Zum Inhalt springen

ADB:Hofstätter, Heinrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Hofstätter, Heinrich“ von Franz Heinrich Reusch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 648–650, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hofst%C3%A4tter,_Heinrich&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 23:40 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Hofmeister, Wilhelm
Band 12 (1880), S. 648–650 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Heinrich von Hofstätter in der Wikipedia
Heinrich von Hofstätter in Wikidata
GND-Nummer 11695292X
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|12|648|650|Hofstätter, Heinrich|Franz Heinrich Reusch|ADB:Hofstätter, Heinrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=11695292X}}    

Hofstätter: Heinrich H., Bischof von Passau, geb. den 16. Febr. 1805 zu Aindling in Oberbaiern, † den 12. Mai 1875 zu Passau. H. war der einzige Sohn wohlhabender Eltern. Der Vater war kurze Zeit Beamter, lebte dann als Rentner in München. Dort absolvirte H. das Gymnasium und studirte dann Jura. 1829 promovirte er, machte dann seine Praktikantenjahre durch und wurde zum Assessor ernannt. Da entschloß er sich, Priester zu werden. Nach Absolvirung der theologischen Studien wurde er am 5. August 1833 ordinirt. Nachdem er ein halbes Jahr in der Nähe von München Kaplan gewesen, wurde er im Februar 1834 zum Assessor am erzbischöflichen Ehegericht, 1836 zum Domcapitular in München ernannt. In den Jahren, die er dort als Priester verlebte, übte er einen bedeutenden Einfluß auf manche Theologie-Studirende aus, die zum Theil später zu höheren kirchlichen Stellungen gelangten, wie der Erzbischof Melchers[WS 1] von Köln. – Am 1. Juli 1839 ernannte der König Ludwig H. zum Bischof von Passau. Er nahm nur widerstrebend, namentlich auf das Zureden des päpstlichen Nuntius[WS 2], die Ernennung an. Am 25. Febr. 1840 wurde er in München consecrirt, am 17. März in Passau inthronisirt. [649] Im J. 1844 reiste er nach Rom und wurde vom Papste zum Thronassistenten ernannt. Im J. 1853 war er zum zweiten Male in Rom. – H. war in seinem bischöflichen Amte sehr thätig; namentlich predigte er sehr fleißig. (Vgl. Hist.-pol. Blätter, X. 745. Berliner Allg. Kirchen-Ztg., 1841, Nr. 84. Kath. Kirchen-Ztg. von Hoeninghaus, 1841, S. 758.) Wiederholt hielt er selbst für seine Geistlichen Exercitien. In Passau errichtete er mit königlicher Genehmigung ein Knabenseminar. Nach dem Wallfahrtsorte Alt-Oetting wurden 1841 auf sein Betreiben die Redemtoristen berufen; diese erhielten 1843 vom König Ludwig die Erlaubniß, Volksmissionen zu halten, und sie hielten solcher 1843–73 in der Diöcese Passau allein 264. In der Stadt Passau wurden unter H., zum Theil auf seine Kosten, mehrere Kirchen und Kapellen restaurirt. Im J. 1848 wollte man H. in Passau, wo er in einer Wahlversammlung eine mit Beifall aufgenommene Rede hielt, in das Frankfurter Parlament wählen; er lehnte aber ab. Später lehnte er auch die Ernennung zum baierischen Reichsrathe ab. Neujahr 1850 verlieh ihm König Max II. den Kronenorden und damit den persönlichen Adel. – H. nimmt unter den deutschen Bischöfen der letzten Jahrzehnte eine eigenthümliche Stellung ein. Er pflegte seine oft sonderthümlichen Ansichten offen und lebhaft zu vertreten und seinen Willen, soweit es irgend anging, energisch und rücksichtslos durchzuführen. Seiner Geistlichkeit und überhaupt seinen Diöcesanen gegenüber gerirte er sich als absoluter Selbstherrscher, mit den anderen Bischöfen war er vielfach nicht einverstanden, selbst der römischen Curie gegenüber behauptete er mitunter eine gewisse Unabhängigkeit. Schon bei den Berathungen der deutschen Bischöfe in Würzburg im October und November 1848 nahm er eine sehr selbständige Haltung an. Er sprach sich entschieden für die Abhaltung von Diöcesansynoden aus, und zwar „in einer neuen, zeitgemäßen Form“, – er dachte sie sich freilich nur als „Pastoralconferenzen in höherem Sinne“, – ferner für volle, unbedingte Religionsfreiheit, für eine maßvolle Haltung den Regierungen gegenüber, für Aufrechthaltung des baierischen Concordates und gegen „Hinauswerfung eines Fehdehandschuhs“ durch die Veröffentlichung der Beschlußnahmen der Versammlung in Form eines Manifestes (s. die Protocolle in Vering’s Archiv für Kirchenrecht, XXI. u. XXII. Bd., 1869, und im V. Bde. der Laacher Conciliensammlung, 1878; vgl. Deutscher Merkur, 1879, Nr. 17–21, 29). In einem Erlaß vom 10. Sept. 1869 warnte er seine Geistlichkeit vor Diöcesanversammlungen und vor der Theilnahme an einer damals projectirten Generalversammlung des baierischen Klerus in Betreff des Schulwesens und forderte sie auf, die Beschlüsse des Episcopats abzuwarten, und am 12. Oct. 1869 sprach er sich sehr scharf gegen das Gebahren und die „Anmaßungen“ der allgemeinen Katholikenversammlungen aus (Schultheß, Geschichtskalender, 1869, 206). Auch über die Weise, wie von Geistlichen und Laien in der Presse die katholischen Interessen vertreten würden, äußerte er sein Mißfallen, und im December 1869 predigte er im Passauer Dome direct gegen die Donauzeitung, die Artikel gegen ihn brachte (der Redacteur Bucher erhielt einen päpstlichen Orden). Auch in anderen ultramontanen Blättern wurde er angefeindet. Diese Zänkereien kamen anfangs 1870 auch in den Münchener Kammerverhandlungen zur Sprache (s. Allg. Ztg., 1870, Nr. 32. Rheinischer Merkur, 1870, Nr. 1). – An dem vaticanischen Concil nahm H., angeblich wegen Kränklichkeit, nicht theil. Er unterzeichnete auch nicht den ersten nach dem Concil im August 1870 veröffentlichten Hirtenbrief deutscher Bischöfe. In ultramontanen Blättern wurde damals angedeutet, er leide an Gehirnerweichung, später aber erklärt, diese Vermuthung werde „durch die Energie, mit der er gegen die Altkatholiken auftrete, widerlegt“ (Archiv für kath. Kirchenrecht, XXIV. Bd. S. CXXXVII; XXVI. Bd. [650] S. XXIX). Er soll über die vaticanischen Decrete unzufrieden gewesen sein, publicirte aber dieselben und unterzeichnete die späteren gemeinsamen Hirtenbriefe deutscher Bischöfe. Von den Kundgebungen zu Gunsten Döllinger’s von Seiten eines Theiles der Passauer Bevölkerung nahm er Anlaß zu leidenschaftlichen Predigten und Erklärungen und zu wunderlichen Demonstrationen (er nahm mit seinem Domcapitel an der Frohnleichnamsprocession nicht theil und ließ während derselben aus seinem Hause schwarze Fahnen aushängen, verbot am 23. Juni in den schärfsten Ausdrücken das Lesen der Passauer Zeitung etc.). Schließlich führte er dem Regierungspräsidenten gegenüber Scenen auf, welche doch die Vermuthung einer Geistesstörung nahe legen. (Vgl. Schultheß, Geschichtskalender, 1871, 165, 181, 195. Allg. Ztg., 1871, Nr. 257. Deutscher Merkur, 1871, Nr. 26, 38, 39.)

J. W. Hauptmann, Heinrich, Bischof von Passau, 1875. Die Biographie ist einseitig und unvollständig; namentlich sind die Punkte, für welche oben Schultheß und Zeitungsberichte citirt werden, mit Stillschweigen übergangen.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Paulus Melchers (1813–1895)
  2. Michele Viale-Prelà, 1838–1841 Internuntius, 1841–1845 Nuntius in München