ADB:Jireček, Josef

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Jirecek, Josef“ von Berthold Bretholz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 666, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jire%C4%8Dek,_Josef&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 03:30 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Ihlee, Johann Jacob
Nächster>>>
Ildibad
Band 50 (1905), S. 666 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Josef Jireček in der Wikipedia
Josef Jireček in Wikidata
GND-Nummer 129847887
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|50|666|666|Jirecek, Josef|Berthold Bretholz|ADB:Jireček, Josef}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=129847887}}    

Jireček: Josef J., böhmischer Litterarhistoriker, wurde am 9. October 1825 in Hohenmaut geboren, studirte in den Jahren 1843–1849 zuerst Philosophie, dann die Rechte in Prag, war schon während seines Studiums litterarisch und publicistisch thätig und hatte vielfache Beziehungen zu den politischen und gelehrten Kreisen der Stadt. Er strebte zunächst eine Professur für Statistik an der Prager Universität an, wurde aber schon 1850 vom Grafen Leo Thun als Concipist im Ministerium für Cultus und Unterricht angestellt. Im selben Jahre erschien seine „Ethnographische Uebersicht des Königreichs Böhmen mit Karte“. Im Ministerium war er zufolge seiner reichen Kenntnisse der slawischen Sprachen eine überaus verwendbare Kraft, die sich insbesondere bei den Reformen des Unterrichtswesens und bei der Organisation des österreichischen Schulbücherverlags bewährte. Seine administrative Thätigkeit war begleitet von einer reichen litterarischen und publicistischen Arbeit. Nachdem er 1869 zum Ministerialrath aufgestiegen war, übernahm er 1871 im Ministerium Hohenwart die Leitung des Cultus und Unterrichtsministeriums, trat aber noch im selben Jahre mit dem Cabinettschef zurück. Im J. 1874 übersiedelte er dauernd nach Prag und wurde alsbald zum Präsidenten der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften gewählt, welche Ehrenstellung er bis an sein Lebensende beibehielt.

Fortan im öffentlichen Leben, in der Prager Gemeindevertretung, im Landtag und im Reichsrath (als Abgeordneter des Städtebezirkes Přibram) eifrig sich bethätigend, entwickelte er dabei eine außerordentlich fruchtbare Wirksamkeit auf dem Gebiete der böhmischen Litteratur und Geschichte. Er beschäftigte sich mit grammatischen und dialektologischen Studien, die er im J. 1863 mit einem Aufsatz über „Die Dialekte im östlichen Böhmen“ begonnen hatte und bis 1887 „Ueber Eigenthümlichkeiten der čechischen Sprache in alten mährischen Handschriften“ fortsetzte; er edirte zahlreiche litterarische, historische und rechtshistorische Denkmäler, u. a. „Die Denkwürdigkeiten des Grafen Wilhelm Slawata von 1608–1619“, dessen „Geschichte des Königreichs Ungarn von 1526–1546“, das „Rechtsbuch des Briccius und „Die Landesordnungen von Böhmen“ (letztere beiden gemeinsam mit seinem Bruder Hermenegild), „die Koldin’schen Stadtrechte“, die „Reimchronik Dalimils“ etc. Ueberaus zahlreich sind seine Aufsätze zur böhmischen Litteraturgeschichte, wie er denn auch den Plan hatte, eine umfassende Geschichte der böhmischen Litteratur zu verfassen. Eine überaus werthvolle Vorarbeit hiezu bildet sein 1875–76 erschienenes „Handbuch zur Geschichte der böhmischen Litteratur bis zum Ende des 18. Jahrhunderts“, wie die Mehrzahl seiner Veröffentlichungen in čechischer Sprache geschrieben. Lebhaft betheiligte sich J. an dem Kampf wegen der Königinhofer Handschrift, deren Echtheit er vertheidigte (zuerst 1858) und deren Text er auch in deutscher Uebersetzung herausgab (1879). – J., der mit einer Tochter P. J. Schafařik’s verheirathet war, starb nach längerer Krankheit am 25. November 1888 in Prag.