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ADB:Henisch, Georg

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Artikel „Henisch, Georg“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 750–751, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Henisch,_Georg&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 05:07 Uhr UTC)
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Henisch: Georg H., einer der verdienstvollsten Lexikographen der älteren Zeit, wurde zu Bartfelden (Bartpha) einer Stadt in Ungarn, den 24. April 1549 geboren. Welchen Standes seine Eltern waren, ist unbekannt. Er studirte, wie es scheint, in dürftigen Verhältnissen, in den Jahren 1568–70 zu Wittenberg, Leipzig und Basel Philologie und Medizin und zeichnete sich schon als 18jähriger Student als ein nicht schlechter lateinischer Dichter aus, so daß er an H. v. Staupitz, Hier. Rauscher, Graf von Fürstenberg u. A. wohlthätige Gönner fand. Noch nicht 26 Jahre alt, hatte er bereits in der Kenntniß der alten Sprachen und der Mathematik einen so großen Ruhm erlangt, daß er auf Hier. Wolff’s Empfehlung 1575 als Lehrer der Mathematik, Logik und Redekunst am Gymnasium zu St. Anna in Augsburg eine Anstellung erhielt. Weil ihm zu gleicher Zeit auch die Erlaubniß der medicinischen Praxis ertheilt wurde, nahm er am 12. April 1576 zu Basel die Doctorwürde an und wurde, nachdem er am 4. Juni desselben Jahres eine Tochter des berühmten Augsburger Arztes Christoph Wyrsung geheirathet hatte (Crusius, Schwäb. Chronik II, 335a), Mitglied des neu errichteteten medicinischen Collegiums, dessen Decanat er viermal bekleidete. Nach Wolff’s Tode zum Rector des Gymnasiums ernannt, wurde ihm zugleich die Besorgung der Stadtbibliothek übertragen, in welcher Eigenschaft er deren Bücher in eine neue Ordnung brachte und über sie (1600) - einen nach seinem Systeme geordneten Catalog veröffentlichte. Als vielbeschäftigter Arzt, Lehrer und Schriftsteller starb er zu Augsburg den 31. Mai 1618. nachdem er 42 Jahre dem Gymnasium vorgestanden war. – Abgesehen von verschiedenen Ausgaben alter Schriftsteller mit Erklärungen, die jetzt ihren Werth verloren haben, sowie mehrer Schriften über Dialektik, Rhetorik und Mathematik hat sich H. ein ehrenvolles und unvergängliches Denkmal geschaffen in seinem großen deutschen Wörterbuche: „Thesaurus linguae et sapientiae germanicae“; [751] Erster Theil, Augsb. 1616 in Fol. (1875 Spalten). Dieses ebenso werthvolle als seltene Wörterbuch, gleich dem des Maaler (1561) und dem des Frisch (1741) noch jetzt dem deutschen Sprachforscher in gleichem Maße unentbehrlich, als es der Sammler deutscher Sprüchwörter entrathen kann, blieb leider wegen des 1618 erfolgten Todes des Verfassers unbeendigt oder wenigstens ungedruckt und faßt nur die acht ersten Buchstaben (bis G. einschließlich) in sich. Nach der Anlage des ersten Theils wären zur Vollendung des Ganzen mindestens noch zwei ähnliche Bände erforderlich gewesen, auf deren theilweise Ausarbeitungen die nicht seltenen Verweisungen auf spätere Buchstaben des Alphabets (H, N und P) schließen lassen. Aber auch so schon gewährt uns dieser erste und einzige Theil eine erstaunliche Ausbeute nicht nur an alten volksthümlichen Sprüchwörtern und sprüchwörtlichen Redensarten, sondern auch eine Menge von Citaten aus gleichzeitigen und älteren Dichtern, sprüchwörtlichen Reimen, Bauern- und Wetterregeln, apophthegmatischen Aussprüchen, Scherz- und Schimpfwörtern u. dgl. m., auch fehlen nicht Priameln und apologische Sprüchwörter, wol aber gänzlich niederdeutsche Proverbien. Erklärungen der Sprüchwörter finden sich gemäß dem Charakter des Werkes nur selten und stehen auch in der Regel ohne lateinische Uebersetzung, dagegen werden sprüchwörtliche Redensarten nicht nur häufig commentirt, sondern auch noch durch synonyme Ausdrücke näher erläutert. Welch einen Sprüchwörterreichthum dieses Werk, die Frucht des ausdauerndsten Fleißes und einer immensen Belesenheit umschließt, ein Reichthum, der auf den der übrigen verloren gegangenen Theile schließen läßt, genüge der Nachweis, daß allein die Spalten 813–17 („Ehr“) 92, Sp. 1469–77 („Gelt“) 247 und Sp. 1658–66 („Glück“) 265 Sprüchwörter, fast in ununterbrochener Reihe, ungerechnet sprüchwörtlicher Redensarten oder anderes Beiwerk enthalten. Daß übrigens H. in diesem seinen Werke in der Wissenschaft der Sprache und namentlich der Etymologie auf dem noch sehr unvollkommenen Standpunkte seiner Zeit steht, kann ihm nicht zum Vorwurf dienen, daß er aber, was vor ihm keiner gethan, sich wenigstens bemühte, in der deutschen sowol wie in der lateinischen Sprache die Erkenntniß der Wörter mit der Erkenntniß der Sache selbst zu verbinden, das hat er größtentheils redlich ausgeführt. Ein autographer Brief desselben (Augusta 1610) findet sich in der großen Autographensammlung der Erlanger Universitätsbibliothek (Irmischer S. 319).

Vgl. meinen Aufsatz über H. im Anzeiger für Kunde d. deutsch. Vorzeit 1867. Sp. 268 ff. (mit Proben aus dessen Sprüchwörtern). Veith, Bibl. August. VIII, 156–70 (mit Verzeichniß seiner sämmtl. Werke). Brucker, Ehrentempel 178–181 (mit Henisch’s Bildniß). Raumer, Germ. Philologie S. 86–87. Grimm, W. B. I, XXI. Beyträge zur crit. Hist. d. deutsch. Sprache I, 571 ff. Morhof, Polyhist. I, 256. Schelhorn, Ergötzlichk. III, 2232. Scheller, Bücherkunde der sass. Sprache, S. 313.