ADB:Hermann, Benedikt
[216] Canzlei des Rentamtes zu Murnau und in dem fürstl. Schwarzenbergischen Rechnungsamt zu Graz Beschäftigung. Hier erwachte zuerst ein innerer Wissensdrang in H., er begann Vorlesungen an der dortigen Universität zu besuchen, sowie in den Sprachen sich auszubilden. Nach Wien (1777) in die fürstl. Schwarzenbergische Buchhaltung berufen, setzte er seine Studien besonders in Mineralogie, Bergwerkskunde und bei v. Jacquin in der Chemie eifrig fort. Zu seiner weiteren Ausbildung unternahm er 1781 Reisen durch Deutschland, Ungarn und Italien, auf welchen er in allen Zweigen der Industrie und Technologie sich gründliche Kenntnisse zu erwerben bestrebt war. So ausgerüstet kam er nach Wien zurück und glaubte Anspruch auf eine bis dahin noch nicht errichtete Professur der Technologie an der Universität machen zu dürfen. Dies glückte ihm zwar nicht, er erhielt jedoch die Erlaubniß (1781), außerordentliche Vorlesungen über Technologie halten zu dürfen, für welche er sich durch einen gedruckten Aufsatz: „Ueber die Einführung des Studiums der Technologie“, zu empfehlen versuchte. Obwol es mit seinen Vorlesungen nicht recht vorwärts ging, erwarb er sich doch bei der ökonomischen Gesellschaft in Wien den Preis durch eine Arbeit über die Kenntniß des Mergels, welche sehr gut aufgenommen wurde. Bald gab er auch seine „Bemerkungen auf der Reise durch Oesterreich“ in 2 Bänden (1781) heraus, in welchen er sich mit einer damals ungewöhnlichen Freimüthigkeit aussprach. Die Aeußerung, daß er auch eine Beschreibung des Stahlprocesses auf den fürstl. Schwarzenbergischen Werken in Steiermark liefern wollte, zog ihm aber viele Anfeindungen zu. Um ihnen zu entgehen, entschloß sich H. zu einer Reise nach den Salzwerken bei Krakau, kam von da erst nach Warschau und endlich nach St. Petersburg, wo er sogleich von der Akademie der Wissenschaften zum Correspondenten ernannt und zum Nachfolger des auf einer Reise in die Krim gestorbenen Mineralogen Mosijenkow bestimmt wurde. Inzwischen hatte er den dritten Band seiner Reisebemerkungen und die Beschreibung des Stahlschmelzprozesses („Beschreibung der Manipulation, vermittelst welcher der Brescianer Stahl verfertigt wird“, 1781) veröffentlicht und daraufhin schickte ihn (1783) die Kaiserin Katharina II. an den Ural, um daselbst ein Stahlwerk zu errichten. Inzwischen gelangte eine ganze Reihe seiner Schriften zur Publication: „Beschreibung des Silberschmelzprocesses zu Neusohl in Ungarn“, 1781; „Höfer’s Nachricht von dem in Toscana entdeckten natürlichen Sedativsalz“, 1782; „Abriß der physikalischen Beschaffenheit der österreichischen Staaten“, 1783; „Büffon’s Geist oder Kern seiner Naturgeschichte“, 1783. Am Ural hatte H. indessen seine Vorarbeiten für die Anlage eines Stahlwerkes gemacht und kehrte 1784 nach St. Petersburg zur Vorlage seines Projectes zurück. Nachdem dieses genehmigt, H. zum Hofrath und Director der zu Pyschminsk bei Katharinenburg zu errichtenden Stahlhütte ernannt war, widmete er sich 1785 mit aller Hingebung der ihm gestellten Aufgabe. Einen Ruf nach Oesterreich als Administrationsadjunct in Lemberg lehnte er ab. Aus der Zeit seines Aufenthalts in St. Petersburg stammen die Publicationen: „v. Horneck’s Bemerkungen über die österreichische Staatsökonomie“, 1784, und „Demeste’s Briefe über Chemie, Probirkunst, Krystallographie aus dem Franz.“, 1784. H. fand und benutzte die Gelegenheit, die sibirischen Bergwerke, besonders die Kolywanischen, zu bereisen und reiches Material für weitere schriftstellerische Thätigkeit zu sammeln. 1786–88 erschienen seine „Beiträge zur Physik, Mineralogie etc., besonders der russischen Länder“ in 3 Bänden, eine neue Bearbeitung seiner Preisschrift: „Wie sind die verschiedenen Arten von Mergel und Schlier zu erkennen?“ 1787; „Ueber die beste Methode, Eisen zu schmelzen und zu schmieden“ (russisch), 1787; „Versuch einer mineralogischen Beschreibung der uralischen Erzgebirge“, 2 Bde., 1789; „Statistische Schilderung von Rußland“, 1790. Intriguen, die [217] gegen ihn in St. Petersburg gespielt wurden, konnte H. 1789 bei seiner Anwesenheit daselbst leicht beseitigen, zog sich aber auf der Rückreise ein schweres Leiden zu, das ihn bestimmte, als 1792 die Stahlhütte zu Pyschminsk abbrannte, um seine Entlassung aus seinem Dienste zu bitten. Nach Petersburg 1796 zurückgekehrt, trat er als Academicus ordinarius und Professor der Mineralogie, wozu er schon seit 1790 ernannt worden war, ein, wurde 1798 wirkliches Mitglied des Reichsbergcollegiums, 1799 zugleich Inspector der kaiserl. Bergschule und Collegienrath. 1800 erhielt er den Auftrag der Untersuchung der Kanonengießerei im Olonetzischen; 1801 zum Staatsrathe befördert, wurde ihm der Titel eines Oberberghauptmannes vierter Classe verliehen und die Befehlshaberstelle der Katharinenburger Berghauptmannschaft übertragen, weshalb er Ende 1801 zum fünften Mal seine Reise nach Sibirien antrat, nach wenigen Jahren aber den Anstrengungen seiner vielen Reisen erlag. An seine früheren Publicationen reihen sich an: „Naturgeschichte des Kupfers“, 1789; „Nachricht von der Eisen- und Stahlmanipulation in Kärnten“ (Sch. der Berliner Ges. naturf. Freunde, 2. Bd.); „Ueber die Entstehung der Gebirge und ihre gegenwärtige Beschaffenheit“, 1797; „Mineralogische Reisen in Sibirien von 1783–91“, 3 Bde., 1798 bis 1801; „Abhandlung von den sibirischen Berg- und Hüttenwerken“, 3 Bde., 1797–1801. Dazu kommen zahlreiche kleinere Aufsätze in verschiedenen Fachschriften, u. a. in Pallas’ nordischen Reisen, Bd. III; in den physikalischen Arbeiten der naturf. Freunde in Wien, 2. Jahrg., 1788; in den Schriften der Berliner Ges. der naturf. Freunde, Bd. XI.; in Crell’s chem. Annalen seit 1789 u ff.; in Zimmermann’s geogr.-stat. Annalen, Bd. IX.; im bergmänn. Journal, 1791; in den Schriften der böhm. Societät d. W., 1799; in den Schriften der ökonom. Ges. in Petersburg, 1801, und hauptsächlich in den neuen Akten der kaiserl. Akademie der Wissensch. in St. Petersburg.
Herrmann: Benedict Franz Johann H., kaiserl. russischer Oberberghauptmann zu Katharinenburg in Sibirien, ein sehr gelehrter und tüchtiger Metallurg, geboren am 15. (14?) März 1755 zu Marienhof im Judenburger Kreise Steiermarks, † am 11. Januar 1815. H. genoß den ersten Unterricht in der Stadtschule zu Murnau, kam in die Klosterschule zu Friesach und wurde sodann zur Erlernung der Salzwerkskunde nach Aussee geschickt; später fand er in der