Zum Inhalt springen

ADB:Huber, Johann Ludwig

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Huber, Johann Ludwig“ von Adolf Wohlwill in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 232–234, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Huber,_Johann_Ludwig&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 14:01 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Huber, Johann Jacob
Band 13 (1881), S. 232–234 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Ludwig Huber in der Wikipedia
Johann Ludwig Huber in Wikidata
GND-Nummer 117031356
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|13|232|234|Huber, Johann Ludwig|Adolf Wohlwill|ADB:Huber, Johann Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117031356}}    

Huber: Johann Ludwig H. wurde am 21. (nicht am 4.) März 1723 zu Großheppach in Württemberg geboren. Sein Vater, Pfarrer daselbst, führte ihn frühzeitig in die classischen Sprachen ein, machte ihn mit den Anfangsgründen der Wissenschaften bekannt und wußte zugleich den Sinn für Poesie in ihm zu wecken und zu läutern. Ursprünglich zur Theologie bestimmt, besuchte H. 3½ Jahre lang die niederen Seminare zu Denkendorf und Maulbronn, trat in das theologische Stift in Tübingen ein und erlangte die Magisterwürde. Einige Zeit darauf ging er zum Studium der Jurisprudenz über, während er seine Mußezeit der Beschäftigung mit den schönen Wissenschaften widmete und sich zugleich mit eigenen poetischen Versuchen befaßte. Nach Ablauf der akademischen Jahre und Erlangung des Licentiatengrades (1749) wurde er Advocat des Hofgerichts in Stuttgart. In dieser Eigenschaft vermochte er jedoch keine besonderen Erfolge zu erzielen, indeß seine im J. 1751 erschienenen Gedichte insofern Epoche machten, als sie zu den frühesten Erzeugnissen der damals neu erwachenden deutschen Litteratur im Schwabenlande gehörten. Zufolge der Verwendung seines Schwiegervaters, des Regierungsraths Weinmann, erlangte H. im J. 1751 den Eintritt in den Staatsdienst. Er verwaltete die Vogtei Nagold 1751–56, die Vogtei Lustnau, mit welcher die Pflege des Klosters Bebenhausen verbunden war, 1756–62 und erhielt alsdann die Oberamtei Tübingen mit dem Charakter eines Regierungsraths. In allen diesen Stellungen erwarb er sich durch seine gewissenhafte, unermüdliche und humane Wirksamkeit die Liebe [233] und Verehrung seiner Untergebenen. Auch den Befehlen seiner Vorgesetzten hatte er sich lange Zeit – mehr, als er selbst später es billigte – fügsam erwiesen, bis schließlich die finanziellen Forderungen Karl Eugens seinen entschiedenen Widerstand hervorriefen. Da der Herzog im J. 1763 weder von dem engeren Ausschusse, noch von dem allgemeinen Landtage die Bewilligung eines beträchtlich erhöhten Militärbeitrags hatte erlangen können, so versuchte er im Frühjahr 1764 das nach dem Entwurf des Hofraths Gegel ausgearbeitete Project einer Vermögenssteuer mit Umgehung der herkömmlichen Formen durchzusetzen. Die Oberamtleute erhielten die Weisung, die einzelnen Amtsversammlungen zur Annahme der Steuer zu bewegen, ohne daß die Magistrate, welche ihre Abgeordneten für diese Versammlungen zu bevollmächtigen hatten, vorher die geringste Mittheilung erhalten sollten. Zugleich erfolgte die Drohung, daß Beamte, welche die gewünschte Zustimmung nicht erwirkten, ihre Entlassung zu gewärtigen, widerstrebende Deputirte aber sich persönlich vor dem Herzog zu verantworten hätten. Wahrscheinlich würde dieses auf Ueberrumpelung und Einschüchterung berechnete Verfahren erfolgreich gewesen sein, wenn nicht H. entschlossen für die Erhaltung des überlieferten Rechts eingetreten wäre. Freimüthig sprach er Montmartin gegenüber seine Bedenken über das Gesetzwidrige des gestellten Ansinnens aus. Auch durch die Zorn- und Schmähworte des mächtigen Ministers nicht außer Fassung gebracht, betheuerte er nur, „seine Pflicht thun zu wollen als ein redlicher Beamter“. Demgemäß legte er der Amtsversammlung zu Tübingen den herzoglichen Antrag vor, verhehlte nicht, daß die Verweigerung ihm sein Amt kosten würde, bat indeß inständigst, auf sein Glück und Unglück nicht die geringste Rücksicht zu nehmen, sondern nur die Beobachtung der Pflicht im Auge zu haben. So kam es, daß die Vorlage mit Stimmenmehrheit verworfen ward. Die Wirkungen der charaktervollen Haltung Huber’s aber äußerten sich weit über die Grenzen des Tübinger Amtsbezirks hinaus. Dem gegebenen Beispiel folgten mehrere andere Aemter; und selbst da, wo man bereits zugestimmt hatte, wurde die Bewilligung wieder zurückgenommen. Das ganze Project, auf welches Karl Eugen und sein Minister so große Hoffnungen gebaut hatten, war gescheitert. Die Ungnade des Gebieters mußte demgemäß vorzugsweise auf H. fallen, während die Landschaft demselben Zeichen ihrer Anerkennung gab und die juristische Facultät ihn durch Verleihung eines Doctordiploms ehrte (am 27. Mai 1764). Nachdem H. ferner erklärt hatte, die Steuern für die Bedürfnisse des Militärs auch nach einem früheren Anschlag (die sog. Monatssteuern) von seinen bereits bis zur völligen Entkräftung ausgesogenen Untergebenen nicht beitreiben zu können: da verfügte der Herzog (im Juni 1764) die militärische Execution über Tübingen, sowie die Verhaftung des Oberamtmanns und dreier angesehener Bürger. H. wurde, ohne daß ein Verhör oder eine förmliche Verurtheilung stattgefunden hätte, nach dem Hohenasperg gebracht. Seine Gefangenschaft wurde durch Härten und Entbehrungen der verschiedensten Art verschärft. Dennoch ertrug er dieselbe 6 Monate lang mit Standhaftigkeit, getröstet durch das Bewußtsein, um des Landes willen zu dulden und zugleich durch die Befähigung, seinen frohen und schmerzlichen Gefühlen in der einsamen Festungshaft dichterischen Ausdruck zu geben. Um Weihnachten 1764 wurde ihm auf Verwendung des kaiserlichen Gesandten die Freiheit angekündigt. Seine Heimkehr gab zu mannichfachen Freudenbezeugungen Anlaß, an welchen sich die Stadt und das Amt, die Landschaft und die Universität betheiligten. – Da der Herzog inzwischen einen anderen Oberamtmann in Tübingen eingesetzt hatte, lebte H. fortan daselbst als Privatmann in anspruchsloser Zurückgezogenheit, seine Kenntnisse und Erfahrungen durch juristische Ausarbeitungen, Rathsertheilungen etc. verwerthend, zugleich noch stets der Poesie als seiner Lieblingsbeschäftigung [234] zugethan, ein Vorbild der talentvollen Jugend Württembergs, die in ihm gleichmäßig den uneigennützigen Patrioten, wie den Förderer der litterarischen Blüthe des Heimathlandes verehrte. – Einen besonderen Schmuck des Lebens bildeten für H. seine freundschaftlichen Beziehungen zu dem Regierungspräsidenten von Gemmingen (Bd. VIII S. 557), mit dem er seit der akademischen Jugendzeit innig vertraut und durch gleiche poetische Neigungen und politische Gesinnungen dauernd verbunden war. Ihm zu Liebe siedelte H. im J. 1788 nach Stuttgart über, nahm an seinen Geschäften ebenso wie an seinen Erholungen Antheil, um schließlich dem vor ihm Dahingeschiedenen ein litterarisches Denkmal voll Pietät und Verehrung zu widmen. – In seinen letzten Jahren beschäftigte sich H. mit der Ausarbeitung seiner Selbstbiographie. Es ergibt sich aus derselben, daß er im Ausgang des vorigen Jahrhunderts zu denjenigen gehörte, welche zwischen den begeisterten Anhängern der Revolution und ihren Widersachern eine Mittelstellung einnahmen, und daß er bereits im J. 1795 angesichts eines befürchteten französischen Angriffs die Lossagung Württembergs von der kaiserlichen Politik befürwortete. – Obwol H. gelegentlich seine hohe Bewunderung für Preußen und Friedrich den Großen ausgesprochen hat, so ging doch sein politischer Gesichtskreis nicht über das Interesse des württembergischen Landes hinaus. Sein Hauptverdienst bestand darin, daß er, ähnlich wie Joh. Jak. Moser, durch sein charaktervolles Verhalten während der heimischen Verfassungsconflicte zunächst innerhalb jener Grenzen, und dadurch mittelbar auch in weiteren Kreisen – den Sinn für Recht und Gesetz gekräftigt hat. Unter seinen Gedichten sind die auf dem Hohenasperg verfaßten, welche seine politische Gesinnungstreue und seine fromme Ergebung spiegeln, bei weitem die schwungvollsten und anziehendsten. Den meisten übrigen Erzeugnissen seiner Muse fehlte es an tieferem Gehalt und Originalität, und die moralische und politische Tendenz tritt in denselben allzu aufdringlich hervor; wie er denn „Gemeinnützlichkeit“ als den Endzweck aller seiner poetischen und unpoetischen Arbeiten betrachtete und bereits in seiner ersten Gedichtsammlung es als Aufgabe der Poesie bezeichnete, die nicht alle Laster treffende Justiz zu ergänzen und auch den Herrschern ihre Pflichten vorzuhalten. Immerhin sind diese nüchternen und unvollkommenen Versuche – ebenso wie die verwandten Bestrebungen des von H. angeregten jüngeren Dichters G. D. Hartmann (Bd. X S. 683) – als Vorläufer bekannter Tendenzen der Schiller’schen Poesie beachtenswerth. Die hauptsächlichen Publicationen Huber’s sind: „Oden, Lieder und Erzählungen“, 1751; „Versuche mit Gott zu reden“, 1775 (zweite vermehrte Auflage, 1787); „Tamira“ (ein Melodrama), 1791; „Denkmal des Herzogl. Wirtemb. Präsidenten der Regierung Eberhard von Gemmingen“, 1793; „Etwas von meinem Lebenslauf und etwas von meiner Muse auf der Vestung“, 1798. H. starb am 30. Septbr. 1800 in Stuttgart.