ADB:Hoffmann, Gottfried
[1] der Uebergangszeit vom 17. zum 18. Jahrhundert, geb. zu Plagwitz bei Löwenberg in Schlesien den 5. December 1658, † in Zittau den 1. October 1712. Die Bedrängnisse, welche die Protestanten Schlesiens nach dem westfälischen Friedensschlusse trafen, nöthigten mit vielen auch seine Eltern, in der Oberlausitz eine Zufluchtsstätte zu suchen. Dort war er nun, in äußerlich sehr gedrückten Verhältnissen, 10 Jahre lang (1671–81) Schüler des Lyceums in Lauban, wandte sich dann aber noch an das Gymnasium zu Zittau, welches damals der berühmte Christian Weise leitete. Er glich in dieser Zeit (nach dem Ausdrucke eines mit ihm wohlbekannten Mannes) „einem durstigen Acker, auf welchen ein gelinder Regen fällt, der tief eindringt und schöne Früchte in die Höhe treibt“. Als Amanuensis mit Weise in engste Verbindung getreten, arbeitete er mit ihm Tag und Nacht und lernte ihm dabei die Kunst des Lehrens und Dirigirens ab. Erst 1685 bezog er, schon ein gereifter Mann, die Universität Leipzig. Hier studirte er nun mit großem Fleiße Philosophie (nach Cartesius), Sprachen, Geschichte und Theologie, bewährte sich bald auch in Predigten und Disputationen, wie als Informator in vornehmen Familien; aber von den pietistischen Bewegungen, die in jenen Jahren die Universitäten so stark beschäftigten, hielt er sich fern, obwol der Exulantensohn eine tiefe und lebendige Frömmigkeit in sich entwickelte. Schon wollte er als akademischer Lehrer auftreten, als ihn Lauban, das damals durch den Rector Wende seine Schule umgestalten ließ, als Conrector an diese Anstalt rief. Er bewährte sich aber in dieser Stellung so, daß er 1695, nach Wende’s Abgange, dessen Amt erhielt. Was ihn besonders auszeichnete, das war sein Dringen auf praktische Behandlung des Unterrichts, wie auch seine in jenen Jahren erschienenen Schriften dies erkennen lassen: „Der gute Schulmann“ (1695), „Ausführlicher Bericht von der Methode bei den [592] Lectionibus im Laubanischen Lyceo“ (in demselben Jahre), „Einleitung in die lateinische Sprache“ (1696), „Guter Pädagogus“ (für den häuslichen Unterricht, in demselben Jahre), „Ordentlicher und gründlicher Weg zur Composition der lateinischen Sprache“ (1702), „Wohlmeinende Vorschläge, wie christliche Aeltern, die ihre Kinder in die Schule schicken, denen Praeceptoribus beistehen können“ (in demselben Jahre), „Laubanische Kirchen- und Schulgebete“ (1704), „Auserlesene Kernsprüche Heiliger Schrift“ (1705), „Aerarium biblicum oder tausend Bibelsprüche aufs kürzeste erklärt“ (1706). Es ist im Grunde doch schon eine freiere, aus den Fesseln der Pedanterie aufstrebende Pädagogik, welche in diesen Schriften sich ankündigt und eine immerhin beachtenswerthe Parallele zu dem pietistischen Unterrichtswesen jener Zeit darbietet. Bedeutsam war deshalb auch sein 1707 gemachter Vorschlag, in seinem Lyceum eine Classis selecta einzurichten, in welcher solche, die nicht studiren, sondern in das bürgerliche Leben übergehen sollten, zu unterrichten wären. Er gab in demselben Jahre auch die „Lebensgeschichte aller evangelischen Pastorum, die in Lauban gelehrt haben“, heraus. Aber gleich nachher (1708) wurde er Weise’s Nachfolger in Zittau. Durch ihn kam neues Leben auch in diese Schule. Seine 1709 erschienene Schrift: „Das Zittauische Dic cur hic et hoc age“ faßte die gewonnenen pädagogischen Grundsätze in wirksamster Weise zusammen und dürfte den besten pädagogischen Werken jener Zeit beizuzählen sein. Auch nahm die Frequenz des Gymnasiums wunderbar zu: aus den Lausitzen, aus Schlesien und Böhmen, aus den Marken und aus weiterer Entfernung strömten Schüler herbei, denen er vielfach väterliche Fürsorge widmete, wie er auch besonders im Interesse derselben die Aufstellung der Rathsbibliothek in neuen Räumen leitete und in die scenischen Darstellungen, die unter Weise so anhaltend betrieben worden waren, neues Leben brachte. Aber schon nach vier Jahren raffte den scheinbar kräftigen Mann der Tod dahin. Ein Kreis dankbarer Schüler stiftete ihm zu Ehren eine Gedächtnißfeier, die jährlich wiederkehren sollte. Hauptquelle Didascophilus (Christ. Altmann), Hoffmann’s Lebensbeschreibung (Budissin 1721, 8); vgl. H. Kämmel, Erinnerungen an Gottfried H. (Zittau 1860). Von seinen drei Söhnen haben zwei als gelehrte Juristen seinem Namen besonders Ehre gemacht: Christian Gottfried H., geb. 1692, † 1735 als Ordinarius der Juristenfacultät zu Frankfurt a/O. (s. o. S. 574) und Johann Wilhelm H., geb. im Todesjahre seines Vaters, † 1739 zu Wittenberg, ein besonders um das deutsche Staatsrecht hochverdienter Mann (s. u. S. 597). Auch über sie vgl. Otto, Lexikon der Oberlaus. Schriftsteller, II, wo über die litterarische Thätigkeit des Vaters specieller Bericht gegeben ist.
Hoffmann: Gottfried H., einer der gediegensten Schulmänner[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 591. Z. 27 v. o.: Ueber Gottfr. Hoffmann vgl. Ad. Gelbke im Zittauer Schulprogramm Nr. 473, Ostern 1881. [Bd. 13, S. 794]