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ADB:Herberts, Hermann

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Artikel „Herberts, Hermann“ von Jacob Cornelis van Slee in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 39–41, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Herberts,_Hermann&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 07:20 Uhr UTC)
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Herberts: Hermann H., freisinniger und frommer Theolog des 16. Jahrhunderts, welcher mehr oder weniger als Vorläufer der späteren Remonstranten zu betrachten ist. Er ward 1540 als Sohn katholischer Eltern zu Grol geboren, erhielt eine klösterliche Erziehung und trat zwischen 1560 und 1564 in das Kloster Burlo ein, wo er unter dem reformfreundlichen Prior Arndt Proeustynck [40] mit den Schriften Luthers bekannt und bald für die neuen Religionsansichten gewonnen wurde. Daher verließ er sein Kloster 1566 und erhielt die Pastorstelle der Gemeinde zu Winterswyk, mußte aber flüchten, als Herzog Alba in die Niederlande kam. Kurz nachher trat er als Prediger bei der reformirten Gemeinde zu Nieder-Wesel auf, und folgte 1577 einem Ruf an die Gemeinde zu Dordrecht, wo seine kraftvolle Beredtsamkeit großen Beifall fand. Umsonst versuchten die Gemeinden zu Antwerpen und Mecheln ihn zu sich zu ziehen; nur Gouda erhielt den trefflichen Prediger während zweier Monate leihweise, wie es in jenen Zeiten oft geschah. Diese besondere Auszeichnung aber, welche H. überall zu Theil ward, weckte die Eifersucht seiner Collegen, Heinrich van den Cornput und Servatius Naeranus; einige wenig bedeutende Lehrdifferenzen verursachten bald große Streitigkeiten, welche sich weiter ausbreiteten, seit H. es 1582 wagte, mit der Predigt über den Heidelberger Catechismus aufzuhören. Eine Unterredung mit seinen Collegen führte den Frieden nicht herbei, veranlaßte vielmehr seine Suspension, und, als er auf seiner Meinung beharrte, seine Entlassung. Schon vorher war er nach Gouda abgereist. Wiewohl er das Glaubensbekenntniß von Guido de Bres zu unterzeichnen sich weigerte und keine kirchlichen Zeugnisse vorlegen konnte, gewährte der Kirchenrath, unter Genehmigung der Stadtregierung ihm doch eine Predigerstelle; von der Gemeinde wurde er freundlichst empfangen und kräftig geschützt, als die Streitigkeiten sich ungeachtet seiner Entfernung von Dordrecht dort nicht beruhigten. Die Gegner warfen ihm vor, er habe seine Lehrsätze dem Schwenckfeldt, Coornhert und David Joris entlehnt, sei auch an des letzteren „Wonderboek“ betheiligt. Sie brachten daher seine Angelegenheit vor die Classe von Dordrecht. Als H. aber verweigerte, sich vor dieser Versammlung zu verantworten, rief man Prinz Wilhelm von Oranien zur Hülfe, welcher den Rathsherrn Adrian van der Myle zur Schlichtung der Zwistigkeiten nach Dordrecht abfertigte. Zwar wußte dieser einen Vergleich zu treffen, bei welchem H. bezeugte, er habe vielmals eine Abweichung von der Kirchenlehre und vom Catechismus bezweckt. Als aber der Kirchenrath zu Dordrecht ihm die Abendmahlsfeier verweigerte, scheiterte dieser Vermittlungsversuch ganz und gar und auch die Provinzialsynode, welche 1583 im Haag zusammenkam, bemühte sich umsonst um die Beendigung der Streitigkeiten. Vielleicht würde die Sache keinen weiteren Erfolg gehabt haben, wenn nicht 1584 von der Hand Herberts, zur Vertheidigung seiner Ansichten, eine „Corte verclaringhe over de woorden Pauli gescreven totten Romeynen Cap. II. vs. 28“, gedruckt bei Dierick Mullen erschienen wäre. Ein großer Sturm erhob sich von allen Seiten wider diese Schrift und die Provinzialsynode, welche 1586 zu Rotterdam stattfand, brachte die ganze Sache vor die Nationalsynode, welche im selben Jahre von Leicester im Haag berufen war. Sie sprach aber den Angeklagten jeder Unrechtgläubigkeit frei. Vielen genügte aber dieses Urtheil dennoch nicht, und als H. 1589 eine weitere Erklärung seiner Ansichten herausgab, wurde er 1590 von der Provinzialsynode im Haag suspendirt. Der Kirchenrath und die Stadtregierung zu Gouda schützten aber ihren Prediger kräftig und erlaubten ihm, ungeachtet seiner Suspension, mit predigen fortzufahren, weshalb es nicht zur Excommunication kam. Nach Herausgabe einer Parteischrift „Cort en waerachtigh verhael, waeromme de particuliere Synode van Zuid Holland het boek Hermanni Herberts, predikant ter Goude, genaemt Corte verclaringh over de woorden Pauli, Rom. II, als onsuyver ende schadelyck geoordeelt ende hem van het predikant gesuspendeert ofte opgeschorst heeft“, ’s Hage 1592, welcher H. ein „Tegenbericht tegen een seecker boexken geintituleert: cort en waerachtigh verhael“, wie auch eine „Waerachtighe bescryvingh aller articulen ende poincten waermede Henrick van den Cornput en Servaes Janszoon, dienaren des Woords binnen Dordrecht [41] Hermannus Herberts, haren gewesenen mededienaer, van valsche leere beschuldicht hebben, waer benevens gevoeght is Hermanni antwoorde“, Gouda 1592 entgegengestellt hatte, beriefen die holländischen Staaten eine außerordentliche Synode nach dem Haag im August 1593, welche, auf Vermittlung Uitenbogaerts Herberts’ Suspension aufhob und seine Uebereinstimmung mit der Kirche aussprach. Umsonst versuchten einige Theologen die Streitigkeiten zu erneuern. H. lebte und arbeitete nun noch einige Jahre friedsam in der Gemeinde zu Gouda und † am 23. Februar 1607. Ohne Frage muß H. als Vorläufer der Remonstranten betrachtet werden, indem er keine für Alle verbindende Autorität des Glaubensbekenntnisses und des Catechismus anerkannte, eine freie Untersuchung der heiligen Schrift forderte, alle Autorität der Lehrmeinung verwarf und der reformirten Lehre von der Prädestination und der Zurechnung der Verdienste Christi nicht zustimmte. Mit großer Gelehrsamkeit und Schärfe trat er seinen Gegnern entgegen und es ist ihm eine gewisse Unbeugsamkeit nicht abzusprechen. Gleichwohl war das theologische Gezänk ihm sehr verhaßt und sein ganzer Eifer galt nur dem Streben nach einer wahrhaft lebendigen und praktischen Religion.

Van der Aa, Biogr. Woordenb. Glasius, Godgel. Nederl.; besonders aber H. C. Rogge im Kalender voor Protest. in Nederl. 1858, Bl. 140 ff. und die dort genannten Quellen.