dem Titel: „Decades plantarum rariorum horti bogoriensis“ in der Tijdschrift voor natuurlijke geschiedenis 1838–42. Ferner veröffentlichte er in der „Flora“ 1842 neue Diagnosen javanischer Pflanzen und arbeitete an der Herausgabe eines Katalogs der im Garten wachsenden Pflanzen. Die zu wissenschaftlichen Zwecken unternommenen wiederholten Reisen in tropische Gegenden hatten jedoch Haßkarl’s Gesundheit dermaßen erschüttert, daß er um Urlaub zu einer Reise nach Europa einkommen mußte. So konnte er denn die letzte Hand an den Pflanzenkatalog nicht selbst legen, der 1844 vollendet in den Druck kam.

Seinen Aufenthalt in Europa benutzte H., um bei dem niederländischen Ministerium für sich eine gesichertere Stellung und für den Garten größere Mittel zu erwirken. Nach erhaltener Zusage seiner Wünsche reiste er noch vor Ablauf seines Urlaubs nach Java zurück und traf 1845 in Buitenzorg wieder ein. Inzwischen hatten sich hier durch den Tod des Generalgouverneurs die Verhältnisse sehr zu Ungunsten Haßkarl’s verändert, und da ihm die gegebenen Versprechungen nicht erfüllt wurden, so erbat und erhielt er seine Entlassung aus holländischen Diensten. Er suchte seine Heimath wieder auf und zog sich nach Düsseldorf zurück. Von jetzt ab begann für H. eine Zeit sorgenvoller Unruhe, da er, um seine Existenz zu fristen und seine Familie ernähren zu können, die verschiedenartigsten Beschäftigungen suchen mußte. [60] Trotzdem lieferte er noch in dieser Zeit mehrere wissenschaftliche Arbeiten. Für die „Plantae Junghuhnianae 1851/52“ bearbeitete er die Commelinaceae, Amarantaceae und Polygalaceae, übersetzte Cole’s „Das Kap und die Kaffern“ (1852) und besorgte die deutsche Ausgabe von Junghuhn’s „Java“ und dessen „Rückreise von Java nach Europa“ (1852). Mit dem Jahre 1852 endlich beginnt ein Wendepunkt in Haßkarl’s Lebensschicksalen. Die niederländische Regierung hatte den Plan gefaßt, den Chinarindenbaum von Peru nach Java überzusiedeln und H. mit der Ausführung dieses Unternehmens betraut. Der Auftrag war nicht ganz ohne Gefahr, da ein strenges Ausfuhrverbot der Chinarinde bestand und die Reise daher nur mit größter Vorsicht unter Verheimlichung ihres Zweckes auszuführen war. Außerdem erhöhten politische Unruhen im Lande, abgesehen von klimatischen und Transportschwierigkeiten die Gefahr des Unternehmens. Trotzdem überwand H. durch Kühnheit und Energie die zahlreichen Schwierigkeiten und es gelang ihm, nachdem er schon vorher ein Kistchen mit Samen nach Holland geschickt hatte, Mitte December 1854 mit einigen vierzig jungen Calisaya-Chinabäumchen, die von ursprünglich vierhundert leben geblieben waren, Java zu erreichen. Sofort wurden die kostbaren Pflanzen auf ein dazu bereit gehaltenes Terrain verpflanzt und ihre Cultur eingeleitet, die im Laufe der Jahre solche Dimensionen annahm, daß 1869 bereits eine Million der besten Chinarindenbäume auf Java gezählt wurde. Hierin liegt für Haßkarl’s Wirken der größte Ruhmestitel, den er sich erworben hat. Leider sollte es ihm nicht beschieden sein, in die weitere Entwicklung der Culturen selbstthätig einzugreifen. Nach der gefahrvollen Reise von Süd-Amerika nach Ostindien wurde er krank, wozu, abgesehen von den Strapazen, eine heftige Gemüthserschütterung beitrug, welche ihm die Nachricht verursachte, daß seine ganze Familie, Frau und 4 Töchter, mit welchen er sich in Java treffen wollte, auf der Reise dorthin infolge eines Schiffsunglückes ertrunken sei. Er mußte in die Heimath zurück. Krank kam er Ende October 1856 in Europa an. Da sich seine Genesung sehr verzögerte, so wurde inzwischen an seiner Stelle Dr. Junghuhn mit der Leitung der Chinaculturen beauftragt, er selbst aber mit Pension in den Ruhestand versetzt. Langsam genas H. wieder und füllte seine Mußezeit mit schriftstellerischen Arbeiten aus. In Anerkennung seiner Leistungen ernannte ihn die philosophische Facultät der Universität Greifswald zum Ehrendoctor. Die Leopoldinische Akademie hatte ihn bereits 1847 unter die Zahl ihrer Mitglieder aufgenommen. Die äußeren Verhältnisse Haßkarl’s nahmen nunmehr einen stetigeren Verlauf. Er hatte sich zum zweiten Male verheirathet und nach wiederholtem Wechsel des Wohnortes schließlich in Cleve niedergelassen, wo er im 83. Lebensjahre verschied.

Von seinen späteren Publicationen während seines dauernden Aufenthaltes in Europa seien noch aufgeführt: „Observationes botanicae sive Hortus bogoriensis descriptus“ (Bonplandia 1858) und die Bearbeitung der indischen Polygalaceae für die Annales Lugduni Batavorum sowie der Commelinaceae in den Verhandlungen der österr. zool.-botan. Gesellschaft vom Jahre 1869. Endlich beschäftigte er sich noch mit der Herausgabe von Schlüsseln zu älteren botanischen Bilderwerken über indische Pflanzen und zwar zu Rheede’s Hortus malabaricus (Leopold. 1867) und zu Rumph’s Herbarium amboinense (Verhandlgn. d. Halle’schen naturhistor. Gesellsch. 1866). Ein Vorläufer dieser Schlüssel erschien in der „Flora“ in den Jahren 1861 und 62. Unter dem Titel: „Die Chinakultur auf Java“ 1869 veröffentlichte er die Uebersetzung eines vom derzeitigen Leiter der Culturen van Gorkum verfaßten Werkes über diesen Gegenstand.

Leopoldina XXX. Heft 1894.