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ADB:Hirtzwig, Heinrich

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Artikel „Hirtzwig, Heinrich“ von Wilhelm Scherer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 482–483, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hirtzwig,_Heinrich&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 04:46 Uhr UTC)
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Hirtzwig: Heinrich H. (Hirtzwigius), lateinischer Dramatiker aus Hayna in Hessen, im J. 1613 als Rector in Speier, 1617 als Rector des Gymnasiums zu Frankfurt a. M. nachweisbar. Seine Tragödie „Balsasar“ wurde 1609 im Straßburger akademischen Theater aufgeführt; 1615 gab er sie mit ausführlichem Commentar heraus, indem er sich selbst wie einen alten Classiker behandelte und über die Reminiscenzen, die er verwerthete, genaue Rechenschaft ablegte. Seine Comödie „Jesulus“ (1613) behandelt die Geburt Christi. Sein Drama „Lutherus“ (1617) erschien zur Säcularfeier der Reformation. Im „Belsazar“ wie im „Jesulus“ nimmt die Schilderung von Zuständen und Charakteren den breitesten Raum ein. Dort treten, um die Sittenverderbniß in Babylon anschaulich zu machen, ein miles gloriosus, ein schmeichelnder Schmarotzer, ein durch böses Beispiel verirrter Jüngling und allerlei üble Gesellschaft auf; bekannte Themata der Satire werden angeschlagen, Hofleben, Saufgelage, Prügelei, Bauernbetrügereien und bäuerlicher Egoismus. Der Verachtung der Gelehrten soll entgegen gewirkt, die Wichtigkeit der Schule betont werden. Es fehlt nicht an Situationskomik. Aber der Bau des Ganzen ist völlig unsicher; König Belsazar, der im Mittelpunkte stehen sollte, kommt gar nicht heraus; das Stück lebt nur von seinen Vorbildern. – Die zweite Arbeit des Dichters entrollt ein Bild von dem Fremdenzufluß in Bethlehem; Sclaven und Wirthe, gute und böse, machen sich breit. Hübsch wird das innige, reine Verhältniß zwischen Maria und Joseph dargestellt. Und als die Hirten nach der Botschaft des Engels ihre Geschenke vorbereiten, da will ein kleiner Junge aus seiner Sparbüchse beisteuern, damit noch mehr Früchte gekauft werden können. So findet der Dichter auch sonst naive Züge. Sein „Luther“ ist leider am wenigsten gelungen, weil er das ganze Wirken seines Helden verfolgen und keine ihm wichtig scheinende Thatsache weglassen will. Doch verläßt ihn nirgends ein gewisser Sinn für das theatralisch Mögliche und Effectvolle. Das Treiben am Hofe Leos X. hätte er gewiß noch gerne näher geschildert; aber er versteht es auch [483] in der Kürze ganz gut, Haß gegen Luther’s Feinde zu erregen. Seine Sprache ist durchweg recht verkünstelt, mit Wortspielen voll gepfropft.