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ADB:Henckel, Joachim Friedrich

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Artikel „Henckel, Joachim Friedrich“ von Ernst Gurlt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 730–731, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Henckel,_Joachim_Friedrich&oldid=- (Version vom 1. Dezember 2024, 20:54 Uhr UTC)
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Henckel: Joachim Friedrich H., Militärarzt, Professor der Chirurgie und Geburtshilfe, Oberwundarzt der Charité in Berlin, wurde geboren am 4. März 1712 zu Pr. Holland in Ostpreußen, woselbst sein Vater Stadtrichter, Postmeister und ein erfahrener Wundarzt war. Den ersten Unterricht in der Chirurgie empfing H. von seinem Vater; er hielt sich dann von 1729 an einige Jahre in Königsberg und Danzig bei den Wundärzten Marggraf und Nicolai auf, während er gleichzeitig in der Anatomie sich Kenntnisse bei dem Prof. Boretius und dem Dr. Kulmus zu erwerben suchte. 1731 kam er zum Besuche medicinisch-chirurgischer Vorlesungen und der Charité nach Berlin, trat als Compagnie-Chirurgus bei einem Infanterie-Regiment ein, wurde dann zu dem Königl. Leib-Regiment nach Potsdam versetzt und nach 2 Jahren zum Pensionär-Chirurgus ernannt. Auf Kosten des Königs ging er nach Paris, der damaligen hohen Schule der Chirurgie, auf zwei Jahre und besuchte auf der Reise dorthin auch Holland. Von Paris zurückgekehrt, wurde er zum Regiments-Chirurgus des Leib-Regiments ernannt, jedoch nach dem Tode des König Friedrich Wilhelm I., 1740, als das gedachte Regiment aufgelöst wurde, zum Regiment Gens d’armes nach Berlin versetzt. Mit seinem Regiment zog er in den Schlesischen Krieg aus und machte hier ihm neue Erfahrungen. Nach Berlin zurückgekehrt, hielt er, auf mehrfache Veranlassung chirurgische Vorlesungen, hatte dabei aber mit Intriguen, die gegen ihn angesponnen wurden, zu kämpfen. Nachdem er 1744 zu Frankfurt a. O. sich den Doctor-Hut erworben, mußte er 1745 wieder mit seinem Regiment nach Schlesien ins Feld rücken. Von Neuem begann er, nach Berlin zurückgekehrt, Vorlesungen über chirurgische Operationen und Bandagen und über Geburtshilfe zu halten, auch erschien von ihm 1747 eine „Erste Sammlung Medicinischer und Chirurgischer Bemerkungen“, welcher bis 1763 noch sieben weitere derartige Sammlungen, mit noch zwei Fortsetzungen, bis 1772 folgten. Mehrfach wurden diese und andere Schriften angegriffen und dabei zum Theil Henckels Wahrhaftigkeit in Zweifel gezogen, so daß er sich dagegen vertheidigen mußte. – Nach dem Tode des Anatomen Joh. Friedr. Meckel (1774), dem die Direction der von Friedrich dem Großen 1751 in der Berliner Charité errichteten ersten Hebeammenschule in Deutschland anvertraut worden war, wurde H. die Leitung der Entbindungsanstalt übertragen und von ihm auch den Studirenden der Chirurgie klinischer Unterricht in der Geburtshilfe ertheilt. Er hatte bereits früher Lehrbücher, theils für die Studirenden bestimmt (1761), eine freie Uebersetzung von Roederer’s Elementa artis obstetric., theils zum besonderen Gebrauche der Hebeammen (1767), sowie einige Special-Abhandlungen über Geburtshilfe geschrieben. Nach dem Urtheile F. B. Osiander’s sind indessen seine Leistungen für die Anstalt und das Fach nicht sehr hoch anzuschlagen. – Auch für seine chirurgische Lehrthätigkeit schrieb H. Lehrbücher, die sich theilweise viele Jahre hindurch einer großen Beliebtheit bei den Lernbedürftigen erfreut haben. Dahin gehören seine Abhandlungen von Beinbrüchen und Verrenkungen (1759), von den chirurgischen Operationen (Stück 1–8, 1770–75), vor Allem aber seine „Anweisung zum verbesserten chirurgischen Verbande“, nach Heinr. Baß’s Schrift (1720), die erste und vollständigere Schrift über diesen Gegenstand, die 1756 erschien, mit 14 Kupfertafeln, 5 Auflagen erlebte, 1802 von J. Chr. Stark umgearbeitet und mit Zusätzen (24 Kupfertafeln) versehen wurde, und endlich noch 1829 eine neue Bearbeitung und Vermehrung (40 Kupfertafeln) durch Joh. Friedr. Dieffenbach erfuhr, also während eines Zeitraums von mindestens 8 Decennien [731] sich in den Händen der Lernenden erhielt. – Ohne gerade zu den bahnbrechenden Förderern der Chirurgie und Geburtshilfe gehört zu haben, hat doch H. das Verdienst, durch Sammlung und Bekanntmachung von Beobachtungen wichtiger Krankheitsfälle und als Lehrer in beiden Zweigen der Heilkunde Nützliches geleistet zu haben. Seitens der Pariser Akademie der Chirurgie wurde er 1750 zum Mitgliede ernannt. Er starb am 1. Juli 1779.

Friedr. Börner, Nachrichten von den vornehmsten Lebensumständen und Schriften Jetztlebender berühmter Aerzte und Naturforscher u. s. w. Bd. 3, St. 3, 1755, S. 293; St. 5, 1764, S. 693; E. G. Baldingers Fortsetzung derselben, 1773, S. 78. – Seine Schriften s. in A. von Haller, Bibliotheca chirurgica, T. II, 1775, p. 260.