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ADB:Johannes von Winterthur

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Artikel „Johannes von Winterthur“ von Georg von Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 483, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johannes_von_Winterthur&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 17:58 Uhr UTC)
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Johannes, zubenannt von Winterthur (Vitoduranus), Minorite und Verfasser einer Chronik seiner Zeit; † um 1348. – Geboren zu Winterthur ums Jahr 1300, 1309 Schulknabe und noch 1315 Schüler daselbst, trat später in den Orden der Minoriten, stand 1328 im Ordenskloster zu Basel, um 1336 zu Villingen, von wo aus er auch Schaffhausen besuchte, und lebte, wahrscheinlich von 1340, jedenfalls von 1343 an im Minoritenkloster zu Lindau am Bodensee. Nach Mitte 1348, aus welchem Zeitpunkt er noch ein Ereigniß erwähnt, verschwindet jede Spur von ihm. Bekannt ist sein Name und sind die vorerwähnten Züge seines Lebens nur aus dem von ihm hinterlassenen Geschichtswerke. In demselben beschrieb er die Zeitgeschichte von Kaiser Friedrich II. an bis auf das Jahr 1348. Er begann seine Arbeit um das Jahr 1340, führte sie damals bis auf dieses Jahr durch und setzte seine Aufzeichnungen sodann vorweg annalistisch fort, scheint aber schließlich das Ganze noch einmal überarbeitet zu haben und faßte auch den Vorsatz, dem Werke einen ersten weltgeschichtlichen Theil bis auf Kaiser Friedrich II. voranzusetzen. Jene Ueberarbeitung und ein unbedeutendes Bruchstück des beabsichtigten ersten Theiles in wenigen Zeilen liegen in einer Handschrift der Stadtbibliothek Zürich vor, die, nach Allem zu schließen, vom Verfasser selbst herrührt; überhaupt auch die einzige bekannte alten Ursprungs. Der Umstand, daß dieselbe, soweit ihre Schicksale sich rückwärts verfolgen lassen, zuerst in Bullinger’s Hand (Bd. III S. 513) auftaucht (Bullinger und Stumpf sind überhaupt die Ersten, die J. nennen), legt den Schluß nahe, daß die Handschrift aus dem im J. 1524 aufgehobenen Minoritenkloster in Zürich stamme und daß J. in diesem sein Leben beschloß, zumal die letzte Notiz in seiner Chronik auf einen der Reuß bei Mellingen näher liegenden Aufenthaltsort hindeutet, als Lindau war. Seinem Inhalte nach bildet das Werk von J. eine reichhaltige und anziehende Quelle zur Kenntniß der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Es schildert die Zeitereignisse und Zustände in den oberdeutschen, insbesondere den schwäbischen Landschaften und Städten, die Reichsgeschichte, den Kampf Kaiser Ludwigs mit dem Papstthume zu Avignon, die Haltung des Franziskanerordens in demselben, aber auch viele größere und kleine Vorgänge aller Art im übrigen Deutschland oder im Auslande. Aufmerksam und in geistlicher und weltlicher Litteratur wohlbelesen, unbefangen in Allem, was sich nicht auf seinen Orden bezieht, aber auch von naiver Leichtgläubigkeit gegenüber allem ihm Mitgetheilten, erzählt J., einläßlich und behaglich, vom Stande des unter und mit dem Volke lebenden Bettelmönches aus Alles was ihm zur Kenntniß kommt. Seine Aufzeichnungen sind daher insbesondere kulturgeschichtlich von großem Werthe.

Archiv f. Schweizergeschichte, Bd. XI, Zürich 1856. Die Chronik des J. v. W. (herausgegeben von dem Unterzeichneten); auch in besonderem Abdrucke. – Meyer von Knonau im Anzeiger f. schweiz. Geschichte 1872 und in der Histor. Zeitschrift von Sybel, Bd. XXIX, 1873. – Lorenz, O., Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, 2. Aufl. 1876, I. 57 u. ff., und die in diesen Schriften aufgeführte Litteratur.