ADB:Herschel, Friedrich Wilhelm
Familie H. läßt sich bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts zurückführen, zu welcher Zeit drei Brüder H. in Mähren wohnten und wegen ihrer großen Anhänglichkeit an den Protestantismus vertrieben wurden. Einer der Brüder, Hans, wandte sich nach Sachsen, war Brauer in Pirna und hatte zwei Söhne, von welchen Abraham der Großvater unseres H. ist. Abraham war ein geschickter Gärtner in den kurfürstlichen Gärten in Dresden und hatte vier Kinder: Eusebius, der älteste, von dem wenig bekannt; Apollonia, die sich an einen Gutsbesitzer von Thümer verheirathete; Benjamin, der im 3. Lebensjahre starb, und Isaak, der, am 14. Jan. 1707 geb., im 11. Lebensjahre zur vaterlosen Waise wurde. Wegen seiner leidenschaftlichen Neigung zur Musik wurde dieser nicht Gärtner, wie seine Verwandten wünschten, sondern übte sich im Violinspiel, wurde Hautboist, ging im Alter von 21 Jahren nach Berlin, dann nach Potsdam, wo er unter dem Capellmeister Pabrich ein Jahr Musik studirte, wozu Mutter und Schwester ihm die Mittel gaben. Er kam 1731 im Juli nach Braunschweig und im August nach Hannover, wo er im Musikcorps des Garderegiments als Hautboist eine Anstellung erhielt. Dieser Isaak war der Vater unseres Astronomen Wilhelm H. und zeichnete sich nicht nur als hervorragender Künstler, sondern auch durch geistige und moralische Eigenschaften aus. Im August 1732 verheirathete er sich mit Anna Ilse Moritzen, welche ihm nach und nach zehn Kinder schenkte: sechs Knaben und vier Mädchen, wovon aber vier Kinder, zwei Knaben und zwei Mädchen, frühzeitig starben. Das Elternpaar konnte wegen seiner beschränkten Verhältnisse den sechs noch am Leben gebliebenen Kindern nur eine nothdürftige Erziehung geben. Die älteste Tochter Sophia Elisabeth, geb. 1733, kam früh vom Hause, verheirathete sich mit einem nur mittelmäßigen Musiker Griesbach, lebte viele Jahre in Coppenbrügge, wurde später Wittwe und starb am 20. März 1803. Der Sohn Heinrich Anton Jacob geb. am 20. Novbr. 1734, wurde auch Musiker und schon 1753 Organist in Hannover; später kam er in das Musikcorps des Garderegiments, dann musicirte [228] er mehrfach in England, besonders in Bath, componirte selbst Sonaten und lebte von 1759 an, wo er zum zweiten Male aus England zurückkehrte, als erster Violinspieler im königlichen Orchester ganz in Hannover. – Der nächste Sohn war unser Wilhelm, dann folgte Johann Alexander, geb. am 13. Novbr. 1745, der auch ein vorzüglicher Musiker wurde, ebenfalls längere Zeit im Garderegiment stand und später als hervorragender Musiker mehr in England als in Hannover lebte. In Bristol und Bath entzückte er lange Jahre hindurch alle Musikfreunde und Concertbesucher als erster Violoncellist. Er verheirathete sich in England 1782, verlor aber die Frau schon im Jan. 1788 durch den Tod. Er besaß außerdem eine große mechanische Geschicklichkeit und hat jahrelang seinem Bruder Wilhelm beim Schleifen und Poliren von Spiegeln geholfen; er genoß im Kreise seiner Freunde die herzlichste Zuneigung und Verehrung. Im Septbr. 1816 kehrte er nach Hannover zurück, wo er bis zu seinem Tode am 15. März 1821 durch die niemals versagende Großmuth seines älteren Bruders Wilhelm in bequemer Unabhängigkeit lebte. – Die nun folgende Tochter war Karoline Lucretia H. (s. d.). – Der jüngste Sohn Dietrich wurde geboren am 13. Septbr. 1755 und zeigte als fünfjähriger Knabe schon solches Talent, daß er in einem Concert auftreten konnte. Vom Vater, der ihn selbst unterrichtet hatte, wurde er auf dem Sterbebette am 22. Mai 1767 der besonderen Sorgfalt des ältesten Sohnes Jacob empfohlen. Schon den Sommer vor seiner Confirmation wurde er nach England geschickt um sich als Musiker auszubilden und sein Bruder Wilhelm verschaffte ihm eine Stelle. Er machte der Mutter und den Geschwistern aber manche Sorge, ging 1779 nach Hannover, später wieder nach England, hielt sich nochmals von 1808 bis 1812 dort auf, ohne viel Glück in seinen Unternehmungen zu haben und lebte schließlich wieder in Hannover, wo die Schwester Karoline ihn unterstützte. Er starb von vielen Gebrechen im Alter heimgesucht gegen Ende des Jahres 1827. – Wilhelm war Musiker geworden und trieb die Musik sehr ernsthaft, bildete sich aber auch in anderen Fächern, z. B. in der französischen Sprache, in Philosophie, besonders Metaphysik aus; an der Astronomie hatte er große Freude, von welcher Wissenschaft auch der Vater ein Bewunderer war. Im Jahre 1755 mußten Vater und Söhne als Musiker mit dem Regiment nach England, doch kehrte Wilhelm bald zurück, hielt sich dann wegen der Conscription verborgen, wurde wieder nach England geschickt, wo er als Musiker Beschäftigung fand, indem er Unterricht in der Musik gab, dabei anfangs manche Sorge hatte. Seine Lage wurde endlich dadurch verbessert, daß Lord Durham ihm die Stelle eines Instruktors bei dem Musikcorps eines englischen Regiments gab, welches an der schottischen Grenze in Garnison lag. Dann suchte er sich einige Zeit in Leeds als Musiklehrer durchzubringen und war im Jahre 1764 vom 2. April an einige Wochen zum Besuche der Seinigen in Hannover, gerade zu der Zeit, als seine Schwester Karoline confirmirt wurde. Nach der Rückkehr vertauschte er seine Stellung in Leeds bald mit der Organistenstelle in Halifax, welche er jedoch nur bis 1766 bekleidete, in welchem Jahre er Organist der Octogon-Kapelle in Bath wurde. Hier componirte er viel: Motetten, Gesänge, ja ganze Kirchenmusiken für Chor und Orchester; dabei gab er wöchentlich noch 35 bis 38 Privatstunden und hatte mehrere Damen hohen Ranges zu seinen Schülerinnen, so daß man kaum begreift, wie er dabei Zeit fand, sich noch anderweitig auszubilden, denn nachdem er Deutsch, Französisch und Englisch gut erlernt hatte, suchte er ohne Lehrer mit Hülfe von Wörterbuch und Grammatik sich auch noch mit der lateinischen und italienischen Sprache bekannt zu machen. Er studirte die Theorie der Musik, besonders Robert Smith’s Harmonics or the philosophy of musical sounds, kam dabei auf Mathematik und Physik, worin er sich vervollkommnete und beschäftigte sich [229] auch mit Astronomie, wobei das Werk von James Ferguson: Astronomy explained upon Sir Isaac Newton’s principles benutzt wurde. Die Frucht seiner musikalischen Studien war, daß er im Jahre 1780 mit Erfolg eine Preisaufgabe über die Schwingungstheorie der Saiten bearbeitete. Nachdem sich Mr. Linley, der Vater der berühmten Sängerin und späteren Mrs. Sheridan von der Direktion der öffentlichen Concerte zurückgezogen, hatte Wilhelm H. neben seinen Berufsgeschäften auch noch die Leitung dieser Concerte übernommen und während der Badesaison war er mit Arbeiten der aufreibendsten Art überhäuft. Während er Astronomie trieb, hatte er Gelegenheit, sich aus einem Laden ein 2½füßiges Gregorianisches Spiegelteleskop zu leihen und damit den Sternenhimmel zu betrachten. Sein sehnlichster Wunsch war, sich ein solches Instrument von 5 oder 6 Fuß Brennweite anzuschaffen; da jedoch die Anschaffungskosten für ihn zu bedeutend waren, kam er auf den glücklichen Gedanken, Selbststudien über Spiegelmasse, Schleifen und Poliren zu machen. Von einem in Bath wohnenden Quäker, der früher Versuche gemacht hatte, Spiegel zu poliren, kaufte er den ganzen Vorrath von Formen, Werkzeugen, Schleifsteinen, Polirzeug, sowie von unvollendeten Spiegeln, die aber alle sehr klein waren. Als zu Anfang Juni 1773 einige seiner Schüler Bath verließen, wurden verschiedene Zimmer in Werkstätten verwandelt, ein Kunsttischler stand in dem hübsch eingerichteten Empfangszimmer und fertigte das Rohr; der Bruder Alexander stellte eine große Drehbank in einem Schlafzimmer auf und Wilhelm hatte solchen Eifer, daß er jeden freien Augenblick zur Arbeit benutzte und das nicht nur am Tage, sondern auch oft, wenn er Abends spät aus dem Concert zurückkehrte, wobei er mehrmals nicht nur seine Kleidung, die er zu wechseln vergaß, arg beschädigte, sondern sich auch körperlich verletzte. Der Drang zur Herstellung eines Instruments war so groß, daß alle Widerwärtigkeiten wenig beachtet wurden, und nach vielfachen mißlungenen Versuchen war er endlich so glücklich, im Jahre 1774 mit einem eigenhändig angefertigten fünffüßigen Spiegelteleskope Saturn und seinen Ring zu sehen. Dieser schöne Erfolg veranlaßte ihn, ein größeres Instrument zu bauen und ein siebenfüßiges Teleskop war bald hergestellt, sowie ein 10-, 12- und ein 20füßiges in Arbeit genommen. Jeden heitern freien Abend beobachtete er und man sagt, daß er an schönen Abenden, wo er im Theater oder im Concert zu spielen hatte, selbst die Pausen benutzt habe, um nach dem Sternenhimmel zu sehen. Im Jahre 1780 hatte er seine ersten Beobachtungen über Mondberge und über den veränderlichen Stern Mira Ceti zu Papier gebracht und reichte sie in diesem Jahre der Royal Society ein, welche diese Abhandlung im 70. Bande ihrer Philosophical Transactions aufnahm. Er hatte den Plan gefaßt, den Himmel systematisch zu durchmustern und nach und nach alle Sterne mit seinen Instrumenten anzusehen. In Ausführung dieses Planes durchmusterte er mit einem 7füßigen Teleskop 1781 das Sternbild der Zwillinge und fand am 13. März einen Stern, der ihm wegen seines Durchmessers verdächtig vorkam und dessen Stellung zu benachbarten Sternen er sich notirte. Wie groß war sein Erstaunen, als er merkte, daß der gefundene Stern seinen Ort veränderte. Er hielt den gefundenen Wandelstern anfangs für einen Kometen, machte jedoch seine Entdeckung sofort bekannt und nachdem auch anderswo Beobachtungen angestellt waren, wiesen Lexell und Laplace nach, daß der neue Stern keine parabolische, sondern eine Kreisbahn von großem Durchmesser beschreibe, also kein Komet, sondern ein oberer Planet sei, für welchen H. selbst den Namen Georgium Sidus (Georgsstern) nach seinem königlichen Beschützer Georg III. von England, Bode in Berlin aber den Namen Uranus in Vorschlag brachte, welcher später auch allgemein angenommen ist. Die Entdeckung des Uranus machte großes Aufsehen und H. wurde durch dieselbe schnell berühmt als astronomischer [230] Entdecker, Schriftsteller, als Erfinder und Besitzer von Instrumenten von bis dahin ungekannter optischer Kraft. König Georg III., der selbst in Richmond eine Privatsternwarte besaß und sich ungemein für Herschel’s Entdeckungen interessirte, ließ sich den bis dahin unbekannten Mann im Mai 1782 vorstellen und fand solches Gefallen an ihm, daß er ihn zum königlichen Astronomen mit einem jährlichen Gehalt von 200 Pfund ernannte, damit er seine Stelle aufgeben und sich ausschließlich seinen optischen und astronomischen Arbeiten widmen könnte. H. hatte bereits im Novbr. 1781 von der Royal Astronomical Society in London für seine Entdeckung die goldene Medaille erhalten und wurde im December zum Mitgliede dieser Gesellschaft ernannt. Im Winter 1781–82 beschäftigte er sich infolge seiner Entdeckung mit der Herstellung größerer Teleskope; es wurde der Plan zu einem 30füßigen Teleskope entworfen, Wilhelm H. berechnete die Maaße und Form und das Gewicht der Spiegel, der Bruder Alexander und die Schwester Karoline waren thätig bei dem Schleifen des Spiegels. Unterdeß mußte diesen Winter H. noch für seine musikalischen Aufführungen thätig sein; er hatte sich verpflichtet mit Ronzini die Oratorien zu leiten und Concerte in Bath und Bristol zu dirigiren, und als bald nach Ostern 1782 die St. James-Kirche in Bath eine neue Orgel erhielt, war H. durch zwei Aufführungen des Messias noch sehr in Anspruch genommen. Am weißen Sonntage 1782 spielten und sangen er und seine Schwester bei einer Aufführung zum letzten Male; es begann eine freiere Zeit, welche er zur Herstellung von Instrumenten benutzen wollte. Am 8. Mai reiste er mit seinem Gönner Sir William Watson in die Nähe von London, wurde am 25. Mai dem König vorgestellt und bald nachher erfolgte die oben erwähnte Ernennung zum königlichen Astronomen. In der letzten Woche des Juli kam er nach Bath zurück und gab sofort seine sämmtlichen Stunden auf, um in die Nähe von Windsor überzusiedeln. In Datchet hatte er ein Haus mit Garten und einem anstoßenden Grasplatz gemiethet, der sich zum Beobachtungsplatz besonders eignete. Er fing an, Alles für sein Observatorium vorzubereiten, wobei ihm Bruder und Schwester treulich halfen. Der Bruder Alexander ging aber im Oktober wieder nach Bath und konnte später, da er sich ein Haus gegründet hatte, weniger bei ihm sein. Die Schwester Karoline dagegen, welche er 1772 aus Hannover geholt, stand nicht nur dem Hauswesen vor, sondern wurde auch bei allen Arbeiten, beim Spiegelschleifen, Beobachten u. s. w. seine treue Gehilfin. H. hatte aber Mühe, mit seiner Einnahme als königlicher Astronom auszukommen, denn wenn man auch den Ausspruch Sir William Watson’s: „Niemals hat ein König eine solche Ehre billiger gekauft“, nicht als Tadel betrachten darf, vielmehr die Generosität des Königs im höchsten Grade loben muß, so hatte doch H. durch die Reisen von Bath nach London, Greenwich, Windsor und zurück, durch den Transport seiner Teleskope, sowie durch den Wechsel seines Wohnorts viel Geldkosten gehabt. Er selbst war sehr bescheiden und sagte stets mit großer Befriedigung, daß der König für ihn gesorgt habe. Um daher den Aufwand für das ziemlich umfangreiche Grundstück zur Aufstellung und Benutzung seiner Instrumente, sowie für die größere Wohnung, in welcher er hin und wieder astronomische Freunde bei sich aufnahm, bestreiten zu können, ist es begreiflich, daß er noch Teleskope für den Verkauf anfertigte. Der König Georg bestellte ein 10füßiges bei ihm, mehrere 7füßige waren ebenfalls in Auftrag gegeben, welche, wie H. 1785 an Bode in Berlin schrieb, jedes für 100 Guineen geliefert wurden, für die Sternwarte in Göttingen wurde auf Bestellung des Königs ein 10füßiges Teleskop hergestellt, welches er im Juli 1786 selbst überbrachte; für Spanien baute er ein großes Teleskop, welches 3150 Pfund kostete; der Prinz von Canino zahlte 2310 Pfund für ein 10füßiges und ein 7füßiges Teleskop u. s. w. Dabei hatte [231] er aber den Wunsch, auch selbst größere Teleskope zu besitzen, denn er wollte auch im Beobachten und Entdecken die Astronomie bereichern und nicht seine ganze Zeit damit hinbringen, für Andere Teleskope anzufertigen. Sein Streben ging dahin, ein 40füßiges Teleskop zu besitzen, und durch seine Freunde, besonders durch Sir W. Watson und den Präsidenten der Astronomical Society Sir Joseph Banks wurde sein Wunsch erfüllt, denn durch königliche Freigebigkeit erhielt er zweimal eine Summe von 2000 Pfund zur Anfertigung eines 40füßigen Teleskops, das von 1785–89 gebaut wurde. Dasselbe war hauptsächlich bis 1799 im Gebrauch, nachher mußte es öfter aufpolirt werden und schließlich diente das große Rohr als einfaches Monument zur Bezeichnung der Stätte, wo er thätig gewesen, welches Monument von der Nachkommenschaft Herschel’s in der Neujahrsnacht 1839–40 mit einem Familienfeste eingeweiht wurde. Die königliche Munificenz bewilligte ihm 1786 für Unterhaltung und Bedienung des großen Teleskops jährlich noch 200 Pfund und für seine Schwester Karoline als Gehilfin jährlich 50 Pfund. Das erwähnte Riesenteleskop hatte einen Spiegel von nahe 5 englischen Fuß Durchmesser, welcher an dem einen Ende eines 40füßigen eisernen Rohres etwas schief zur Achse eingesetzt war. Am anderen Ende konnte man das Spiegelbild unmittelbar mit einer Lupe oder einem Ocular betrachten und der Spiegel besaß eine so hohe Politur und Reinheit, daß unter guten Luftverhältnissen eine 6000fache Vergrößerung angewendet werden konnte. Bei der Größe des Spiegels und des Rohres, das über 50 Centner wog, war das Instrument nur mittelst für die damalige Zeit großartiger Maschinerien beweglich, so daß H. es weniger verwandte, als die viel leichter zu handhabenden 20füßigen Instrumente, in welchen Vergrößerungen bequem bis zu 2000 zulässig waren und mit denen er seine meisten und bedeutendsten Entdeckungen gemacht hat. Er war unermüdlich als Astronom thätig; wenn er am Tage zehn bis vierzehn Stunden Spiegel polirte, verließ er die Werkstatt nicht einmal zum Essen, sondern ließ sich von seiner Schwester das Nöthige verabreichen, in der Nacht beobachtete er dann noch den Himmel oft bis zum Eintritt der Morgendämmerung, wobei ihm seine Schwester Karoline wieder assistirte und einmal soll er drei Tage und drei Nächte ununterbrochen fortgearbeitet, nachher aber 26 Stunden geschlafen haben. Am 3. April 1786 zog er mit allen Apparaten nach Slough in eine bessere bequemere Wohnung. Im Jahre 1788 wurde er mit der 1750 geborenen Mary Baldwin verwittwete Pitt bekannt, mit welcher er sich verheirathete und die ihm am 7. März 1792 einen Sohn John Frederik William schenkte, der sich ebenfalls der Astronomie widmete, in die Fußtapfen des Vaters trat und auch einer der bedeutendsten Astronomen aller Zeiten geworden ist. Die Veränderung, welche durch die Verheirathung in dem Leben Herschel’s vor sich ging, bestand hauptsächlich darin, daß in den häuslichen Angelegenheiten an Stelle der Schwester die Hausfrau trat und die Schwester, welche eine eigene Wohnung bezog, voll in die Funktionen einer Assistentin eintrat. Als solche kam sie täglich zum Observatorium, arbeitete an der Herstellung von Instrumenten, an Reduktionen, half mit bei den Beobachtungen, beobachtete selbst und entdeckte eine Anzahl von Kometen, Nebelflecken u. s. w. H. hatte nach der Verheirathung nicht mehr nöthig, durch den Verkauf von Spiegelteleskopen für den Unterhalt zu sorgen, er konnte vielmehr zur Erhaltung seiner Gesundheit Erholungsreisen nach Bath, Bristol u. s. w. machen, deren er in der That bedurfte, da durch die anstrengenden Arbeiten seine Gesundheit gelitten hatte. Aus dem Tagebuche und Briefwechsel der Schwester Karoline erfährt man, daß er gewöhnlich im Frühjahr von April bis Mai nach Bath oder nach Bristol, nach Yorkshire, auch auf den Landsitz seines Freundes Sir W. Watson nach Dowlitt ging. Mitte Juli bis Ende August 1802 reiste er [232] mit Frau, Sohn und einer Nichte, Miß Baldwin, nach Paris; im Juli 1810 besuchte er mit der Familie Schottland und kehrte erst im September zurück. Vielfach reiste er auch nach London, um dort den Sitzungen der königlichen Akademie beizuwohnen und seine Abhandlungen vorzutragen. Ungemein zahlreich waren die Besuche, welche er auf seinem Observatorium empfing und nicht nur der König selbst, sondern auch der königliche Astronom Maskelyne aus Greenwich und andere Astronomen Großbritanniens, eine große Anzahl englischer Lords, Herzöge und Prinzen, sowie zahlreiche Astronomen des Festlandes, Fürsten und Prinzen, so z. B. der Fürst Galizin, der Prinz von Oranien, die Herzöge Johann und Ludwig von Oesterreich, der Prinz und die Prinzessin von Schaumburg-Lippe, der Großfürst Michael von Rußland mit Gefolge, der Erzherzog Maximilian von Oesterreich und viele Andere werden genannt. H. hatte eine ungemein große Freude an den Fortschritten, welche sein Sohn machte, der 1800 im Mai in die Schule eines Dr. Gretton eintrat, seine Studien in Cambridge absolvirte, im Jahre 1813 einen Preis nach dem andern errang und auch verschiedene akademische Ehrenbezeugungen erhielt. Als königlicher Astronom wurde er vom Hofe geladen und wohnte verschiedenen Festlichkeiten der Königin in Frogmore bei. Auch anderweitig wurde er hoch geehrt, die ersten wissenschaftlichen Akademien Europa’s wählten ihn zu ihrem Mitgliede, 1796 wurde er Ehrendoktor in Oxford, er erhielt am 5. April 1816 das Ritterkreuz des hannöverschen Guelphenordens u. s. w. Das zunehmende Alter brachte es mit sich, daß er öfter kränkelte; nach dem Jahre 1800 verging fast kein Sommer, wo er nicht leidend war. Im Jahre 1807 litt er an nervösem Kopfschmerz, darauf folgte eine Erkältung; 1808 war er so krank, daß im März sogar sein Leben in Gefahr schwebte; im Winter 1814 auf 15 war er viel leidend, im Herbste 1815 konnte er nichts mit voller Kraft mehr ausführen, bei einer Festlichkeit in Frogmore war er so schwach, daß seine Schwester ihn nach Hause führen mußte. Im Sommer 1819 war er immer unwohl und hatte beständig Schwindel, so daß er auf der Reise nach Bath viermal übernachten mußte und am 1. Mai 1820 kränker zurückkehrte, als er hingegangen. Im Mai 1822 erkrankte er noch schwerer, aber er konnte sich doch noch im Hause bewegen; am 8. Juli war er wieder etwas wohler, aber Ende Juli stellte sich ein Gallenfieber ein. Am 8. August saß er noch in seinem Zimmer, aber die Schwäche nahm zu, vom 15. ab mußte er das Bett hüten und am 25. August 1822 gab er im 84sten Jahre seines Lebens den Geist auf. Seine irdische Hülle wurde am 9. Septbr. 1822 in der Kirche von Upton, wo Slough eingepfarrt ist, beigesetzt, wo sein Sohn ihm ein einfaches Denkmal hat setzen lassen, an welchem eine Marmortafel die vom Sohne verfaßte lateinische Grabschrift trägt, welche die Hauptepochen seines Lebens enthält.
Herschel: Friedrich Wilhelm H., geb. den 15. Novbr. 1738 zu Hannover, gestorben am 25. Aug. 1822 zu Slough bei Windsor. Der Stammbaum derUngemein groß ist die Zahl seiner Entdeckungen und wohl an keiner Stätte auf der Erde sind so viele Entdeckungen gelungen als in dem bescheidenen Herschel’schen Hause in Slough. Herschels wissenschaftliche Arbeiten erstrecken sich auf verschiedene Gebiete der Astronomie; ganz besonders verdankt ihm die Astronomie die Verbesserung und Herstellung größerer optischer astronomischer Instrumente, ferner astronomische Arbeiten, welche sich auf unser Sonnensystem und auf die Fixsterne beziehen. Daß er auf die Anfertigung von Spiegelteleskopen kam und nicht auf Herstellung von Fernröhren mit Linsen ist leicht zu erklären. Als 1608 das astronomische aus einer Linsencombination bestehende Fernrohr erfunden war, in welchem die Lichtstrahlen gebrochen werden, zeigten sich bei der Vergrößerung dieser Instrumente bald Fehler, welche von der Zerlegung des weißen Lichtes in seine farbigen Bestandtheile und von der sphärischen Form der Linsen herrührten. Die Zerlegung in farbiges Licht zeigte die Bilder der beobachteten [233] Objekte nicht farbenfrei und Untersuchungen, welche Newton über die Brechung und Zerstreuung des Lichts anstellte, führten ihn zu dem irrigen Schlusse, daß es nicht möglich sei, farbenfreie Linsen für Fernröhre herzustellen. Die sphärische Gestalt der lichtbrechenden Glaslinsen, in welche Gestalt man allein die Objektive schleifen konnte, brachte es mit sich, daß die Vereinigung der durch die Mitte und durch den Rand der Linse gehenden Strahlen in verschiedene Ebenen fiel. Obwohl nun im Laufe des 18. Jahrhunderts durch Euler, Klingenstierna u. A. Newton’s irrige Ansicht in Betreff der Farbenzerstreuung widerlegt war und der englische Optiker Dollond 1759 das erste farbenfreie lichtbrechende Fernrohr herstellte, hatten doch die lichtreflektirenden Teleskope, bei welchen die Strahlen von einem Hohlspiegel zurückgeworfen wurden und das im Brennpunkte entstehende farbenfreie Bild durch eine Lupe oder Ocular betrachtet wurde, in England weite Verbreitung gefunden, um so mehr, da Newton selbst ein erstes nach ihm benanntes Instrument hergestellt hatte und ein englischer Professor J. Gregory ein ähnliches Teleskop angegeben und englische Mechaniker und Optiker diese Art Instrumente hauptsächlich anfertigten. Als H. zu Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts sich mit Astronomie beschäftigte, waren die Dollond’schen achromatischen Fernröhre noch sehr selten und theuer und da er Gelegenheit hatte, durch ein Teleskop mit Spiegel zu sehen, ein ordentliches Teleskop anzuschaffen für ihn viel zu kostspielig war und er zufällig in Bath die Werkzeuge zum Schleifen und Materialien zu Spiegeln ankaufen konnte, kam er auf den Gedanken, selbst Spiegelteleskope anzufertigen. Wir wissen, wie es ihm gelang, nach und nach immer größere Instrumente herzustellen. Er hatte nicht nur durch die Erfahrung, sondern auch durch Rechnung die vortheilhaftesten Krümmungsradien für die Spiegel gefunden und wußte dieselben so genau und exact herzustellen, daß die übrig bleibenden Fehler auf ein Minimum herabgesetzt waren. Von der Güte der Spiegel zeugen die Vergrößerungen, welche er selbst bei kleineren Teleskopen anwenden konnte; denn im Jahre 1782 wandte er auf ein Spiegelteleskop von 7 Fuß Brennweite lineare Vergrößerungen von 1000, 1200, 2200, 2600, ja sogar von 6000 an, allerdings nur für Fixsterne, welche, indem sie Punkte bleiben, die starke Vergrößerung vertragen können, während die Planeten und der Mond dies sehr selten gestatten. Bei seinen großen Teleskopen, besonders bei dem 40füßigen, ließ er, um mehr Licht zu gewinnen, den kleinen Spiegel fort und betrachtete direct mit einem Ocular das vom großen Spiegel hergestellte Bild. Er selbst nennt das Instrument Front-view-Telescope, oder Teleskop mit Vornsicht. Die Idee dieser Construktion war aber nicht neu, denn der Franzose Jacob Lemaire hatte sie schon 1732 angegeben, aber nicht mit Vortheil ausgeführt. Das Teleskop von 40 Fuß Brennweite war das größte, was H. ausführen konnte; er beobachtete mit demselben verhältnißmäßig wenig, weil die Luft selten ruhig genug war, um die dazu gehörigen starken Vergrößerungen anwenden zu können und der Temperaturwechsel bei der großen Masse des Teleskopes selten rasch vor sich ging, denn jede Temperaturdifferenz verursacht unruhige Luft und schlechte Bilder. H. hatte gefunden, daß ein einfaches Ocular zum Beobachten besser sei als ein doppeltes und gab dem Concavocular, dessen sich Galilei bedient hatte, den Vorzug vor dem Convexocular wegen größerer Helligkeit und Deutlichkeit der Bilder, er konnte aber infolge dessen nur einen ganz kleinen Raum vom Himmel übersehen. Jetzt werden allgemein Doppeloculare vorgezogen. H. bediente sich auch schon der Glasspiegel – eine Art, die in neuerer Zeit, nachdem eine leichte Versilberung entdeckt, mit großem Vortheil verwerthet ist. Zur Prüfung seiner Teleskope diente ihm das Erkennen sehr nahe bei einander stehender Doppelsterne; er stellte sich ferner künstliche Prüfungsobjekte her und gab seine Teleskope erst dann ab, wenn die Prüfungen die Güte bestätigten. [234] Alle diese Arbeiten führten ihn zu verschiedenen optischen Untersuchungen; so schrieb er in Folge dessen 1799 eine „Abhandlung über die raumdurchdringende Kraft der Teleskope“ und entwickelte eine große Anzahl von Formeln und Rechnungen über die Lichtstärke optischer Instrumente. Auf optischem Gebiete entdeckte er die dunkele strahlende Wärme, welche sich dem Lichte beimischt, und als er das Sonnenspektrum mit dem Thermometer untersuchte, fand er, daß an der Seite des rothen Randes des Spectrums weit über die sichtbaren Strahlen hinaus die größte Wärme vorhanden ist. Dieser Thatsache hat sich seitdem eine große Zahl von Entdeckungen angeschlossen. Ueber die Leuchtkraft der prismatischen Strahlen fand er, daß die der rothen Strahlen nicht sehr beträchtlich, die der orangefarbigen schon größer ist, die der gelben noch größer und daß das Maximum der Helligkeit stattfindet an der Stelle zwischen dem hellsten Gelb und dem blassesten Grün, während die Helligkeit im Indigo und Violett äußerst gering ist. Seine Abhandlungen über die Newton’schen Farbenringe enthalten zahlreiche Versuche, die jedoch wenig zum Fortschritt der Theorie beigetragen haben.
Die astronomischen Entdeckungen Herschels sind sehr zahlreich und die des Uranus allein hätte ihm schon für ewige Zeiten eine glänzende Stelle in der Astronomie bewahrt. Aber von eben so großer Wichtigkeit sind die übrigen Entdeckungen in unserem Sonnensystem, die Doppelsternmessungen, die Beobachtungen der Nebelflecke und die Untersuchungen über Fixsterne. Als er sich bemühte, die Parallaxe von Fixsternen zu bestimmen, um daraus die Entfernungen berechnen zu können, entdeckte er die Eigenbewegung unseres Sonnensystems, welche er einer genauen Untersuchung unterwarf und aus nur sechs Sternen für den Ort, wohin sich unser Sonnensystem bewegt, einen Punkt im Sternbilde des Hercules in 245° 52’ gerader Aufsteigung und 49° 38’ nördlicher Abweichung fand. Diese Entdeckung zählt man mit Recht zu den schönsten, welche H. machte; und wenn er auch nicht der erste war, da Fontenelle, Bradley, Mayer, Lambert und P. Prevost sich auch mit solchen Arbeiten beschäftigten, kam doch die Thatsache erst durch H. zur Geltung. Von H. rührt über die Constitution der Sonne eine Hypothese her, welche bis vor kurzem als die vorzüglichste angesehen wurde. Obwol Wilson diese Hypothese schon früher aufgestellt hatte, trägt sie doch fast allein nur Herschels Namen und sie besteht darin, daß H. sich die Sonne als einen dunkeln festen Körper dachte, der an seiner Oberfläche nahe schwarz, dann umgeben von Luftschichten und zuletzt von einer Photosphäre umhüllt ist. Dadurch, daß er zwischen der Photosphäre und dem inneren Kern noch eine oder einige Luftschichten annahm, erhielt er für die Sonnenflecke und deren Umgebung (Penumbra) eine plausible Erklärung. Danach sind die Flecke sichtbare Theile des dunkeln Sonnenkörpers, die Penumbra dasselbe und zugleich das Sichtbarsein der Atmosphäre zwischen der Photosphäre und dem Sonnenkörper und die Fackeln denkt er sich als Anhäufungen der Photosphäre an einzelnen Stellen. Er erklärte auf diese Weise leicht und ungezwungen auch die Poren, welche sich bei starker Vergrößerung zeigen. Erst durch die Spectralanalyse ist diese Hypothese gefallen. Auch mit der physischen Beschaffenheit des Mondes hat sich H. beschäftigt. Messungen von Mondbergen sind aus dem Jahre 1780 vorhanden und er zog aus diesen Beobachtungen den Schluß, daß die Höhe der Mondberge mit wenigen Ausnahmen nicht über 24000 Fuß steige. Damit ist aber nur die Höhe über die nächste Umgebung gemeint, denn wie hoch diese wiederum über dem mittlern Niveau ist, können wir nicht bestimmen. Merkwürdig ist, daß H. vulkanische Ausbrüche auf dem Monde gesehen haben will, denn in einer Abhandlung vom Jahre 1787 theilt er mit, daß er am 19. April den Ausbruch dreier Vulkane beobachtet habe, wovon zwei dem Erlöschen nahe schienen, während der dritte in voller Thätigkeit sein sollte und er bemerkt noch [235] nach einer zweiten Beobachtung, daß ihm der Vulkan heftiger zu brennen scheine als in der vorigen Nacht; den wirklichen Durchmesser des vulkanischen Lichtes schätzte er auf 15 000 Fuß und an Lichtstärke scheine es den Kern des damals sichtbaren Kometen zu übertreffen. In der Umgebung des Kraters liegende Gegenstände wurden nach seiner Ansicht von dem schwach ausströmenden Lichte schwach erhellt und endlich fügt er noch hinzu, daß dieses Licht in hohem Grade demjenigen gliche, welches er am 4. Mai 1783 beobachtet habe. Die beträchtlichen Helligkeitsunterschiede, welche die verschiedenen Gegenden auf der Mondoberfläche haben, lassen einzelne Punkte derselben bisweilen heller erscheinen, und weil die Helligkeitsverhältnisse, zwischen den matt erleuchteten und den glänzenden Stellen stets dieselben bleiben, so müssen die einzelnen Punkte, deren Glanz gegen die Umgebung ein großer ist, in dem sogenannten aschfarbigen Lichte über die benachbarten Gegenden hervorstrahlen und auf diese Weise lassen sich die Wahrnehmungen Herschel’s auch ohne Annahme von Vulkanen erklären. Im Jahre 1797 kommt H. auf den Gegenstand zurück und erwähnt, daß er am 22. Octbr. 1790 im 20füßigen Teleskop mit 360maliger Vergrößerung auf der gesammten Oberfläche des total verfinsterten Mondes etwa 150 rothe hellleuchtende Punkte erkannt habe, doch fügt er hinzu, daß er sich über die Gleichartigkeit aller dieser Punkte, ihre Helligkeit und Farbe durchaus kein Urtheil erlauben wolle. Wir wissen jetzt, daß roth oder braun stets die Farbe des verfinsterten Mondes ist und daß dies die Folge einer Absorption der durch die dichteren Schichten der Erdatmosphäre durchgehenden gebrochenen Sonnenstrahlen, welche auf den Mond fallen, ist. Glücklicher als mit diesen Mondvulkanen war H. in seinen Bemerkungen über den Mangel einer Mondatmosphäre. Bei der Sonnenfinsterniß am 17. Septbr. 1793 beobachtete er das spitze Horn, welches durch den Durchschnitt der Ränder von Sonne und Mond gebildet wird und er fand keine Brechung des Sonnenlichtes in der Mondatmosphäre, weil eine Abweichung von einer Bogensecunde in der Lichtgrenze ihm nicht entgangen wäre und er schloß daraus, daß unser Satellit keine Atmosphäre habe.
Fast alle Planeten hat H. beobachtet. Die Scheibe des Merkur fand er bei dem Durchgange am 9. Novbr. 1802 vollständig kreisförmig. Die Rotationszeit der Venus suchte er schon im Jahre 1777 zu bestimmen; bei dem Mars will er im Jahre 1781 und 1784 eine Abplattung erkannt haben; bei den zuerst entdeckten kleinen Planeten versuchte er den scheinbaren Winkeldurchmesser zu bestimmen und fand denselben nur Bruchtheile von Sekunden, den wahren Durchmesser der Ceres 35, den der Pallas nur 27 Meilen, also ungemein klein, weshalb er für diese Gestirne den jetzt fast allgemein gebräuchlichen Namen Asteroiden vorschlug. Bei Jupiter hat er die Dauer der Rotation bestimmt und zahlreiche Beobachtungen über die Helligkeit und Größenverhältnisse der Jupitersmonde angestellt. Die Abplattung des Saturn, die Dauer der Umlaufszeit und die physische Beschaffenheit dieses Planeten kennen wir größtentheils durch H.; er entdeckte am 28. Aug. und am 17. Septbr. 1789 mit dem 40füßigen Teleskope noch zwei Trabanten, die näher bei Saturn waren, als die damals bekannten fünf Monde. Die Entdeckung des Uranus und seiner Monde (er hatte deren sechs gesehen, vier haben wir nur wiedergefunden) ist sein Werk. Ueber Kometen existiren mehrere Abhandlungen von ihm. Studien über die physische Beschaffenheit hat er angestellt bei dem hellen Kometen vom Jahre 1807 und durch Messungen am Tage stellte er fest, daß der wirkliche Durchmesser des Kometenkernes ein geringer und nur 6/10 vom Erddurchmesser war. Er erkannte bei dem Kometen keine Phasen, obwohl er nach der Theorie eine solche haben sollte und meint daher, daß die Kometen eignes Licht haben müßten; er sah kleine Sterne durch die Nebelhülle und den Schweif des Kometen, fand aber die Sternchen schwächer, was er als eine Folge des helleren Hintergrundes erklärte. Den schönen Kometen vom Jahre 1811 [236] machte er zum Gegenstande einer gewissenhaften Untersuchung. In dem dunstförmigen Kopfe des Gestirns erkannte er einen etwas röthlichen Körper von planetarischem Ansehen, der starke Vergrößerungen vertrug und keine Spur einer Phase zeigte, was bei der Kleinheit des Kernes von nur einer Bogensecunde Durchmesser nicht befremden darf. Um den Kopf herum sah er eine schmale hellglänzende Zone, die stark gelblich gefärbt war und aus den Endpunkten eines Halbkreises entwickelten sich nach der von der Sonne abgewandten Seite zwei lange leuchtende Säume, welche die Grenzlinien des Schweifes bildeten. Zwischen dem Halbkreise und dem Kopfe erschien der Stoff des Kometen dunkel, äußerst dünn und sehr durchsichtig. H. war der Ansicht, daß dieser Halbkreis nur eine Wirkung der Projektion war, wodurch sich auch die hellen Säume des Schweifes erklären lassen, wenn man nur den Schweif als hohl und von trichterförmiger Gestalt annimmt. Die Veränderungen in dem Kopfe des Kometen nahm er sehr bald wahr; mit zunehmender Entfernung des Kometen verschwand nach und nach der halbkreisförmige Saum und es blieb nur noch ein kugelförmiger Nebelfleck übrig. Die sorgfältige Vergleichung der Kometen von 1807 und 1811 zeigt, daß die Formänderung etwas Individuelles ist und in den einzelnen Kometen von den besonderen Zuständen der Nebelmaterie abhängt. Einige Ansichten über die Kometen, z. B. das Selbstleuchten, haben sich nicht bestätigt gefunden, die anderen Resultate Herschel’s sind noch jetzt die anerkannt besten. Ueber den veränderlichen Stern Mira Ceti hat H. zwei Abhandlungen geschrieben: die erste vom Jahre 1780 aus Bath datirt, die andere vom Jahre 1791, doch in beiden hat er hauptsächlich nur auf die Helligkeit geachtet. In den Jahren 1795 und 1796 entdeckte er, daß α Herculis zur Klasse der veränderlichen Sterne gehörte und bestimmte die Periode zu 60 Tagen. Man kannte damals nur sieben veränderliche Sterne entweder von sehr langer oder sehr kurzer Periode und bot dieser Stern ein Mittelglied dar. – Sein etwa 700 Doppelsterne umfassendes Verzeichniß enthält von den Sternen die Distanzen und Positionswinkel und 1803 kündigte er seine Wahrnehmungen über gegenseitige Veränderungen einiger Doppelsterne gegen einander an, er wies dadurch nach, daß es physische und nicht optische Doppelsterne waren. Von vielen gibt er auch die Farben, besonders die blaue und grüne Färbung an, hat aber nicht untersucht, ob diese Farben nur complementär oder wirklich reell vorhanden sind. H. war auch der erste, der die Helligkeit und Lichtmenge der Sterne von verschiedener Größe zu einander genauer bestimmte; sein Verfahren bestand darin, daß er mehrere Teleskope von verschiedener Oeffnung neben einander stellte und Blendungen anwandte, so daß die Eindrücke der Helligkeit der Sterne einander in den Teleskopen nahe gleich kamen. Es sind dies photometrische Messungen, die auf noch gegenwärtig brauchbarer Methode beruhen und seine Resultate, daß ein Stern 2. Größe nur ¼ des Lichts von einem Stern erster Größe, ein Stern 6. Größe nur den 144. Theil eines Sternes 1. Größe hat, sind nahe durch unsere gegenwärtigen Bestimmungen wieder gefunden. Bei den Fixsternen untersuchte er auch noch die scheinbaren Durchmesser und mit seinen vorzüglichen Teleskopen erkannte er, daß die Durchmesser so gering waren, daß die stärksten Vergrößerungen ihm noch keine scheinbaren Durchmesser zeigten. Er gab drei verschiedene Verzeichnisse von Nebelflecken in den Philosophical Transactions 1786, 1789 und 1802, welche nahe 2500 Objekte enthalten. In die erste Klasse rechnete er 288 glänzende Nebel, von welchen viele Messier schon mit einem kleinen Instrumente gesehen hatte; in die zweite Klasse 907 Nebel, welche schon schwach waren; in die dritte 978 ganz schwache Nebel; in die vierte 78 kreisförmige, überall beinahe gleich helle Nebel, welche er infolge dessen „planetarische“ nannte; in die fünfte 52 große Sternhaufen; in die sechste 42 sehr gedrängte und reiche Sternhaufen: in die siebente 67 dichte Sternhaufen; in die achte [237] Klasse 88 Sterngruppen, welche sehr zerstreut sind. Mit seinen raumdurchdringenden Instrumenten notirte er den Ort der Nebelflecken und gab von jedem eine kurze Beschreibung; die Reduktion der Positionen auf ein und dieselbe Epoche, sowie auf ein und dasselbe Aequinoctium hoffte er später ausführen zu können, jedoch kam er nicht dazu; seine Schwester Karoline führte diese Reduktionen aus, welche jedoch nicht gedruckt wurden und erst Auwers gab ein ordentliches Verzeichniß derselben 1862 heraus. Vor H. kannte man nur etwas über 100 Nebel, welche Messier und Lacaille u. A. in kleine Verzeichnisse gebracht hatten.
Ein weiteres großes Verdienst erwarb sich H. noch dadurch, daß er, um den Bau des Himmels zu ergründen, seine gewaltigen Teleskope auf verschiedene Stellen des Himmels richtete und die auf einem bestimmten Raum sichtbaren Sterne zu zählen begann. Diese Sternaichungen, wie die Methode genannt wurde, bilden die Grundlage zu derjenigen Hypothese, wie sie H. über Form und Gestalt der Sternenwelt aufstellte. Er findet, daß die Milchstraße ein großes Sternenheer ist, denn mit seinen lichtstarken Instrumenten löste er dieselbe in den meisten Theilen in Sterne auf. Von der Milchstraße sich entfernend fand er, daß nach den Polen derselben hin die Zahl der Sterne mehr und mehr abnimmt und unter einigen leicht zu begründenden Voraussetzungen kam er zu dem Schlusse, daß das Weltsystem eine Linsenform haben müsse, denn wenn man auf die hohe Kante dieser Linse sieht, müssen die Sterne sehr zahlreich hinter einander stehen, während, wenn man auf die breite Seite sieht, die Sterne mehr und mehr auseinander gehen. Er findet weiter, daß unsere Sonne nicht in der Mitte der Linse, sondern etwas außer der Mitte derselben steht; ja er ging sogar so weit, daß er einen Durchschnitt des Körpers darstellte, welcher durch die Sternbilder Adler, Wassermann, Südlicher Fisch, Eridanus, Einhorn, Wasserschlange, Löwe, Haupthaar der Berenice, Jagdhunde, Krone und Hercules geht. Die Gesammtzahl der im Fixsterncomplexe enthaltenen Sterne schätzte er auf 20 Millionen. Was die naturhistorische Analyse des Himmels anbetrifft, so stellt er an die Spitze die isolirten Sterne, dann folgen die Doppelsterne und die vielfachen Sterne, die Milchstraße ist als ein großes eigenthümliches Erzeugniß der Natur zu betrachten, dann kommen die Sternansammlungen als Vereine von mehr oder weniger gleichförmig zusammengedrängten Sternen, die Sternhaufen oder Sternschwärme sind die prachtvollsten Gegenstände am Himmel, die regelmäßigste und einfachste Bildung. Ueber die Gestalt der Nebelflecke sagt er, daß sie vielleicht Sternhaufen oder Sternansammlungen in sehr großer Form sind; von den sternigen Nebeln ist er zweifelhaft, ob sie reine Sternnatur oder Nebel in sich tragen; in gleicher Weise macht er sich Vorstellungen von den milchigen Nebelmassen der Nebelsterne und der planetarischen Nebel. Mannichfaltigkeit von Bildungen herrscht nach ihm im ganzen Weltenraum, Regelmäßigkeit ist nur ein Anhaltepunkt für die schaffende Kraft; innerhalb des Milchstraßensystems gewahren wir einen großen Reichthum und freie Vertheilung unabhängiger Bildungen, ebenso außerhalb und er erklärt dies dadurch, daß die bildenden Kräfte früher oder später ihre Wirkung geäußert haben. Den alten Gedanken von großen Centralkörpern und ungeheueren Klumpen, welche solche vereinigte Systeme regieren, verwirft er; auch den beschränkenden Gedanken, daß die einzelnen Glieder nur nach einer Urform gebildet sind, erkennt er nicht an. Er hält vielmehr die verschiedenen Nebelschichten für die noch unaufgeschlossenen Keime neuer Schöpfungen, die eine Mittelstufe zwischen dem Weltäther und den Sternen bilden.
So hat H. die Gebiete der beobachtenden Astronomie nach allen Seiten hin bereichert. Er betrachtete den Himmel von einem allgemeinen Standpunkte aus und zeigte, daß in den verschiedenartigsten Gebilden am Himmel die größte Mannichfaltigkeit vorhanden ist. Wie Copernicus, Kepler und Newton in der [238] Theorie des Weltsystems neue Epochen schufen, beginnt mit H. in der praktischen und beobachtenden Astronomie eine neue Epoche, an welche sich die großen Arbeiten des 19. Jahrhunderts anreihen. Er ist der größte Entdecker im 18. Jahrhundert und einer der größten aller Zeiten.
- Eine erschöpfende Biographie von H. existirt noch nicht. Kurze Notizen finden sich in Bode’s Astronomischem Jahrbuch 1825 und 1826, eine Lobrede in den Mémoires de l’Institut. Tome VI, 1823; eine kurze Biographie von Arago im Annuaire de Paris für 1842 und in dessen gesammelten Werken u. s. w. Herschel’s Abhandlungen sind besonders in den Philosophical Transactions abgedruckt und ein Auszug aus denselben findet sich in „W. Herschel’s Entdeckungen und die Fortschritte seiner Zeitgenossen in der Astronomie und den ihr verwandten Wissenschaften, dargestellt von Dr. J. W. Pfaff“, Stuttgart und Tübingen 1828, in 2. Auflage Leipzig 1850.