ADB:Herdesian, Christoph
Herdesianus: Christof H. (latinisirt für Hardesheim), geb. 1523 zu Halberstadt, ward in Wittenberg, wohin er sich 1540 begeben hatte, für die Reformation gewonnen. Nachdem er Italien und Frankreich bereist hatte, ließ er sich als Rechtsconsulent in Nürnberg nieder und starb daselbst am 23. Dec. 1585. Mehr noch als seine juristische Thätigkeit, aus welcher sein „Liber responsorum juris“ (Genev. 1571, 4°) hervorging, scheinen ihn die dogmatischen Streitfragen seiner Zeit, besonders über das Abendmahl, in Anspruch genommen zu haben. Persönlich zur Lehre der Schweizer hinneigend, aber dem Hader der Parteien, wie er damals entbrannt war, abhold, suchte er eine Versöhnung der beiden evangelischen Confessionen anzubahnen. In diesem Sinne verfaßte er eine Anzahl Werke, welche seine genaue Bekanntschaft mit der patristischen und reformatorischen Litteratur beweisen; er ließ sie jedoch theils anonym erscheinen (z. B. „Consensus orthodoxus de controversia coenae“, 1574), theils unter den angenommenen Namen Christianus Hesiander („Refutatio dogmatis de fictitia carnis Christi omnipraesentia“, 1571, 4°); Hermannus Pacificus („Synodus Ephesina; adiunctae sunt theses de coena Domini“, 1581, 4°); Ambrosius Wolff („Geschichte der Augsburgischen Confession“, 1580, nebst Supplem. 1584, 4°); Germanus Beyer, Eusebius Altkircher.
- Vgl. Paul Freher, Theatrum viror. eruditione clarorum, 1678, p. 899. – C. W. Hering, Gesch. d. kirchl. Unionsversuche 1836, I. 231 ff., bespricht die Thesen des Herm. Pacificus, ohne den wahren Namen des Verf. zu nennen.
Cyriacus H., des Vorigen Großneffe, geb. um 1580 zu Bernburg, † am 8. Juli 1631 als Professor der Rechte zu Frankfurt a. O. Durch langjährige Reisen, welche er nach Vollendung seiner akademischen Studien in fast alle Länder [102] Europas unternahm, gewann er eine große Vertrautheit mit den fremden Sprachen, wie dies seine „Hexaglossae naeniae“ auf den frühzeitigen Tod des Fürsten Joachim Ernst von Anhalt-Dessau († 28. Mai 1615) beweisen. Nachdem H. eine Zeit lang eine Professur am Gymnasium zu Zerbst bekleidet hatte, ging er 1618 an die Universität zu Frankfurt über, Anfangs als Professor der Geschichte, dann der Rechte. Seine letzten Lebensjahre wurden durch die kriegerischen Ereignisse seiner Zeit getrübt. Auf die Durchmärsche kaiserlicher Truppen und die Besetzung Frankfurts durch Tilly folgte die Eroberung der Stadt durch Gustav Adolf am 3. April 1631. In einer lateinischen Rede (wieder abgedruckt bei Becmann, Auctarium notit. univers., Francof. 1706 fol. 34—39) hat H. eine Schilderung dieser Ereignisse gegeben, welche zwar nicht frei von rhetorischem Pathos, doch als der Bericht eines Augenzeugen von historischem Werthe ist.
- Sein Leben bei Becmann, notit. univ., p. 206 sqq. und nebst einem Verzeichniß seiner Schriften, meist jurist. Disputationen, in dessen Historie des Fürstenth. Anhalt, Th. VII. S. 342.