ADB:Hennenberger, Kaspar

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Artikel „Hennenberger, Kaspar“ von Karl Lohmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 769–771, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hennenberger,_Kaspar&oldid=- (Version vom 23. April 2024, 07:19 Uhr UTC)
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Hennenberger: Kaspar H., preußischer Kartograph und Geschichtschreiber, geb. 1529 zu Erlich in Oberfranken (südlich von Hof), gest. am 29. Februar 1600 zu Königsberg i. P. Schon in frühester Jugend nach Preußen gekommen, bezog H. am 27. Juni 1550 die Königsberger Universität, um daselbst Theologie zu studieren. Er wurde zuerst Pfarrer zu Georgenau und Kaplan zu Domnau, bekleidete dann 29 Jahre lang die Pfarrei zu Mühlhausen in Natangen (unweit Domnau) und kam von hier 1590 als Geistlicher an das große Hospital im Löbenicht Königsberg; da er zuletzt kränklich wurde, so trat schon drei Jahre vor seinem Tode sein Nachfolger ein. – Schon als Student hatte er Landkarten nicht bloß gesammelt, sondern auch selbst gezeichnet und hierin großes Geschick und Verständniß bewiesen; um so lieber ließ er sich dazu bewegen selbst eine neue Karte des Herzogthums Preußen aufzunehmen, denn die beiden bisher allein vorhandenen (die eine in den Werken des Aeneas Sylvius, die andere von dem herzoglichen Bibliothekar Heinrich Zeel im Theatrum orbis terrarum des Abraham Ortelius) waren durchaus ungenügend. Sieben Jahre lang bereiste er das ganze östlich von der Weichsel gelegene Preußen, da er bei dem völligen Mangel aller litterarischen Hülfsmittel nur durch eigenen Augenschein und Erkundigungen an Ort und Stelle Gewißheit, nur erst durch eigene Vermessung einige Klarheit gewinnen konnte; im Herzogthum wurde er vom Herzoge [770] Albrecht Friedrich selbst durch Empfehlungen an die Beamten und durch freie Fuhren und Beköstigung, vielfach auch durch die Edelleute und andere verständige Personen unterstützt und gefördert, das Ermland aber mußte er auf eigene Kosten, die anderen polnischen Theile (das Kulmerland und die Werder) sogar heimlich und zu Fuß durchreisen. Das auf diese Weise und oft unter den größten Schwierigkeiten gesammelte Material brachte er nach jeder Reise in Königsberg zu Papier und riß zuletzt auch selbst den Holzschnitt. Wie er bei schwierigen mathematischen Fragen (der Meßtisch ist erst etwas später erfunden) die Mathematiker der Universität zu Rathe zog, so bediente er sich bei dem Holzschnitt der Hülfe des Formschneiders Kaspar Felbinger. Im J. 1576 erschien endlich zu Königsberg, dem Herzoge Albrecht Friedrich gewidmet, „Prvssiae das ist, des Landes zu Preussen, welches das herrlichste Theil ist Sarmatiae Europeae, Eigentliche vnd Warhafftige Beschreibung. Durch Casparum Hennebergerum, Erlichensem“ auf vier Blättern in Folio. Peschel urtheilt über diese Arbeit: „Einen höheren Rang müssen auch wir der Karte von Preußen zuerkennen, die H. zeichnete, nicht bloß wegen ihrer befriedigenden mathematischen Verhältnisse, sondern noch viel mehr wegen der Treue der Küstenlinien und des lebendigen Bildes der netzartigen Bewässerung, so daß sie ein unübertroffenes Meisterstück bis ins 18. Jahrhundert blieb.“ In den Jahren 1595, 1629, 1638 und 1656 ohne Veränderungen, mit denselben Matrizen aufgelegt, diente sie auch allen späteren Arbeiten zum Vorbilde, bis sie erst durch die von der Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1763 herausgegebene Karte beseitigt wurde. Im J. 1863 veranstaltete die physikalisch-ökonomische Gesellschaft zu Königsberg eine photolithographische Nachbildung in 9 Blättern. – Die beiden schriftstellerischen Werke Hennenbergers führen folgende Titel: 1) Kurtze vnd warhafftige beschreibung des Landes zu Preussen. Item: der alten heidnischen Vndeutschen Preussen … Durch Casparum Hennebergern etc. Gedruckt zu Königsperg in Preußen 1584 bey Georgen Osterbergern. (4to.) Mit einem Anhange: Kurtze vnd einfeltige Beschreibung, aller Hohemeister Deutsches Ordens S. Mariä, des Hospitals zu Jerusalem etc. (Mit color. Kupfern.) 2) Erclerung der Preüssischen grössern Landtaffel oder Mappen … Aus Alten und Newen Scribenten colligiret durch Casparum Hennenbergerum etc. Gedruckt zu Königsperg in Preussen, bey Georgen Osterbergern. Anno MDXCV. (fol.) und daran ebenfalls ein Anhang: Der See Ströme vnd Flüsser Namen, Welche in der Preuschen Mappen verzeichnet sind etc. Der geographische Inhalt derselben entspricht durchaus dem der Landtafel selbst, hat doch H. z. B. nicht bloß die Grenzen der alten Gaue zuerst einigermaßen festzustellen begonnen, sondern einzelne Gaue, von denen man bisher nur die Namen kannte, ihrer Lage nach geradezu erst entdeckt; für den Historiker aber sind diese Arbeiten durchaus werthlos. H. hat seinen historischen Studien eine umfangreiche Materialiensammlung zu Grunde gelegt, welche sich Christoph Falk, Lehrer zu Elbing und Königsberg, der gleichfalls mit der Absicht, eine Geschichte Preußens zu schreiben, umgegangen war, zusammengebracht, und die er selbst nach Falks Tode (1572 oder wenig später) erworben hatte, und vervollständigte sie durch eigene Abschriften und Kollektaneen, so daß er an 100 gedruckte und ungedruckte Werke als von ihm benutzt aufzählen konnte, darunter freilich mehrere, die niemals vorhanden gewesen sind. Aber dieses reiche Material verarbeitete H. ohne jede Spur von Kritik, indem er wesentlich den Erdichtungen Simon Grunaus und den ihm nachschreibenden Späteren folgte. Ueberdieß liebt er es, da er zugleich den Zweck im Auge hatte den Predigern erbauliche Beispiele zu liefern, schwere Verbrechen und ihre göttliche Bestrafung, Versuchungen des Teufels, seltsame Naturerscheinungen (Wunderzeichen am Himmel und Mißgeburten) und ihre muthmaßliche Bedeutung, Gespenstergeschichten u. dgl. überall [771] einzuflechten. In typographischer Beziehung sind die Bücher dadurch von Interesse, daß er zu jenen Schriftstellern gehört, welche ihre Werke mit Illustrationen ausschmückten; zu seinen Wappen und Figuren der Hochmeister, seinen Städteansichten und Abbildungen der Wunder lieferte der genannte Felbinger die Holzstöcke.

Vgl.: Erleutertes Preußen V (1742) S. 596–603; Töppen, Geschichte d. Preuß. Historiographie (1853) S. 242–250. Dazu gefällige Mittheilungen des Herrn Diaconus Bertling, Stadtarchivars und früher Vorstehers der Stadtbibliothek zu Danzig, in welcher sich jetzt die Sammlungen Falks und Hennenbergers fast vollständig befinden.