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ADB:Johann Philipp (Erzbischof und Kurfürst von Mainz)

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Artikel „Schönborn, Johann Philipp von“ von Karl Georg Bockenheimer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 274–276, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_Philipp_(Erzbischof_und_Kurf%C3%BCrst_von_Mainz)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 19:00 Uhr UTC)
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Schönborn: Johann Philipp v. S., Kurfürst von Mainz, Fürstbischof von Würzburg und Worms. Geboren zu Eschbach im Westerwald am 6. August 1605, ward S. frühzeitig dem geistlichen Stande bestimmt und noch während seiner Studienzeit (in Weilburg und Orleans) mit Pfründen in Würzburg (2. October 1621) und Mainz (1625) bedacht. Nachdem er, dieser Stellungen unerachtet, im Militärdienste gestanden und gegen die Türken gefochten hatte, kehrte er zur geistlichen Laufbahn zurück, in welcher er, bereits 1635 zum Propste in St. Burkard in Würzburg (15. November 1635) erwählt, demnächst als Nachfolger von Franz von Hatzfeld zum Bischofe von Würzburg (16. August 1642) emporstieg. Nach dem Tode des Erzbischofs Anselm Casimir von Mainz ward Johann Philipp, der bereits dem Domcapitel daselbst angehörte, auf den Stuhl des h. Bonifacius berufen (19. November 1647). Als Kurfürst von Mainz erachtete es S. als eine ihm besonders zukommende Aufgabe, die Beendigung der Friedensverhandlungen in Osnabrück und Münster zu beschleunigen. Hierin, wie in dem Bestreben, den Bestand der geistlichen Kurstaaten am Rheine zu erhalten, war sein Auftreten von Erfolg begleitet. Wie er aber hierbei, um zu seinem Ziele zu kommen, bald nach der einen Seite, nämlich nach Frankreich und Schweden, bald nach der anderen, nach Oesterreich und Spanien sich hinneigte, so verfolgte Johann Philipp bis zum Ende seiner Laufbahn in den großen politischen Angelegenheiten, in welche er sich unausgesetzt einmischte, eine Schaukelpolitik, die äußerlich schon dadurch zum Ausdrucke kam, daß er zu diplomatischen Sendungen bald den den Franzosen zugeneigten Kurmainzer Obermarschall Johann Christian von Boyneburg (s. A. D. B. III, 222 ff.), bald den kaiserlich gesinnten Würzburger Kanzler Sebastian Wilhelm Mehl verwendete. Den Spaniern vornehmlich abhold, trachtete S. darnach, dem Kaiser die Unterstützung der Ersteren unmöglich zu machen. Bereits 1650 auf dem Reichstage in Regensburg wollte Johann Philipp eine Einigung verschiedener Reichsstände herbeiführen, um die Spanier und Lothringer zur Räumung der von ihnen noch besetzten Plätze zu zwingen. Nicht im Geiste der kaiserlichen Politik war die Einigung der drei Kurfürsten von Mainz, Trier und Köln vom 21. März 1651, welcher das Bündniß der geistlichen Fürsten des westfälischen Kreises auf dem Fuße folgte. Handelte es sich hierbei, der Hauptsache nach, um Vereinigungen einzelner Kreise zum wechselseitigen Schutz der Gebiete der Vertragstheile, so hatten Letztere doch noch eine Reihe von nicht ausgesprochenen Plänen, die mehr oder weniger deutlich ausgesprochen wurden bei Gelegenheit der Verhandlungen in Köln über eine Allianz der bestehenden Verbände, der nach wesentlichen Umgestaltungen der Vertragsbestimmungen Kurmainz beitrat (1655). Innerhalb dieses Bundes vertrat Johann Philipp die Richtung, welche auf Heranziehung sowohl protestantischer Fürsten als auch Frankreichs abzielte. Mit dem französischen Gesandten Gravel, der im August 1656 in Frankfurt erschien, um Beschwerde zu führen gegen den Kaiser wegen Verletzung des Friedens von 1648, knüpften die Mitglieder der rheinischen Liga Verhandlungen an. Mit Besorgniß sah Kaiser Ferdinand III. auf die Thätigkeit Schönborn’s, den er vergeblich auf seine Seite [275] zu bringen suchte. Nach dem am 2. April 1657 erfolgten Tode des Kaisers regten sich Franzosen und Schweden, um den Sohn des Verstorbenen von der Nachfolge im Reiche auszuschließen. Gelang letzteres auch nicht, da weder der Pfalzgraf noch der Kurfürst von Baiern die von Frankreich angebotene Kaiserkrone annehmen wollten, so gelang es doch den Franzosen, dem zu Erwählenden die Hände zu binden, damit er ihnen nicht schaden könne. Dem am 18. Juli zum 1658 zum Kaiser erwählten, am 31. Juli darauf gekrönten Könige Leopold von Ungarn wurde eine Capitulation vorgelegt, deren Art. 13 und 14 dem Kaiser untersagten, an den in Italien und im burgundischen Kreise ausgebrochenen Kriegen sich zu betheiligen, noch auch den Gegnern Frankreichs in irgend einer Weise Hülfe zu leisten. Die Capitulation war hauptsächlich das Werk des von den Franzosen und Schweden gewonnenen S., der Triebfeder des Rheinischen Bundes (15. und 16. August 1658), der auf drei Jahre geschlossen, in den Jahren 1660 und 1663 nochmals auf je drei Jahre erneuert wurde. Von Oesterreich nicht unterstützt, mußte Spanien im Kriege mit Frankreich und England wegen der von Frankreich und England bedrohten spanischen Niederlande sich zum Pyrenäischen Frieden bequemen. Nachdem Frankreich auf diese Weise sich eines mächtigen Feindes entledigt hatte, konnte es mit mehr Nachdruck in dem zwischen Schweden und Polen ausgebrochenen Kriege zu Gunsten der Ersteren auftreten, wodurch es den auf Seite der Polen getretenen Kurfürsten von Brandenburg an der Verfolgung seiner Ziele hinderte und den Frieden von Oliva (3. Mai 1660), bezw. Kopenhagen herbeiführte. Als Johann Philipp die Beziehungen zu den dem Rheinbunde beigetretenen Franzosen ausnützend bei ersteren Hülfe suchte gegen die Bewohner von Erfurt, die ihm den Gehorsam verweigert hatten, erschien ein französisches Heer unter Führung des Generals Pradel, das in Verbindung mit deutschen Hülfstruppen am 6. September 1664 vor Erfurt rückte und die Uebergabe der Stadt (16. October 1664) erzwang. Dafür leistete Kurmainz wiederum gute Dienste, als Ludwig XIV., den Plan einer Universalmonarchie verfolgend, in Ausübung des sog. Devolutionsrechtes über die spanischen Niederlande und über Burgund herfiel, wobei S. insofern sich nützlich erwies, als er dem Durchzug eines österreichischen Hülfscorps durch sein Gebiet sich widersetzte und zur Herbeiführung des Aachener Friedens (2. Mai 1668) beitrug. Als nun aber Ludwig XIV. über Holland herfallen wollte, war Kurmainz nicht mehr auf Seiten Frankreichs; die von Frankreich drohende Gefahr versetzte den Kurfürsten in die größte Unruhe, wie er dies dem brandenburgischen Gesandten zu Würzburg bei einer Audienz vom 14. Februar 1672 eröffnete. Trotzdem war die Haltung von S. keineswegs für die zum Kampfe gegen die Franzosen verbündeten Mächte (Oesterreich und Brandenburg) von Vortheil, indem er den Uebergang der kurfürstlich brandenburgischen Truppen über den Main zu hindern wußte. S. wollte Zeit gewinnen, um einen Frieden mit Holland durch seine Vermittlung herbeizuführen. Bevor noch Brandenburg Holland aufgab und sich mit Frankreich verständigte, war der Kurfürst, den die Schmeichler unter den Zeitgenossen den „Salomo Germaniae“ nannten, aus dem Leben geschieden.

So verkehrt Johann Philipp’s Haltung in Sachen der deutschen Politik war, so klug war sein Wirken als Landesherr in Würzburg, Mainz und Worms (seit 1663). Er verständigte sich als Kurfürst von Mainz mit Hessen-Cassel wegen Rückgabe der Aemter und Ortschaften Amöneburg, Fritzlar, Neustadt und Naumburg (24. September 1648), löste die an Kurpfalz verpfändete Bergstraße wieder ein (1650) und verglich eine Reihe von Streitigkeiten mit benachbarten Ständen. Wie er sich der Hülfe der Franzosen bediente, um in den Besitz von Erfurt zu kommen, welche Stadt sich am 16. October 1664 übergab, ist bereits erwähnt worden. Ganz besonderes Verdienst erwarb er sich um Kurmainz durch [276] eine Neueinrichtung aller, namentlich der höheren Dienststellen, und durch Errichtung eines Oberrevisionsgerichtes, nachdem er am 30. April 1654 das privilegium de non appellando erlangt hatte. Zur Hebung der Rechtspflege ging er mit dem Gedanken um, die bürgerliche Gesetzgebung umzugestalten, zu welchem Behufe der Geheime Rath v. Lasser die einheimischen Rechte, Gewohnheiten und Rechtssprüche sammeln mußte. Auf letzteren Entschluß mag wohl die Schrift des durch Boyneburg’s Vermittlung nach Mainz berufenen jugendlichen Leibniz über die Methode, die Rechtsgelehrsamkeit zu lehren und zu erlernen entscheidend eingewirkt haben. Als vorsichtiger Landesherr ließ sich S. die bessere Befestigung von Mainz angelegen sein und nach Plänen des italienischen Ingenieurs Georg Joseph Spalla eine Reihe von Werken (1659–1670) ausführen. Als Erzbischof förderte er das Werk des Bartholomäus Holzhauser, des Begründers der Einrichtung der gemeinsam lebenden Priester, und durch Errichtung eines Priesterseminars in Mainz (1661). Der Stadt Mainz insbesondere kam zu statten die Errichtung der Schiffbrücke zwischen Mainz und Castel (1661) und die in Verbindung mit dem Domdecan Johann von Heppenheim bethätigte Gründung des Waisenhauses (28. April 1665). Zu ganz besonderem Verdienste ist ihm anzurechnen die auf Anregung von Friedrich Spee zurückzuführende Aufhebung der Hexenprocesse in seinen Landen. Nicht geringer ist das Verdienst Schönborn’s um die Hebung der deutschen Wissenschaft, die er dadurch förderte, daß er eine Reihe von ganz bedeutenden Männern aller Zweige der Wissenschaft an seinen Hof zog. Nach ähnlichen Grundsätzen hat S. in Würzburg die inneren Verhältnisse geleitet, in geistlichen wie in weltlichen Dingen. Für die Würzburger Universität hat er sich den Ruhm eines „Wiederherstellers“ verdient, da hier die Eingriffe des großen deutschen Krieges viele Schäden veranlaßt hatten. So gerne Johann Philipp in Würzburg residirte, im Großen und Ganzen mußte dieses Hochstift doch dem von Mainz her dictirten System dienen und sich anschließen. So war es thatsächlich auch am Ende nicht anders gemeint, wenn schon in der ersten Zeit eine sogen. Conföderation beider Stifte abgeschlossen wurde, die wenn es überhaupt möglich gewesen wäre, zu einer Realunion hätte führen müssen. Mitten in den Bemühungen um die Herbeiführung eines Congresses zur Schlichtung aller obschwebenden Streitigkeiten zwischen den europäischen Mächten ereilte der Tod den Kurfürsten am 12. Februar 1673 in Würzburg, woselbst er auch beigesetzt wurde.

Joannis Mog. Rerum Liber V (Tom. I p. 959–974). – Werner, Dom von Mainz III S. 1–60. – Vogt, Rheinische Geschichten und Sagen IV, S. 150–178. – Guhrauer, Kurmainz in der Epoche von 1672, 2 Theile. – Rheinischer Antiquarius, 3. Abth., II S. 157–190. – Joachim, Die Entwicklung des Rheinbundes von 1658. – Pribram, Beitrag zur Geschichte des Rheinbundes. Wien 1887. – Derselbe, Zur Wahl Leopold’s I. (1654 bis 1658). Wien 1888. – Ad. Köcher, Geschichte von Hannover und Braunschweig 1648–1714, 1. Thl. – Gropp, Coll. amplissima, II u. IV. – Peter, Der Krieg des Großen Kurfürsten gegen Frankreich 1672–1675. – Droysen, Geschichte der preuß. Politik, 3. Abth., II u. III. – Wegele, Geschichte der Universität Würzburg. – Ussermann, Episcopatus Wirceburg. – Heffner und Reuß, Neue Würzburger Chronik, II S. 91 ff.